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Taltos

Taltos

Titel: Taltos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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gefallen.
    Wir standen an einem steilen Abhang, und ich sah nach unten. Loiosh kreischte und tauchte in meinem Umhang ab, während ich versuchte, das Gleichgewicht wiederzufinden. Nachdem ich eine Zeitlang mit den Armen gerudert hatte, habe ich es auch geschafft.
    Hier oben war der Wind kühl und sehr schneidend.
    Hinter uns dehnte sich unermeßliches Grün aus, und umgeben waren wir von harten, steinigen
    Gebirgsformationen. Es gelang mir, mich zu setzen, ohne daß ich wieder ins Wanken geriet. Dann lag ich auf dem Rücken am Abhang, den Beutel als Kissen unter meinem Kopf, und wartete, daß der Wirbel in meinem Magen nachließ.
    Nach einigen Minuten sagte Morrolan: »Wir sind jetzt so dicht wie möglich dran.«
    »Was heißt das?«
    »Wenn man sich dem Graunebeltal nähert, wird es schwieriger zu zaubern. Sobald man an den Pforten des Todes ist, wird es unmöglich.«
    »Wieso das?« wollte ich wissen.
    »Weiß ich nicht.«
    Im Reich der Toten sind eh alle gleich, deshalb beschloß ich, die Höflichkeitsfloskeln jetzt mal beiseite zu lassen, und fragte: »Bist du sicher, daß es stimmt, oder ist es nur ein Gerücht?«
    Das »du« schien ihn nicht zu stören.
    »Ich bin sicher. Ich war oben am Rande der Fälle mit Zerika und habe ein paar der ansässigen Banditen zurückgeschlagen, als sie sich an den Abstieg machte.
    Wenn die Zauberkraft funktioniert hätte, dann hätte ich sie auch benutzt.«
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    »Banditen?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Na, zauberhaft.«
    »Im Moment sehe ich keine.«
    »Toll. Naja, wenn sie kommen, vielleicht erkennen sie dich dann und lassen uns in Ruhe.«
    »Von denen wird keiner mehr kommen«, meinte
    Morrolan.
    »Verstehe.«
    »Heute sind es weit weniger als während des
    Interregnums, Vlad. Ich würde mir keine Sorgen machen.
    Die Zeiten damals waren wilder.«
    »Wünschst du sie dir zurück?« wollte ich wissen.
    »Manchmal.«
    Ich sah mich weiter um und bemerkte in der Ferne ein paar kreisende Jheregs. »Loiosh, hast du die Jheregs gesehen?« fragte ich ihn.
    Er antwortete: »Hab ich.« Dabei versteckte er sich immer noch unter meinem Umhang.
    »Was ist denn, Kumpel?«
    »Boß, hast du die gesehen?«
    Ich blickte wieder auf, konnte aber das Problem nicht nachvollziehen, bis einer von ihnen auf einer Klippe hoch über uns landete. Da erkannte ich plötzlich den Maßstab.
    »Beim Phönix, Loiosh! Die sind ja größer als ich.«
    »Ich weiß.«
    »Das glaube ich ja nicht. Guck dir die mal an!«
    »Nein.«
    Langsam stand ich auf, hängte den Beutel um und nickte Morrolan zu. Eine Weile mußten wir den Abhang noch hinaufklettern, dann wurde die Steigung allmählich 146
    geringer. Der Ausblick war grandios, aber Loiosh interessierte sich nicht dafür. Von Zeit zu Zeit kamen uns die gewaltigen Jheregs so nahe, daß sogar ich es mit der Angst bekam, also machte ich ihm keinen Vorwurf. Noch eine Stunde später trafen wir auf einen breiten, schnellfließenden Wasserstrahl, der aus einer steilen Wand kam, die wir nicht mehr erkletterten.
    Morrolan führte uns das strömende Rinnsal entlang, und nach einigen Stunden war daraus ein kleiner Fluß geworden. Als die Dunkelheit einbrach, war es ein großer, und wir suchten uns eine Lagerstätte.
    Während wir uns für die Nacht bereitmachten, fragte ich ihn: »Morrolan, hat dieser Fluß auch einen Namen?«
    »Der Blutfluß«, antwortete er.
    »Dachte ich mir«, sagte ich und schlummerte ein.
    Nachdem wir am nächsten Morgen eine Stunde oder so am Ufer entlanggegangen waren, standen wir an den Fällen der Toten.
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    Vermutlich hätte ich mit ein bißchen mehr Zeit einen Gesang entwerfen können, aber darin bin ich nicht so gut. Es gab sowieso keine Gelegenheit. Loiosh verlieh mir Kraft, die in die Beschwörung floß und noch mehr Spannung erzeugte. Der Rhythmus wurde lauter, und plötzlich flackerte die Kerze vor mir.
    Beängstigend.
    Ich konzentrierte mich auf sie und verwandelte das Flackern in einen Funkenregen, der in einer Kugel aus glimmendem Nichts explodierte. Dann brachte ich es wieder zusammen und umgab die Kerzenflamme mit einem Regenbogen. Ich brauchte Loiosh nicht zu bitten, ob er die Kontrolle übernehmen würde; ich wollte es so, und er tat es.
    Mein Atem beruhigte sich; ich spürte, wie meine Augen schmaler wurden. Jetzt war ich entspannt, locker und mittendrin, nicht mehr nur am Rande. Das war nur ein Abschnitt, der vorübergehen würde, aber solange er andauerte, konnte ich ihn benutzen. Es war nun an der Zeit, die Verbindung zwischen

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