Tallinn-Verschwörung
können hier doch sehr viel tun, Feiling! Schreiben Sie Aufrufe
an Ihre deutschen Gesinnungsfreunde und sorgen Sie dafür, dass diese hirnlosen Schlägerbanden sich endlich Ihrem Kommando unterstellen. In ihrem jetzigen Zustand sind diese Gruppen für unsere gemeinsame Sache vollkommen nutzlos! Was Hauptmann Hoikens angeht, so steht dieser als Offizier der Europäischen Befreiungsarmee jetzt unter meinem Kommando. Mit unseren militärischen Planungen haben Sie allerdings nicht das Geringste zu tun!«
Sich das von einem Italiener anhören zu müssen, tat weh, doch selbst Feiling konnte nicht umhin, den Faschisten Italiens einen Organisationsgrad zuzubilligen, von dem er und seine Leute nur träumen konnten.
VIER
A ls Torsten den Hund bellen hörte, wusste er, dass sie es nicht schaffen würden. Selbst wenn er das Tier erschoss, waren die Verfolger schon zu nahe, um ihm und Graziella noch eine Chance zu lassen. Dennoch schwankte er, ob er kämpfen oder sich ergeben sollte. Ein Blick auf die junge Frau, die sich panikerfüllt in eine Mulde im Fels presste, gab den Ausschlag. Er durfte nicht ihr Leben riskieren, nur um den Helden zu spielen.
Mit einer müden Bewegung sah er sie an. »Wie es aussieht, ist unser Weg erst einmal zu Ende.«
»Erschießen Sie die Kerle! Ich will mich nicht noch einmal benutzen lassen wie ein Stück Vieh!«
Graziella wusste selbst, dass Torsten nicht in der Lage war, sämtliche Verfolger auszuschalten. Dafür waren es einfach zu viele. Einige überholten sie gerade und zwangen sie mit Warnschüssen, in Deckung zu bleiben. Um aus dieser Situation
herauszukommen, hätte Torsten schon eine andere Waffe benötigt als die Pistole, die er jetzt in der Hand hielt.
Für einen Augenblick bedauerte Graziella, dass sie nicht eines der Sturmgewehre mitgenommen hatte, die aus dem zerstörten Fahrzeug herausgeschleudert worden waren. Dabei wusste sie nur zu gut, dass ihre Kräfte gerade ausgereicht hatten, den Verletzten von dort wegzuschaffen.
»Wäre ich zur Märtyrerin geboren, würde ich sagen, erschießen Sie mich, damit ich den Kerlen nicht in die Hände falle.« Graziella schlug beide Hände vors Gesicht und begann zu weinen. Sie hatte nur noch Angst.
Im Vollbesitz seiner Kräfte hätte Torsten doch noch versucht, den Verfolgern ein Schnippchen zu schlagen. Doch mit einer heftigen Gehirnerschütterung, Prellungen am ganzen Körper und wahrscheinlich auch einigen gebrochenen Rippen sah er sich nicht in der Lage, Rambo zu spielen. Er wartete, bis die Verfolger sie umzingelt hatten, und überlegte dann, was er als weiße Fahne schwenken konnte. Weder sein noch Graziellas Unterhemd eigneten sich dazu, denn sie waren in einem grünoliven Farbton gehalten. In einem Anfall von Galgenhumor fragte er sich, ob diese Farbwahl Absicht war, damit die Soldaten nicht auf den Gedanken kamen, sich zu ergeben. Dann wartete er nur noch auf das, was kommen würde.
FÜNF
D er italienische Feldwebel beobachtete mit seinem Feldstecher die Stelle, an der sich die Flüchtigen versteckt hielten. Wider Erwarten war die Frau nicht allein. Einer der deutschen Soldaten war bei ihr. Das verkomplizierte die Sache, denn Graziella Monteleone hätten sie einfach stellen
und einfangen können. Der Soldat hingegen war bewaffnet und konnte schießen. Andererseits schien er verletzt zu sein und war vielleicht froh, wenn er versorgt wurde.
Der Feldwebel hätte die Entscheidung, wie er weiter vorgehen sollte, liebend gerne Mazzetti überlassen, wusste aber, dass er nicht die Zeit hatte, nachzufragen. Funksprüche verboten sich wegen der Abhörgefahr, und bis ein Melder zurückkam, dauerte es einfach zu lange. Jeden Augenblick konnte eine deutsche Patrouille auftauchen. Die brauchten zwar einen UNO-Beschluss, um in dieser Gegend auch nur scheißen zu dürfen, aber dennoch bestand die Gefahr, dass sie seine Leute für albanische Freischärler hielten und drauflosballerten.
»Parelli, rück vor und frag die beiden, ob sie sich ergeben wollen!« Der Feldwebel hatte seinen Entschluss gefasst. Wenn der Deutsche Schwierigkeiten machen wollte, würde er den Feuerbefehl geben, auch wenn das Knattern der Salven bis ins deutsche Camp zu hören sein würde. Sie mussten sich anschließend nur schnell genug zurückziehen, dann stießen die deutschen Patrouillen ins Leere.
Nicht zuletzt aus diesem Grund ging Parelli ihm ein wenig zu zögerlich auf das Versteck zu. Der Mann blieb, so gut es ging, in Deckung, setzte sich zuletzt hinter einen
Weitere Kostenlose Bücher