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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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aber ich fing an, viel zu Hause zu sitzen.
    Das war schon in Ordnung. So viel Geld, daß ich es unbedingt mit vollen Händen ausgeben wollte, verdiente ich nun auch nicht, außerdem war Loiosh fast ganz ausgewachsen, und es machte Spaß, ihm Dinge beizubringen. Ich sagte zum Beispiel immer: »Loiosh, hol den roten Ball aus dem Schlafzimmer!«, und er zischte los und kam mit dem Ball in den Krallen wieder.
    Inzwischen hatte er aufgehört, mich »Mama« zunennen, aber seit einer Weile rief er immer »Boß«,
    wahrscheinlich weil ich meinen Vorgesetzten immer so anredete.
    Wie dem auch sei, ein paar Wochen später wollte mein Boß mich sehen. Ich ging also in sein Büro, und er sagte:
    »Mach die Tür zu!« Das tat ich. Wir waren allein, und allmählich machte ich mir Sorgen.
    »Setz dich, Vlad!« sagte er.
    Also setzte ich mich und sagte: »Ja, Boß?«
    Er biß sich auf die Lippen. »Hättest du vielleicht Interesse, etwas Arbeit für mich zu erledigen?« Auf dem Wort ›Arbeit‹ lag eine ganz leichte Betonung.
    Ich bekam einen trockenen Mund. Nach fast einem Jahr hatte ich nun genug vom Jargon aufgeschnappt, um zu wissen, was er meinte. Ich war überrascht,
    erschrocken, die ganze Kiste. Mir ist nie in den Sinn gekommen, daß jemand mich darum bitten könnte.
    Andererseits wäre ich nie darauf gekommen abzulehnen.
    »Klar«, sagte ich.
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    Das schien ihn etwas zu beruhigen. »Gut. Das ist die Zielperson.« Er reichte mir die Zeichnung von einem Dragaeraner. »Kennst du ihn?«
    Ich verneinte.
    »Also gut«, sagte er, »sein Name ist Kynn. Er arbeitet als Eintreiber für, naja, ist egal. Er ist ein harter Kerl, also verlaß dich nicht auf Glück. Er lebt auf der Töpfermarktstraße, in der Nähe von Bravoura.
    Normalerweise hängt er bei Gruff rum. Kennst du das?«
    »Ja.«
    »Er ist die meisten Endwochen Türsteher für ein Freudenhaus drei Ecken weiter, und er macht oft den Eintreiber oder den Leibwächter, allerdings ohne einen regelmäßigen Zeitplan. Reicht das?«
    »Nehme ich an«, sagte ich.
    »In letzter Zeit ist er nicht oft allein anzutreffen, es kann also sein, daß du auf die Gelegenheit warten mußt.
    Das macht aber nichts. Nimm dir soviel Zeit, wie du brauchst, um es ordentlich zu erledigen, und laß dich nicht erwischen. Ich will nämlich nicht, daß man ihn wiederbeleben kann. Schaffst du das?«
    »Klar.«
    »Gut.«
    »Hat er Alarm in seiner Wohnung?«
    »Häh? Oh. Halte dich von seiner Wohnung fern.«
    »Wieso?«
    »Das tut man nicht.«
    »Warum nicht?«
    Er schaute mich eine Weile lang an, dann sagte er:
    »Paß auf, er ist ein Jhereg, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und du bist ein Jhereg, stimmt’s?«
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    »Stimmt.«
    »Das tut man nicht.«
    »In Ordnung.«
    »Außerdem wirst du dich ihm nicht nähern, wenn er in oder vor einem Tempel, einem Altar oder sonstwas in der Art ist.«
    »Verstanden.«
    »Und er ist verheiratet. Du wirst ihn dir nicht vornehmen, solange seine Frau in der Nähe ist.«
    »Geht klar. Darf ich denn beide Hände benutzen?«
    »Sei nicht albern.«
    »Das also auch nicht, wie?«
    Loiosh, der es sich angewöhnt hatte, auf meiner Schulter zu hocken, starrte die Zeichnung an und fauchte.
    Ich vermute, er bekam schon mehr mit, als ich dachte.
    Mein Boß wirkte ein bißchen erschrocken, aber er hat nichts gesagt. Dann reichte er mir einen Geldbeutel. Ich nahm ihn an mich, und er war ziemlich schwer. »Was ist das?« wollte ich wissen.
    »Deine Bezahlung. Zweitausendfünfhundert
    Imperials.« Als ich wieder sprechen konnte, sagte ich:
    »Ui.«

    In einiger Entfernung vom Fluß machten wir Feuer und aßen das letzte Kethnafleisch. Langsam, schweigsam, jeder mit den eigenen Gedanken beschäftigt. Loiosh lugte gerade so lange unter meinem Umhang hervor, daß er sich einen Bissen schnappen konnte, dann tauchte er wieder ab.
    Nach dem Essen ruhten wir uns etwas aus, dann
    räumten wir auf, bis Morrolan vorschlug, daß wir uns 156
    noch ein bißchen ausruhen sollten.
    »Mancher sagt, es bringt Unglück, wenn man auf den Pfaden schläft. Andere behaupten, es wäre unmöglich.
    Wieder andere halten zu dem Thema ganz den Mund.« Er zuckte die Achseln. »Aber warum sollten wir ein Risiko eingehen? Bevor wir anfangen, möchte ich so entspannt und ruhig wie möglich sein.«
    Später sah ich, wie Morrolan sich ein Halfter baute, damit er den Stab auf dem Rücken tragen konnte und gleichzeitig beide Hände zum Klettern freihatte. Ich wickelte die Kette von meinem Handgelenk und sah sie mir an. Dann

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