Taltos
irgendwie hat sie mich, weil sie das gesagt hat, schließlich beruhigt. Ich weiß heute noch nicht, warum.
Nachdem sie gegangen war, trank ich noch einen und hörte dann nach zwei Gläsern auf, nur um Loiosh zu zeigen, daß ich recht behalten hatte. Noch einmal zog ich an meiner Verbindung zum Gestirn und mußte feststellen, daß mir immer noch ein paar Stunden blieben, bis ich wieder im Büro sein mußte. Ich bezahlte den Wirt, sagte ihm, daß ich bestimmt mal wiederkommen würde, und machte mich auf den Weg nach Hause.
Mein Großvater hat einen weißen Kater, der heißt Ambrus und ist nicht nur der intelligenteste, der mir je begegnet ist, sondern auch der älteste. So richtig gespielt, so, wie Leute normalerweise mit Katzen spielen, habe ich mit ihm nie, aber als ich noch klein war, habe ich mich manchmal vor ihn gesetzt und mit ihm gesprochen, während mein Vater sich im anderen Zimmer mit meinem Großvater unterhalten hat. Ich habe dann immer so getan, als könnte er mich verstehen, und entweder konnte er das tatsächlich oder meine Erinnerung spielt mir einen 27
Streich, denn ein gewöhnlicher Kater hätte nie so wie Ambrus reagieren können: auf eine Frage zur Antwort miauen, schnurren, wenn ich ihm sage, daß ich ihn mag, und mit ausgefahrenen Krallen durch die Luft fuchteln, wenn ich auf etwas deute und sage: »Achtung, ein Dragon.«
Jetzt, wo ich weiß, was ich weiß, glaube ich nicht, daß meine Erinnerung mir einen Streich spielt.
Wie dem auch sei, eines Tages, als ich, mal sehen, vielleicht sieben war, hat mein Vater mich mit dem Kater sprechen sehen und ärgerlich die Stirn gerunzelt.
Ich habe gesagt: »Findest du Katzen nicht gut, Papa?«
Und er: »Darum geht’s nicht. Ist egal.«
Ich glaube mich zu erinnern, daß Noish-pa hinter ihm stand und uns zugesehen hat, vielleicht mit einem kleinen Lächeln im Gesicht.
Menschen benutzen Hexenkunst, Dragaeraner Zauberei.
Ich verwende beides, was ungewöhnlich ist, deshalb kann ich beide Methoden ganz gut vergleichen. Der große Unterschied, der mir ständig aufs neue auffällt, ist, daß Hexenkunst mehr Spaß macht. Wenn ein Hexer sich teleportieren könnte (so etwas erscheint unmöglich, aber ich könnte mich auch irren), dann wären stundenlange Vorbereitungen vonnöten, mit Ritualen, Gesängen und dem Anfüllen aller Sinne mit dem erwünschten Ergebnis, bis der Hexenspruch in einer blendenden Explosion emotionaler Erfüllung ausgeführt wäre.
Narvane, einer meiner Vollstrecker und ein
ausgezeichneter Zauberer, sagte dagegen bloß: »Fertig?«
Darauf ich: »Ja.«
28
Beiläufig hob er die Hand, das Büro verschwand um mich herum, und in meinen Eingeweiden wirbelte alles durcheinander.
An einem Tag damals habe ich irgendwas gemacht, ich kann mich nicht erinnern, was, und mein Vater hat mich dafür geohrfeigt. Wahrscheinlich geschah es mir ganz recht. Es war nicht das erste Mal, daß er mich geohrfeigt hat, aber an diesen besonderen Moment erinnere ich mich genau. Ich muß da so sieben oder acht gewesen sein.
Ich erinnere mich, wie ich neugierig zu ihm
aufgeschaut und den Kopf geschüttelt habe. Darauf wurden seine Augen ganz groß, und ein bißchen Angst war wohl auch darin zu sehen, und er starrte mich erst einen Augenblick lang an, bevor er sich umwandte und ins Nebenzimmer ging. Vermutlich wollte er fragen, was ich da für einen Blick aufgesetzt hatte, aber er tat es nicht, und ich habe auch nichts gesagt. Ihr müßt verstehen, daß ich noch sehr jung war, deshalb muß ich das meiste aus der Erinnerung zusammenpuzzeln, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß meine Reaktion ihn ein wenig geängstigt oder erstaunt hatte.
Die Gedanken, die mir durch den Kopf gegangen waren, lauteten aber eher so: »Das nennst du eine Ohrfeige? Die hat ja nicht mal weh getan. Jedesmal, wenn du mich zum Markt schickst, damit ich Lorbeerblätter hole, krieg ich ne schlimmere Abreibung.«
Zuerst konnte ich nicht erkennen, wo ich war, weil mir die Übelkeit im Magen zu schwer zu schaffen machte.
Dragaeraner reagieren nicht so auf Teleports, aber ich, 29
und jeder andere Mensch, den ich kenne, ebenfalls.
Die Augen ließ ich erstmal zu, und ich beschloß, mich keinesfalls zu übergeben. Vielleicht war der Branntwein doch ein Fehler gewesen. Ich riskierte einen kurzen Blick und stellte fest, daß ich in einem weitläufigen Hof stand; dann fiel mir auf, daß ich zudem mitten in der Luft stand, und ich schloß die Augen wieder. Was es auch war,
Weitere Kostenlose Bücher