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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Wiegetanz, versuchte, mich zu entschließen, ob ich ihn mögen sollte oder ob er von Bedeutung war. Mir kam der Gedanke, daß ich durchdrehte, und ich verdrängte ihn. Unter solchen Umständen ist es keine
    ungewöhnliche Befürchtung, hauptsächlich deshalb, weil es ab und an passiert. Aber in dem Augenblick hatte ich einfach keine Zeit, mich damit zu befassen.
    Meine Blicke wurden von der wabernden
    Landschaft zur Zauberrune gezogen, die ich, aus welchen Gründen auch immer, vor mir in den Sand gezeichnet hatte. Auch als ich blinzelte, verschwand sie nicht. Ich biß mir auf die Lippen.
    Die Rune glühte. Ich hatte sie nicht darum gebeten, aber wahrscheinlich hatte ich sie auch nicht darum gebeten, es nicht zu tun.
    Ich führte die Handflächen vor meinem Körper zusammen, die Finger gespreizt, und malte eine weitere Rune in die Luft, dieses Mal das Verb
    ›herbeirufen‹. Bei dem Gedanken, welche Substantive ich daranhängen könnte, erschauerte ich und verlor um ein Haar die Kontrolle über die Beschwörung.
    Loiosh bewahrte mich davor, und ich ließ die Hände wieder in den Schoß fallen.
    Noch immer war der Rhythmus in mir, die
    Landschaft waberte weiterhin, und die Rune im Sand glühte auch noch.
    Das andere Geräusch war, glaube ich, mein
    Zähneknirschen.

    86
    Ich war ungefähr zwanzig Sekunden bewußtlos, so kam es mir wenigstens vor. Meine Wange brannte immer noch, weil ich damit auf den Boden geschlagen war, genau wie meine rechte Hand.
    Langsam wurde ich wach, und vor mir lösten sich schwarze Wirbel auf. Unter den gegebenen Umständen unterließ ich es, den Kopf zu schütteln; meine Augen wurden klar.
    Loraan lehnte an der gegenüberliegenden Wand und glotzte mit erhobenen Armen an mir vorbei. Ich drehte mich um und sah Morrolan, der anscheinend gegen etwas Unsichtbares kämpfte, das ihn zu umspinnen versuchte.
    Zwischen beiden blitzten Funken durch die Luft – und zwar direkt über meinem Kopf.
    Man kam zu meiner Rettung. Wie entzückend.
    Gerade wollte ich meinen Körper dazu bringen, wieder zu funktionieren – wenigstens soweit, daß ich nicht länger zwischen den beiden stand –, als Loraan einen Schrei ausstieß, gegen die Wand hinter sich stieß, abprallte und auf mich zu geschossen kam. Ich hätte ihm an Ort und Stelle ein Messer in den Leib gerammt, aber bevor ich dazu kam, war er schon, auf mich gefallen.
    Das nennt man ›nicht hundertprozentig in Form sein‹.
    Loraan dagegen war ziemlich lebendig, erst recht für einen Magier. Nachdem er auf mir gelandet war, rollte er weiter, bis er bei Morrolan, dem Tisch, dem Schwert, den Zauberstäben und dem anderen Kram war. Geschmeidig kam er wieder auf die Beine und stellte sich Morrolan.
    Darauf folgten etwa zehn Sekunden Verwirrung,
    inklusive Rauch und Funken und Feuer und Lärm, und als das alles vorbei war, stand Morrolan mit dem Rücken zu mir, und Loraan war zu weit entfernt, als daß eins meiner kleinen Geräte ihn wirkungsvoll hätte treffen 87
    können.
    Loiosh, der so still gewesen war, daß ich ihn schon fast vergessen hatte, meinte: »Sollen wir uns jetzt den Zauberstab schnappen?«
    Ach so. Stimmt ja. Der Zauberstab. Wegen dem wir eigentlich hier waren.
    Ich kam auf die Füße, die mich zu meiner
    Überraschung trugen, und ging auf den Würfel aus orangefarbenem Licht zu. Dann untersuchte ich die Beschwörungen um ihn herum genau und fing zu fluchen an. Keine Ahnung, was das war oder wie es erschaffen worden war, allerdings konnte ich soviel sagen: Es wäre nicht sicher, wenn ich meine Hand da hineinhielte.
    Außerdem konnte ich sehen, daß es weit außerhalb meiner Macht lag, ihn zu zerstören. Mal sehen, vielleicht wäre Morrolan ja geneigt, einen kleinen Auftrag anzunehmen. Ich wandte mich wieder dem Kampf zu, damit ich ihn fragen konnte.

    Ich war schon fast sechzehn, als ich mich für alt genug hielt, den Rat meines Großvaters zu ignorieren, und ein Rapier zu tragen begann. Kein besonders gutes, aber es hatte eine Spitze, eine Schneide und ein Stichblatt.
    Ich hatte es noch keine Woche bei mir gehabt, da wurde mir klar, daß mein Großvater recht hatte. Damals war ich unterwegs vom Marktplatz zurück zur Schenke.
    Rückblickend muß ich zugeben, daß ein Ostländer mit einem Schwert an der Seite, der einen Korb voller Fisch, Fleisch und Gemüse trägt, wirklich ein bißchen absurd ausgesehen haben muß, aber in dem Moment hatte ich nicht darüber nachgedacht.
    Als ich fast an der Tür war, hörte ich Gelächter und 88
    konnte

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