Taltos
wehren, entschied mich dann aber binnen Sekunden dagegen; das könnte meine einzige Möglichkeit sein. In jedem Geschäft muß man Risiken eingehen. Ich ließ den Teleport wirken. Mein Magen tat einen Sprung, und die Wände um mich herum
verschwanden.
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Das Messer kam neben meine rechte Hand, diverse Kräuter und anderes Zeug neben die Unke. Noch hatte ich keinen blassen Schimmer, welche meiner Vorräte ich mir genommen hatte, und wollte es auch gar nicht wissen, aber mir fiel der Strick mit den neun Knoten auf, der verkohlte Zweig, der wie ein Bullenschädel aussieht, der kleine Kupferkessel, der Zehenknochen eines Elchs, das geflochtene Lederstück und noch andere Sachen.
Ich fragte mich, was ich damit anfangen würde.
Morrolan sagte: »Willkommen auf dem Dzurberg.«
Mein Magen meinte: Warum tust du mir das ständig an?
Ich mußte mich an einer feuchten Steinmauer
abstützen, weil meine Knie zitterten. Wir befanden uns auf einem kleinen Absatz, von Gestein umgeben, und eine schmale Treppe führte nach oben. Hoch über mir schien milchiges Licht durch ein winziges Fenster. An der Wand der Treppe brannte eine Fackel, und der Ruß darüber war schon alt. Folglich wurde dieser Ort nicht oft benutzt, aber er war vorbereitet worden.
Ich verbarg so gut ich konnte mein Unbehagen und sagte: »Bezaubernd.« Ich wollte mich keinesfalls übergeben. Das sagte ich ein paarmal still vor mich hin.
Morrolan setzte den Fuß auf die unterste Stufe. »Hier entlang.«
Um Zeit zu gewinnen fragte ich: »Sethra Lavode?«
»Sie erwartet uns.«
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»Oh«, machte ich. Dann atmete ich einige Male tief durch und folgte Morrolan die Treppen hinauf, deren Stufen hoch und schmal waren, eher für Dragaeraner als für Menschen gebaut. Und es gab viele davon. Die Treppe wand sich leicht nach links. Einmal kamen wir an einem Fenster vorbei, und ich nutzte die Gelegenheit und warf einen Blick nach draußen. Wir waren tatsächlich ganz hoch in den Bergen. Hätte ich mehr Zeit gehabt, dann hätte mir der Ausblick, glaube ich, gefallen, denn ich konnte Pinienwälder ausmachen und ein grünes Tal.
Allerdings lag da auch Schnee, und dazu pfiff ein kalter, harter Wind durch das Fenster. Die Kälte zog mit uns die Treppen hoch. Aber wenigstens kam mein Magen wieder zur Ruhe, also wollte ich mich nicht beklagen.
Morrolan ging zwei Schritte vor mir. Ich fand, er mußte ziemlich vertrauensselig sein, daß er mit dem Rücken zu mir vorweglief. Andererseits hatte ich den Schaft des Langschwerts direkt in Augenhöhe. Das hielt eine Weile meine Zunge im Zaum. Schließlich jedoch wagte ich eine Äußerung: »Bei allem Respekt, Mylord Morrolan.«
Er hielt inne und drehte sich um. »Ja, mein werter Jhereg?«
»Hättet Ihr wohl die Güte, mich ins Bild zu setzen, was, bei den vielen Dämonen von Terlocha, hier
vorgeht?«
Er lächelte ein rätselhaftes Lächeln und machte sich wieder an den Aufstieg. Ich ging hinterher. Über die Schulter sagte er: »Was wollt Ihr denn wissen, Mylord?«
Da war doch, glaube ich, eine leicht ironische Betonung auf dem letzten Wort gewesen?
Ich sagte: »Warum zum Beispiel habt Ihr zugestimmt, mich zu empfangen?«
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Darauf konnte ich ein leises Lachen mehr sehen als hören. »Es nicht zu tun, wäre dumm gewesen, nach den Mühen, die wir uns gemacht haben.«
Wenn ich behaupten würde, daß mir diese Antwort keinen Schauer über den Rücken geschickt hätte, würde ich lügen. Nach ein paar Schritten war ich zur nächsten Frage in der Lage. »Ihr habt also geplant, mich zu Euch zu führen?«
»Selbstverständlich, wenn wir Euch schon nicht dazu bringen konnten, direkt zum Dzurberg zu gehen.«
»Oh. Natürlich. Wie dumm von mir.«
»Ja.«
Ich biß die Zähne zusammen und sagte nichts. Das Heft von seinem Schwert war noch immer vor meinen Augen, und ich konnte seinen Hunger spüren. Mich schauderte.
Dann: »Also schön, Lord Morrolan, hier bin ich nun.
Warum?«
Über die Schulter: »Habt Geduld, Mylord. Ihr werdet es bald erfahren.«
»Na gut.«
Eine weitere Windung der Stufen lang sagte ich nichts, weil ich über Sethra Lavode nachdachte.
Höchstwahrscheinlich würde ich ihr bald begegnen.
Warum? Diese Leute hatten keinerlei Grund, mich umzubringen, und hätten sie es gewollt, dann hätten sie es längst tun können. Worauf waren sie aus?
Ich fragte: »Was ist dann mit Quion?«
»Mit wem?«
»Dem Söldner – meinem Angestellten, der im
Dzurberg verschwunden ist.«
»Ah. Ja. Der wurde natürlich
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