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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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das mich hier oben hielt, es fühlte sich fest an. Ich holte tief Luft und öffnete erneut die Augen.
    Ungefähr fünfzig Schritte vor mir befanden sich die gewaltigen Doppeltüren des Schlosses. Rundherum hohe, hohe Mauern. Wieso hatte Morrolan Mauern um ein schwebendes Schloß? Ich riskierte einen Blick nach unten und sah orangerote Wolken. Über mir waren noch mehr davon. Eine kühle Brise wehte mir einen leicht rauchigen Geruch ins Gesicht. Sonst war niemand im Hof.
    Ich warf einen Blick hinter die Mauern und sah Türme an den Ecken. Türme, Mauern und das Schloß selbst bestanden aus demselben schwarzen Gestein – Obsidian, glaube ich –, aus dem zumeist kämpfende oder jagende oder einfach so herumhängende Figuren ausgeschnitzt waren.
    Großspuriger Mistkerl.
    In einem der Türme konnte ich zwei Wachen
    erkennen. Beide trugen die Farben des Hauses der Dragon, schwarz und Silber. Der eine hatte einen Speer, der andere einen Zauberstab.
    Zaubermeister als Wachen.
    Also, zumindest hat er mich davon überzeugen
    können, daß er wohlhabend war, wenn schon sonst nichts. Die Wache mit dem Speer bemerkte, daß ich ihn ansah, und grüßte. Ich nickte zurück, wünschte mir, daß 30
    Loiosh doch mitgekommen wäre, und machte mich auf zu den gewaltigen Doppeltüren des Schwarzen Schlosses.

    Wenn ich mir mein Leben anschaue, als wäre es das eines Fremden, dann würde ich wohl sagen müssen, daß ich inmitten von Gewalt aufgewachsen bin. Für mich hört sich das merkwürdig an, weil ich es eigentlich nie so gesehen hatte, aber solange ich denken kann, weiß ich, daß ich Angst vor Dragaeranern hatte. Zuhause, das war über Vaters Schenke, welche in einer Gegend lag, in der keine Ostländer – Menschen – wohnten. Schon bevor ich in der Schenke mithalf, habe ich die meiste Zeit dort zugebracht. Und sogar heute noch kann ich mich an die aufgeregte Angst erinnern, die mich befiel, wenn ich sie verlassen mußte, und an lange Jagden durch die Gassen, und an Dragaeranerhände, die mich zusammenschlugen, weil sie Menschen nicht leiden konnten, oder
    Menschenhände, die mich schlugen, weil sie der Ansicht waren, daß wir uns nicht standesgemäß verhielten.
    Letzteres – von anderen aus dem Ostreich zusammengeschlagen zu werden – kam nicht oft vor. Beim erstenmal war ich, glaube ich, acht. Mein Vater hatte mir einen Anzug in den Farben des Hauses Jhereg geschenkt. An den Tag erinnere ich mich noch so gut, weil es einer der seltenen Momente war, in denen ich meinen Vater glücklich gesehen habe. Ich habe mich von seiner Stimmung anstecken lassen und bin in meinen neuen Klamotten herumstolziert, bis mich ein paar
    Menschenjungs gefunden haben, etwa in meinem Alter, die, naja, man kann sich den Rest wohl denken. Die Einzelheiten behalte ich lieber für mich.
    Das komische war bloß, daß sie mir damals leid getan haben, weil ich auch schon von Dragaeranern verprügelt 31
    worden war und ich mir dachte, daß diese armseligen, belanglosen Ostländer mich noch nicht einmal so gut zusammenschlagen konnten wie die Dragaeraner.

    Das klackende Geräusch meiner Schuhe mitten in der Luft brachte mich ein bißchen aus der Fassung. Noch schlimmer wurde es, als ich mich den Türen näherte und die Zeichen drumherum als Hexenzauber identifizierte.
    Ich biß die Zähne zusammen.
    Ich war nur noch ein paar Schritte entfernt, als die Türen sich prachtvoll und leise mit majestätischem Schwung öffneten. Nicht mal geknarrt haben sie. Das war extrem beunruhigend. Augenblicklich strich ich mir mit einer Hand durch die Haare und richtete mit der anderen die Klammer meines Umhangs. Dadurch konnte ich
    diverse Kleinigkeiten ertasten, die ich überall an meinem Körper verborgen habe, denn ich bevorzuge es, jemanden zu überraschen, anstatt selbst überrascht zu werden.
    Aber allzu lange habe ich mich nicht mit den Türen beschäftigt, denn da stand jemand im Eingang, wie ein Gemälde vom hohen Bogen umrahmt. Sie hatte die feine, helle Haut des Hauses Issola und trug die Farben dieses Hauses auf einem Gewand, das halb Umhang, halb Sari war. Ihre Augen waren von klarem Blau, die Haare hellbraun, und selbst nach menschlichen Maßstäben war sie wunderschön.
    Eine tiefe, verlockende Stimme ertönte. »Seid gegrüßt, edler Jhereg«, sagte sie (anscheinend hielt sie diese Anrede für weniger beleidigend als ›Ostländer‹),
    »willkommen im Schwarzen Schloß. Ich bin Teldra. Wir haben Euch bereits erwartet, und wir wünschen, Euren Aufenthalt

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