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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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brauchten.

EINUNDZWANZIG
    E s läuft besser als gedacht, Colonello!« In seiner Freude darüber, dass bisher kein Hindernis vor ihnen aufgetaucht war, vergaß Flamur ganz, dass er Renzo bei diesem Kommandounternehmen als Abu Musa hätte anreden sollen.

    Renzo winkte dem Albaner, still zu sein, und richtete sein Augenmerk wieder auf die hell erleuchtete USS Ronald Reagan, die seitlich vor ihnen dümpelte. Der Flugzeugträger war mindestens zehn, vielleicht sogar fünfzehn Seemeilen entfernt, trotzdem bot er einen Anblick, der einem Mann Magenschmerzen bereiten konnte. In ganz Europa gab es kein einziges Schiff, das sich auch nur ansatzweise mit der Ronald Reagan messen konnte, und dabei war dieser schwimmende Riese nur einer von vielen, die die US Navy besaß.
    Renzo sagte sich, dass die rasche Aufrüstung des Kontinents eines der ersten Dinge sein musste, die nach der großen nationalen Revolution in Europa zu geschehen hatten, damit man den Amis, aber auch den Russen und Chinesen von Gleich zu Gleich in die Augen blicken konnte.
    »Wir müssen zusehen, dass wir nicht zu nahe an den Kasten dort herankommen. Sie dürfen uns von Deck aus nicht sehen«, raunte er seinem Steuermann zu. Der nickte und zog das Schnellboot herum, obwohl es jetzt noch nicht nötig gewesen wäre. Es bewies Renzo, dass er nicht als Einziger an Bord nervös war. Tinos Boot folgte mit einer gewissen Verzögerung und zog dabei eine schäumende, weiße Spur hinter sich hier.
    »Passt auf, ihr Idioten«, rief Renzo wütend hinüber. Megaphone wären für die Kommunikation von Boot zu Boot hilfreich gewesen, doch sie durften ebenso wenig eingesetzt werden wie die Funkgeräte.
    Renzo ärgerte sich, weil sie auf die meisten technischen Hilfsmittel verzichten mussten, die ihnen die Fahrt hätte erleichtern können. Wenigstens konnten sie einen GPS-Kompass und das tragbare Radar verwenden.
    Der Mann, der den kleinen Bildschirm des Radars bisher nicht aus den Augen gelassen hatte, sah nun auf. »Wir haben ein Problem, Capitano. Genau auf unserem Kurs liegen zwei
Schiffe. Von der Größe her könnten es Patrouillenboote der Esten oder der Yankees sein. Wenn wir den Kurs beibehalten, schwimmen wir genau auf sie zu.«
    »Verdammt!« Renzo fluchte leise, während er in die Nacht hinausstarrte. »Wir drosseln die Geschwindigkeit und halten mehr auf die Ronald Reagan zu.«
    »Ist das nicht zu gefährlich? Außerdem fallen wir damit hinter unseren Zeitplan zurück«, wandte einer der Männer ein.
    »Wir haben nichts davon, wenn wir den Esten direkt in die Arme laufen«, fuhr Renzo ihn an. »Wir müssen zwischen ihnen und der Reagan hindurchschlüpfen. Was den Zeitplan betrifft, so ist es scheißegal, ob wir jetzt fünf oder zehn Minuten später ankommen.«
    Es gab keine Einwände mehr. Einer der Männer nahm einen Leuchtstab so in die Hand, dass dieser nur von Tinos Boot aus gesehen werden konnte, und gab dessen Steuermann das Zeichen, dem Führungsboot zu folgen. Beide Boote wurden langsamer und richteten ihren Bug wieder mehr auf den amerikanischen Flugzeugträger. Renzo blickte sich kurz um und sah zufrieden, dass Tinos Boot ihren Manövern folgte. Aufgrund der geringeren Geschwindigkeit wurden die schäumenden Heckwellen schwächer. Damit waren sie praktisch nicht mehr auszumachen, und nun schob sich auch noch eine Wolke vor den Mond.
    »Wir haben Glück! Bis es wieder heller wird, haben wir die Reagan passiert«, machte er sich selbst Mut.
    »Und was ist mit ihrem Radar? Irgendein Echo müssen sie von uns doch bekommen? Oder glaubt ihr wirklich, dass diese albanischen Boote sich unsichtbar machen können?«
    Renzo spürte die Unsicherheit und Angst, die aus den Worten des Rudergängers sprach. Hatte der Kerl während seiner Ausbildung überhaupt nichts begriffen? Im Krieg mussten
Risiken eingegangen werden. Es galt einfach, schneller und vor allem klüger zu sein als die andere Seite. Sein Blick saugte sich an dem massigen Flugzeugträger fest, dem sie immer näher kamen, und er sah, wie mehrere Hubschrauber aufstiegen.
    »Hoffentlich kommen die nicht in unsere Richtung.« Noch während Renzo es sagte, ärgerte er sich über seinen Ausspruch. Damit zeigte er seinen Leuten, dass er genauso nervös und ängstlich war wie sie.
    Die Maschinen drehten über backbord ab und flogen Richtung Land. Dennoch hielten alle die Luft an, bis sie den Flugzeugträger passiert hatten. Dann atmeten sie erleichtert auf. Renzo bekreuzigte sich erneut und blickte nach Süden.

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