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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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wären sie für immer eingefallen.
    Kurz überlegte ich, ob er seine Augenbewegungen mit der Zunge koordinierte, aber ich nahm mir dann doch nicht die Zeit, es zu überprüfen. Das Getränk stellte sich als süßlicher Likör heraus, der ein kleines bißchen nach frischer Minze schmeckte.
    Weil ich weder Sethra noch Morrolan anstarren wollte, blieb mir nur Quions Leiche. Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber ich sitze für gewöhnlich nicht in einer geselligen Runde und trinke, wenn ein Leichnam auf dem Boden herumliegt. Was ist in solchen Momenten das passende Benehmen? Nach ein paar Schlucken Likör wurde ich jedoch dieser Sorge enthoben, denn Sethra nahm das Geschehen in die Hand. Sie flüsterte dem Diener etwas zu und legte eine Börse auf sein Tablett.
    Darauf schlurfte er herüber und händigte mir die Börse aus, wobei er Augenkontakt mit allem in dem Raum, außer mit meinem Gesicht, aufnahm.
    Sethra Lavode sagte: »Wir sahen uns genötigt, etwas von Eurem Vermögen zu borgen.«
    Wie nett.
    Ich kaute mir auf der Lippe herum und versuchte, an etwas zu denken, das mich ablenken würde, bevor ich vollends die Beherrschung verlieren und man mich töten würde. Während der Diener sich verneigte und an seinen Platz hinter Sethra zurückkehrte, wog ich den Beutel in den Händen ab.
    Wenn ich darüber nachdenke, glaube ich, daß die Schultern des Dieners so einfielen, wenn er stillstand; so wie ein Wettläufer, der sich zum Start bereitmacht. Ich gab ihm ein Zeichen. Zögernd schielte er seine Herrin an, blinzelte ungefähr zwölfmal und kam dann wieder zu mir.
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    »Halt das Tablett hoch«, befahl ich. Das tat er, wobei er immer noch an mir vorbeischaute, und sorgfältig zählte ich fünfzehnhundert Goldimperials in Fünfzigern und Zehnern ab. »Gib das der Lady«, sagte ich. Ganz kurz bewegte sich sein Mund, als müßte er darüber nachdenken, dabei fiel mir auf, daß ihm ein paar Zähne fehlten. Doch dann trug er das Tablett wieder zu ihr. Das Ganze wirkte wie ein Schauspiel, das armselig und stockend aufgeführt wurde.
    Sethra starrte mich an. Ich hielt dem Blick stand. Dann sagte sie: »Das ist…?«
    »Das übliche Honorar für Eure Arbeit«, erklärte ich und warf einen Blick auf den leblosen Körper. »Gut gema–«
    In dem Moment flog das Tablett mit dem Geld durch die Luft, von Sethra fortgeschleudert. Aufrecht stand sie da, die Hand ergriff die Waffe. Auch Morrolan war aufgesprungen, und ich schwöre, er hat wahrhaftig geknurrt. Ich riß die Augen auf und machte auf
    unschuldig und fragend, wobei mein Puls allerdings wegen jener köstlichen Mixtur aus Wut und Angst raste, die normalerweise bedeutet, daß es jemandem an den Kragen geht.
    Doch Sethra hielt inne und erhob die Hand, was
    Morrolan bremste. Der Anflug eines Lächelns erschien auf Sethras Lippen, und unmerklich nickte sie. Dann setzte sie sich wieder und warf Morrolan einen Blick zu.
    Auch der nahm wieder Platz, dabei sah er mich mit bedrohlichem Gesichtsausdruck an, der besagte: »Auch darüber reden wir noch.« Der Diener machte sich daran, die Goldmünzen eine nach der anderen aufzuheben und wieder auf das Tablett zu legen. Hoffentlich schaffte er es, sich ein paar davon einzustecken, dachte ich.
    Sethra sprach: »Wohlan, Jhereg. Ich habe Euch
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    verstanden. Können wir dann jetzt zum Geschäft
    kommen?«
    Geschäft. Klar.
    Ich räusperte mich und sagte: »Ihr wolltet übers Geschäft sprechen. Worum geht’s denn, wollt Ihr einen Titel im Jhereg erwerben? Sicher, das kann ich
    arrangieren. Oder möchtet Ihr Euch vielleicht –«
    »Genug«, zischte Morrolan.
    Ich geb’s ja zu: wenn man mich nur stark genug reizt, dann siegt die Wut über meinen Selbsterhaltungstrieb.
    Ich sagte: »Schweigt still, Dragonlord. Ich weiß nicht, welche Art von ›Geschäft‹ Ihr mit mir abzuschließen gedenkt, aber Ihr habt Euch in meine Arbeit eingemischt, meinen Angestellten umgebracht, mich überlistet und bedroht. Und jetzt wollt Ihr über Geschäfte reden?
    Scheiße auch. Schießt los.« Ich lehnte mich zurück, schlug die Beine übereinander und kreuzte die Arme.
    Daraufhin warfen sie sich kurz Blicke zu. Vielleicht haben sie psionisch miteinander kommuniziert, vielleicht auch nur durch Mimik. Nach ungefähr einer Minute nahm ich noch einen Schluck Likör zu mir. Mittlerweile war der Diener mit dem Aufsammeln der verstreuten
    Geldstücke fertig. Er wollte sie Sethra wiedergeben, doch die funkelte ihn nur an. Mit einer resignierten Grimasse stellte

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