Tallinn-Verschwörung
letzte Wort noch nicht ausgesprochen, da zeigte einer seiner Leute nach hinten.
»Sehen Sie, Herr Major!«
Mazzetti drehte sich um und sah einen ganzen Trupp der eigenen Leute im Laufschritt herankommen. Der Feldwebel, der sie anführte, blieb vor ihm stehen und salutierte hastig.
»Dringende Meldung vom General. Die Frau, die Gianni gebracht hat, ist entkommen. Sie muss unbedingt eingefangen werden, sonst kann sie dem Feind wichtige Informationen liefern.«
»War sie barfuß?« Mazzetti blickte noch einmal auf den toten deutschen Soldaten, dem die Schuhe ausgezogen worden waren, und zählte eins und eins zusammen. Wie es aussah, hatte doch keiner dieser Kerle überlebt. Der Mann hier
war von der Entflohenen aus dem Wrack geholt und ausgeplündert worden. Diese Schlussfolgerung enthob ihn jedoch nicht seiner Befürchtungen. Hastig wandte er sich an den Feldwebel.
»Seht zu, dass das Weibsstück gefunden wird, bevor die Deutschen sie erwischen. Wenn die von unserer Festung erfahren, werden sie Flugzeuge schicken und uns bombardieren. «
»Wir kriegen sie, Herr Major!« Der Feldwebel machte seinem Trupp ein Zeichen. Ein Mann, der einen Hund an der Leine führte, kam heran und ließ das Tier die Spur aufnehmen. Der Hund lief auch sofort in eine Richtung los, die von der Festung fortführte.
Mazzetti überlegte, ob er nicht besser selbst die Verfolgergruppe anführen sollte, musterte dann aber das zerstörte Geländefahrzeug und sagte sich, dass es jetzt noch wichtiger war, die Spuren des Überfalls an dieser Stelle zu beseitigen.
DREI
G ianni war erst nach einer Spritze des Festungsarztes aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht und litt noch immer unter den Folgen der Überdosierung. Obwohl er kaum einen geraden Gedanken zusammenbrachte, begriff er, dass er einen kapitalen Bock geschossen hatte. Ghiodolfio stand mit einer Pistole in der Hand vor ihm und schien willens zu sein, ihn niederzuschießen.
Der General bezähmte jedoch seine erste Wut und wandte sich an seinen Adjutanten. »Holen Sie Don Pietro, Lodovico und die beiden Deutschen!«
Dieser schlug die Haken zusammen und verließ den Raum.
Der General bedrohte Gianni weiterhin mit der Pistole. Zwar hatte er immer noch gute Lust, ihn auf der Stelle zu erschießen, doch er wollte ein Exempel statuieren. Gianni war eine Schande für die Bewegung.
Ghiodolfio wartete, bis sein Adjutant mit den angeforderten Männern zurückkehrte, setzte sich dann an seinen Schreibtisch und setzte eine strenge, kühle Miene auf.
»Dieser Mann dort ist schuld, dass die Gefangene entkommen konnte. Dadurch hat er unseren Stützpunkt in Gefahr gebracht. Wenn die Frau nicht wieder eingefangen werden kann, müssen wir Camp A aufgeben.«
»Hirnloser Narr!«, zischte Lodovico seinen Kumpan an.
Gianni wand sich wie ein Wurm. »Ich wollte doch nicht, dass sie entkommt! Die Pille …«
Der General schnitt ihm das Wort ab. »Damit sind wir beim zweiten Anklagepunkt! Es wurde oft genug bekanntgegeben, dass es in unseren Einheiten strengstens verboten ist, irgendwelche Drogen zu sich zu nehmen. Dieser Mann hier hat vorsätzlich dagegen verstoßen. Für vorsätzliche Befehlsverweigerung gibt es nur eine Strafe: den Tod!«
»Nein! Das könnt ihr doch nicht machen!« Gianni starrte Ghiodolfio entsetzt an und wandte sich dann an Don Pietro. »Das dürfen Sie nicht zulassen, Hochwürden!«
»Als Militärgeistlicher ist Don Pietro genauso den Kriegsartikeln unterworfen wie wir alle«, erklärte der General schneidend.
Der Priester verzog das Gesicht, denn auch für ihn war die Pseudoarmee des selbsternannten Generals nur Mittel zum Zweck. Aber er sagte kein Wort zu Giannis Gunsten. In seinen Augen war es besser, diesen Narren zu opfern, als seinetwegen mit Ghiodolfio zu streiten. Eines aber begriff er mit aller Deutlichkeit: So leicht, wie Kardinal Winter und Don Batista es sich gedacht hatten, würde es nicht sein, die Kontrolle
über die Faschisten zu behalten. Darüber würde er mit seinen eigentlichen Vorgesetzten dringend sprechen müssen. Jetzt aber galt es erst einmal, diese Situation mit Anstand hinter sich zu bringen.
»Ich werde dem armen Sünder die Beichte abnehmen und ihn auf den Weg ins Himmelreich vorbereiten«, erklärte er salbungsvoll.
Der General nickte. »Tun Sie das, Hochwürden!«
Gianni heulte auf. »Nein! Ich will nicht sterben! Ihr habt kein Recht, mich zu töten! Das wird Don Batista nicht zulassen. Ich bin sein bester Mann!«
Doch niemand beachtete sein
Weitere Kostenlose Bücher