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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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und mich töten?
    Über die Existenz einer Seele oder den Glauben der Dragaeraner an Wiedergeburt kann man verschiedener Meinung sein. Aber selbst wenn man nichts davon für wahr hält, stand außer Frage, daß der Tod durch eine Morgantiwaffe mich ein für allemal erledigen würde.
    Einen Augenblick lang war ich wie erstarrt, dann fand ich, daß ich wahrscheinlich erkennen lassen sollte, daß ich seine Gegenwart in dem Raum bemerkt hatte,
    immerhin hatte er mich ja noch nicht angegriffen.
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    Ich erhob mich also und verneigte mich ein wenig.
    »Lord Morrolan, ich bin Vladimir Taltos. Es ist mir eine Ehre, daß ihr geruht, mich zu empfangen.« Ich kann nicht gut lügen.
    Zur Antwort nickte er kühl und gab mir ein Zeichen, daß ich mich setzen mußte. Teldra kam zurück und goß ihm, während er sich mir gegenüber niederlaß, ein Glas Wein ein. Als sie wieder ging, sagte er: »Danke, Lady Teldra.« Lady? Ich fragte mich, in welcher Beziehung sie wohl standen. In der Zwischenzeit taxierte mich Morrolan, wie ich es mit einem Edelstein machen würde.
    Er trank, und dabei ließ er keinen Moment die Augen von mir. Den Gefallen gab ich ihm zurück. Er hat ziemlich dunkle Gesichtshaut, wenn auch nicht so dunkel wie bei den Hawk oder Vallista. Schwarze Haare, schulterlang, lockig und ein kleines bißchen ungepflegt. Seine Sitzhaltung kam mir etwas steif vor, als hätte er einen Stock im Rücken. Die Kopfbewegungen waren dagegen flink und raubtierhaft.
    Schließlich stellte er sein Glas ab und sprach: »Nun, Jhereg« (anscheinend hielt er diese Anrede für
    beleidigender als Ostländer) »wißt ihr, warum Ihr hier seid«
    Ich räusperte mich. »Das glaube ich doch. Natürlich könnte ich auch reingelegt worden sein.«
    »Wahrscheinlich«, gab Morrolan zurück.
    »Da das also zutrifft«, sagte ich und paßte mich seiner Redeweise an, »wärt Ihr vielleicht so frei, mich aufzuklären?«
    »Das werde ich«, antwortete er. Erst einmal
    beobachtete er mich aber noch etwas länger, und so langsam bekam ich den Eindruck, daß er mich damit nur ärgern wollte oder vielleicht auf die Probe stellen – was 36
    auf das gleiche hinausläuft.
    Als Jhereg und Ostländer muß man sich darauf
    einstellen, hin und wieder beleidigt zu werden. Will man überleben, muß man lernen, nicht jeden Blick und jedes Geschwätz persönlich zu nehmen. Aber allmählich wurde es ärgerlich. Ich sagte: »Mir scheint, hochehrwürdiger Dragon, daß Ihr im Begriff seid, mir etwas mitzuteilen.«
    Sein Mundwinkel zuckte. »Ja.« Dann: »Man hat einen ganz bestimmten Angestellten von Euch zum Dzurberg verfolgt. Ihr wißt nun, daß er mir vor einiger Zeit einen Besuch abgestattet hat, bei dem es um Verhandlungen über einen kleineren Landverkauf ging. Ihr seid begierig darauf, seinen Aufenthaltsort zu erfahren. Anscheinend hat er sich mit dem Familiensilber davongemacht, wie man so sagt.«
    »Wer hätte das gedacht«, sagte ich, »aber das wußte ich bereits.«
    »Gemach, Nun jedoch wollt Ihr ihn ausfindig machen, um ihn zu töten. Ihr könnt niemanden auftreiben, der bereit wäre, zum Dzurberg zu reisen, also stattet Ihr mir einen Besuch ab, vielleicht um herauszufinden, was ich über die Legenden von Sethra Lavode und ihre wahren Hintergründe weiß.«
    Nach und nach wurde ich echt wütend, aber auch
    ängstlich, weil seine Vermutungen so präzise waren. Ich meine, was sollte das protzige, hochnäsige Sehergehabe.
    Dann überlegte ich, daß er zwar ein protziger,
    hochnäsiger Seher sein mochte, aber er hatte ein höchst mächtiges Morgantischwert, außerdem war er ein
    Zauberer, und ich befand mich in seiner Heimstatt. Also entschloß ich mich weiterhin zur Höflichkeit und sagte:
    »Ihr habt ganz recht, ich bin neugierig, was über den Dzurberg zu erfahren, und jegliche Information, die ihr mir über ihn oder seine Bewohner geben könntet, wüßte 37
    ich sehr zu schätzen.«
    Mittlerweile warf Morrolan mir Blicke zu, die
    unentschlossen zwischen mildem und Hohnlächeln und offenem Mißfallen schwankten. Er sagte: »Also schön, Jhereg, eine Frage: Wollt Ihr diesen abtrünnigen Angestellten finden?«
    Einen Moment lang versuchte ich, diese Frage auf Wortspiele und Fallen hin zu untersuchen, dann gab ich auf und antwortete: »Ja.«
    Darauf er: »Also gut. Gehen wir zu ihm.«
    Er stand auf. Ich auch. Dann kam er einen Schritt näher und schien sich ganz kurz zu konzentrieren. Fast im gleichen Augenblick wurde mir klar, was er da tat. Ich wollte mich erst

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