Tallinn-Verschwörung
seine eigene Kleidung ab.
»Na, was sagst du zu meinem Großen?«, fragte er, während er ihr seinen grotesk blaurot angeschwollenen Penis so knapp vor das Gesicht hielt, dass sie hineinbeißen hätte können. Doch es blieb bei dem Versuch. Ihre Bewegungen waren so langsam, als mühe sie sich durch zähen Brei.
Gianni kroch ein Stück zurück, drückte ihre Beine auseinander und glitt dazwischen. »Weißt du, er ist auch so nicht gerade klein, aber ein paar von den Tabletten blasen ihn so richtig auf.«
Noch während er prahlte, stieß er sein Glied mit einem heftigen Ruck in sie hinein. Die nächsten Minuten erlebte Graziella in einem Zustand, der sich nicht beschreiben ließ. Ihr Verstand war klar, und ihre Gedanken tobten hilflos hinter ihrer Stirn, während ihr Körper ein Eigenleben entwickelte und sich den harten Stößen des Mannes entgegenwarf. Sie spürte einen Orgasmus nach dem anderen, ohne Freude daran zu finden, war aber nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Sie konnte nur weinen.
Die Tabletten schienen Giannis Potenz zu steigern, denn die Zeit verstrich, ohne dass er auch nur ein einziges Mal Pause machte. Er keuchte zuletzt wie nach einem Marathonlauf und verdrehte die Augen. Doch noch immer ruckte sein Becken in krampfartigen Bewegungen nach vorne.
»Gleich ist es so weit!«, stöhnte er noch, dann brach er besinnungslos über ihr zusammen. Sein Gewicht presste Graziella so gegen den Boden, dass sie jede Unebenheit durch die Matte spürte. Sie konnte sich nicht befreien, denn sie war noch immer wie gelähmt.
Allmählich ließ die Wirkung der Tablette nach, und nun vermochte sie langsam wieder Arme und Beine zu bewegen. Mühsam wuchtete sie den Bewusstlosen von sich, erhob sich auf die Knie und krümmte sich vor Übelkeit. In ihrem Kopf drehte sich alles, und als sie aufstehen wollte, schien ihr Innerstes zu explodieren und sie übergab sich auf Gianni. Ihr Mageninhalt, der aus Wasser und durchweichtem Brot bestand, war violett gefärbt.
»Was für ein Teufelszeug!«, krächzte sie, während sie sich mit Giannis Hemd säuberte und in ihre Klamotten schlüpfte. Diese bestanden immer noch aus den Jeans und dem olivfarbenen Unterhemd, welche sie in Renzos Lager erhalten hatte, aber sie wollte nicht nackt hier sitzen, wenn jemand kam, um nach Gianni zu schauen.
Bei dem Gedanken ruckte sie hoch. Hatte der Kerl nicht die Wachen weggeschickt, ohne dass diese vorher die Zellentür von außen zugeschlossen hatten? Zitternd zog sie an der Tür und stieß einen leisen Jubelruf aus, als diese sich öffnen ließ. Wie erwartet stand niemand davor.
Graziella warf einen letzten Blick auf Gianni, der sich trotz seiner Bewusstlosigkeit in Krämpfen wand, und dachte zufrieden, dass er die Wirkung seiner Dosis wohl unterschätzt hatte. Diese in Hinterhoflaboratorien gefertigten Pillen waren nun einmal nicht von einheitlicher Qualität.
Sie hasste den Mann für das, was eben geschehen war, dennoch war sie froh, dass seine Geilheit ihr die Chance zur Flucht bot. Zwar kannte sie die Gänge und Kavernen der Bergfestung nicht, doch als sie auf nackten Sohlen den Stollen entlangschlich, vertraute sie auf die Hilfe der Heiligen Jungfrau – und es war, als hätte die Madonna ihre Gebete endlich erhört. Da sie weiter vorne Stimmen vernahm, bog sie in einen röhrenähnlichen Gang ein, der schräg nach oben führte. Im Gegensatz zu anderen war er unbeleuchtet. Bald
sah sie schräg über sich einen schwachen Lichtschein, der von draußen zu kommen schien.
Zuletzt wurde der Stollen so steil und eng, dass Graziella auf allen vieren kriechen musste, und kurz darauf erreichte sie einen schmalen Spalt in der Felswand. Auf den ersten Blick wirkte er zu klein für sie. Aber da ihr alles besser erschien, als in den Händen der Faschisten zu bleiben, zwängte sie sich durch den Spalt und gab auch nicht auf, als sie sich die Haut an mehreren Stellen aufschürfte und die Verletzungen wie Feuer brannten.
Endlich hatte sie den Ausgang der Höhle erreicht, und die Heilige Jungfrau stand ihr noch ein weiteres Mal bei, denn hier gab es keinen Wachposten, und auch auf ihrem weiteren Weg war die Aufmerksamkeit von Ghiodolfios Leuten auf die Grenze zum Kosovo gerichtet. Dort mühte sich eben ein Bundeswehrfahrzeug durch ein ausgetrocknetes Bachbett, und der Anblick war für die Freischärler allemal interessanter als der einer den zerklüfteten Abhang hinabkletternden Frau.
EINUNDZWANZIG
A ls der Aufschlag kam, wusste Torsten sofort,
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