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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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ihm stellte, von sich aus jedoch gab er nichts preis.
    »Du hattest große Angst, nicht wahr?«, wagte sie schließlich. »Vor deiner Mutter und dem Dämon, meine ich.«
    Er zappelte mit den Füßen und zeichnete mit den Schuhspitzen zwei Bogen in den Staub.
    »Vermisst du deine Mutter?«
    Tobin schaute nicht auf, aber ein Ruck durchzuckte ihre Verbindung, und sie erhaschte ein Bild Arianis, wie Tobin sie an jenem schrecklichen letzten Tag gesehen haben musste, so deutlich, als stünde Iya mit den beiden in der Turmkammer. Also war es blankes Entsetzen gewesen, dass die Prinzessin hinauf in den Turm getrieben hatte, nicht der Hass auf das Kind. Doch mit dem Bild kam noch etwas anderes; ein flüchtiges Aufflackern von etwas, das ebenfalls mit dem Turm zu tun hatte, etwas, das Tobin weiter aus seinem Geist geschoben hatte, als sie es bei einem so jungen Menschen für möglich gehalten hätte. Sie sah, wie er zum Turm hinaufblickte.
    »Warum hast du jetzt solche Angst davor?«, fragte sie.
    Tobin löste sich von ihr und faltete die Hände im Schoß, ohne sie anzusehen. »Das – das habe ich nicht.«
    »Du brauchst mich nicht zu belügen, Tobin. Du hast eine Heidenangst davor.«
    Tobin saß stumm wie eine Schildkröte da, aber ein Strom von Gefühlen baute sich hinter seinen störrischen, blauen Augen auf. »Mamas Geist ist dort«, stieß er letztlich hervor und wirkte erneut sonderbar verschämt. »Sie ist immer noch wütend.«
    »Es tut mir leid, dass sie so unglücklich war. Möchtest du mir sonst noch etwas über sie erzählen? Denn weißt du, das kannst du ruhig. Ich muss dir zwar wie eine Fremde erscheinen, aber ich diene deiner Familie seit vielen Jahren. Deinen Vater kenne ich schon sein ganzes Leben lang, und vor ihm kannte ich seine Mutter und seinen Großvater. Ich war ihnen eine gute Freundin. Auch dir möchte ich eine Freundin sein und dir dienen, so gut ich kann. Dasselbe gilt für Arkoniel. Hat er dir das gesagt?«
    »Nari hat es gesagt«, murmelte Tobin.
    »Es war sein Einfall, hierher zu kommen und dein Lehrer zu werden. Und auch Ki war seine Idee. Er war besorgt darüber, dass du dich einsam ohne Freunde in deinem Alter fühlen könntest. Außerdem hat er mir gesagt, dass du ihn nicht zu mögen scheinst.«
    Dies brachte ihr lediglich einen Seitenblick und weiteres Schweigen ein.
    »Hat dir der Dämon gesagt, dass du ihn nicht mögen darfst?«
    »Er ist kein Dämon. Er ist ein Geist«, entgegnete Tobin leise. »Und Euch mag er auch nicht. Deshalb hat er Euch vergangene Nacht verletzt.«
    »Ich verstehe.« Iya beschloss, etwas zu wagen, zumal sie in Sachen seines Vertrauens nichts zu verlieren hatte. »Hat Lhel gesagt, dass der Geist mich nicht mag?«
    Tobin schüttelte den Kopf, dann zuckte er zusammen und schaute erschrocken zu ihr auf. Sein Geheimnis war also enthüllt.
    »Hab keine Angst, Tobin. Ich weiß, dass sie hier ist. Arkoniel weiß es auch. Hat sie mit dir über uns gesprochen?«
    »Nein.«
    »Wie bist du ihr begegnet?«
    Tobin rutschte auf dem Hocker hin und her. »Im Wald, nachdem Mama gestorben war.«
    »Du bist alleine in den Wald gegangen?«
    Er nickte. »Werdet Ihr es verraten?«
    »Nicht, wenn du es nicht willst und mir die Wahrheit sagst. Warum bist du in den Wald gegangen, Tobin? Hat sie dich gerufen?«
    »In Träumen. Ich wusste nicht, dass sie es war. Ich dachte, es wäre Mama. Deshalb musste ich einfach nachsehen, und so habe ich mich eines Tages davongeschlichen. Ich habe mich verirrt, aber sie hat mich gefunden und mir geholfen, zurück nach Hause zu finden.«
    »Was hast sie sonst noch getan?«
    »Sie ließ mich ein Kaninchen halten und hat mir erklärt, wie ich Bruder rufen kann.«
    »Bruder?«
    Tobin seufzte. » Versprecht Ihr, nichts zu verraten?«
    »Ich will es versuchen, es sei denn, ich finde, dein Vater sollte es deiner Sicherheit halber wissen.«
    Zum ersten Mal sah Tobin sie unverwandt an, und der Ansatz eines Lächelns spielte um seine Lippen. »Ihr hättet lügen können, habt es aber nicht getan.«
    Einen Lidschlag lang fühlte sich Iya, als wäre sie ausgezogen worden. Hätte sie nicht bereits gewusst, dass keine Magie in ihm steckte, sie hätte danach gesucht. In dem Versuch, ihre Überraschung zu überspielen, erwiderte sie: »Ich ziehe es vor, ehrlich miteinander umzugehen.«
    »Lhel sagte, ich soll den Geist Bruder nennen. Sie meinte, man kann den Toten keinen Namen geben, wenn sie keinen hatten, bevor sie starben. Ist das wahr?«
    »Sie weiß über solche

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