Tallinn-Verschwörung
Regierungschefs sind schon dort. Heute Abend soll Ecconi mit seinen Lumpenhunden ankommen, und morgen früh als Letzter der französische Präsident Sarkozy. Wir sollten morgen Nacht zuschlagen.«
»Wir müssen auf Ghiodolfios Befehl warten«, gab Renzo zur Antwort.
»Und was ist, wenn der zu spät kommt?«
Tino ist so unruhig wie ein junges Rennpferd vor dem ersten Start, dachte der Oberst. Ihm selbst ging es jedoch nicht viel besser. Diese Tat würde seinen Namen und die seiner Männer mit goldenen Lettern in das Buch der faschistischen Helden eintragen.
»Wir warten auf Ghiodolfios Befehl!« Renzo wusste, dass er keine Wahl hatte. Erst wenn die Agenten, die der General in Tallinn eingeschmuggelt hatte, grünes Licht gaben, konnten sie sicher sein, den größten Teil der versammelten Politiker in ihre Hand zu bekommen. Er ging in Gedanken noch einmal den letzten Teil des Plans im Kopf durch. Sie würden mit ihren Booten einen knappen Kilometer östlich des Fährhafens anlanden, die Strandpromenade und die Pirita tee überqueren und Schloss Kadriorg besetzen. Falls die leichten Waffen nicht ausreichten, würden sie sich den Weg mit ihren Milan-Raketen bahnen.
Eins beunruhigte Renzo jedoch. Der Gewährsmann des Generals in Tallinn war ausgerechnet der Neidhammel Mazzetti, mit dem er schon wiederholt aneinandergeraten war. Was war, wenn dieser ihm den Triumph nicht gönnte und die Nachricht zurückhielt? Nach einem kurzen Moment weiteren Nachsinnens schüttelte Renzo den Kopf. Mazzetti konnte es sich nicht erlauben, den General zu enttäuschen, denn dadurch würde er dessen Vertrauen verspielen und wahrscheinlich sogar als Verräter liquidiert werden.
Mit einer energischen Geste wandte er sich Tino zu. »Wir sind bereit!«
»Das sind wir, Colonello. Die Jungs brennen darauf, dass es losgeht. So eine Aktion hat noch keiner durchgeführt. Wir werden Helden sein!« Tino strich über die Bordwand eines
der Boote. Er sehnte sich danach, den Motor anzulassen und sich ans Steuer zu setzen, so wie bei der Probefahrt vor zwei Tagen. Allerdings hatte er dabei in der Nähe der Insel bleiben müssen, um nicht von amerikanischen Aufklärern entdeckt zu werden.
»Es ist höchste Zeit, dass Europa sich wieder auf sich selbst besinnt und das Joch der Amerikaner abschüttelt«, sagte er.
»Wir werden das unsere dafür tun!« Renzo atmete tief durch und ging zur Hütte hinüber. Die große Satellitenschüssel, die auf dem Dach angebracht war, diente nicht nur dem Fernsehempfang, sondern auch als Antenne der Funkanlage. Doch bis die erlösende Nachricht kam, wollte er die Sendungen ansehen, in denen über das große politische Treffen in Tallinn berichtet wurde.
SIEBZEHN
T orsten Renk war zu der Überzeugung gelangt, dass er selbst wie ein Terrorist denken musste, um Hoikens’ Plänen auf die Spur zu kommen. Allerdings war dies leichter gesagt als getan. Sosehr er sich auch den Kopf zerbrach, er fand einfach keinen Ansatzpunkt, wie sein Gegner die immensen Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen wollte. Selbst ein Anschlag mit Raketen war sinnlos, da über den Gebäuden, in denen die Politiker tagten, Hubschrauber kreisten, die mit ihren Luftabwehrgeschossen jeden Angriff dieser Art verhindern würden.
Auch Petras Suche nach den italienischen Sicherheitsbeamten hatte nichts ergeben, denn es befanden sich weitaus mehr Geheimdienstleute in Tallinn, als in den Computern der Botschaft verzeichnet waren.
»Und? Was meinst du? Soll ich das Innenministerium in Rom anzapfen?«, fragte Petra, die das ergebnislose Durchforsten der verschiedenen Dateien allmählich langweilte.
»Versuche es. Ich wecke inzwischen Graziella. Ihr Italienisch ist auf jeden Fall besser als das deines Übersetzungsprogramms. « Torsten glaubte nicht mehr daran, dass Petra den Knoten mit ihrem Computer lösen konnte. Dabei schrie alles in ihm, dass der entscheidende Schlag innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden geführt werden musste, denn einige der Politiker wollten am übernächsten Tag wieder abfliegen.
Nach einer Weile schaltete Petra den Computer wieder aus. »Bei aller Liebe, es geht nicht. Ich muss erst an die frische Luft und dann frühstücken. Mein Gehirn braucht Kalorien. «
Torsten fuhr hoch, als hätte er sich eben in einen Reißnagel gesetzt. »Verdammt, es kann um Minuten gehen, und du denkst nur ans Essen!«
»Lass Petra in Ruhe! Sie weiß, was ihr guttut. Hinterher ist sie doppelt so leistungsfähig wie jetzt!« Graziella setzte
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