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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Glücksbringer an einer Halskette.
    Doch trotz allem wahrte Rhius einen gewissen Abstand zu Ki, der den beiden Jungen etwas Unbehagen verursachte.
    An Tobins Namenstag bedachte Rhius auch Ki mit einem Satz neuer Kleider und einem prächtigen, stichelhaarigen Pferd namens Drache.
    Als Ki ihm dafür danken wollte, sagte Rhius nur: »Mein Sohn sollte gut umsorgt sein.«
    Der Junge verehrte Hauptmann Tharin bereits und war eindeutig bereit, Tobins Vater dieselbe Achtung entgegenzubringen; durch die Kühle des Mannes fühlte er sich verlegen und ein wenig linkisch.
    Auch Tobin erkannte dies und litt mit seinem Freund.
    Nur Arkoniel und Nari kannten den Grund für die Zurückhaltung des Herzogs, und beide konnten die Wahrheit nicht als Trost offenbaren. Selbst untereinander konnten sie die tödliche Möglichkeit nicht aussprechen, die an einem Spinnwebfaden über Kis jungem Herzen hing.
     
    Eines kalten, klaren Nachmittags ein paar Wochen später stand Arkoniel zusammen mit dem Herzog auf der Brustwehr, wo sie die Jungen beim Spielen auf der Weide unter ihnen beobachteten.
    Tobin versuchte gerade, Ki aufzuspüren, der verborgen in einer flachen Senke lag, umgeben von schneegesprenkeltem Gras und Unkraut. Irgendwie gelang es Ki zu verhindern, dass der weiße Nebel seines Atems aufstieg, doch letzten Endes verriet er sich, als sein Fuß gegen einen abgestorbenen Seidenpflanzenhalm stieß. Am Stiel hingen noch mehrere Hülsen, und als er sie erschütterte, brach der seidige, weiße Samen daraus hervor und stob auf wie Rauchzeichen auf einem Schlachtfeld.
    Rhius kicherte. »Ah, damit ist er erledigt.«
    Tobin sah es und rannte hinüber, um sich auf seinen Freund zu stürzen. Das daraus entstehende Gerangel ließ eine weitere dichte Wolke von Seidenpflanzenflusen aufsteigen. »Beim Licht, dieser Ki ist ein Gottesgeschenk.«
    »Ich glaube, das ist er«, pflichtete Arkoniel ihm bei. »Es ist erstaunlich, wie innig sich die beiden angefreundet haben.«
    Auf den ersten Blick hätten die beiden Jungen kaum unterschiedlicher sein können. Tobin blieb, wie es ihm angeboren war, ruhig und ernst; der verwegene Ki hingegen konnte unmöglich mehrere Minuten am Stück still sitzen oder den Mund halten. Für ihn schien Reden so wichtig wie Atmen. Er sprach immer noch wie ein Bauer und konnte derb wie ein Kesselflicker sein. Nari hätte ihm bereits ein Dutzend Mal die Gerte zu spüren gegeben, wenn Tobin sie nicht stets um Milde angefleht hätte. Doch das Wesentliche dessen, was er sagte, war zumeist klug, wenngleich ungelehrt, und stets unterhaltsam, wenngleich nicht immer schicklich.
    Und obwohl Tobin noch nicht versucht hatte, Kis wildes Wesen nachzuahmen, erkannte Arkoniel doch, dass er darin schwelgte. In Kis Gegenwart strahlte er wie der Vollmond und erfreute sich mit Verzückung an den Geschichten des älteren Jungen über dessen große und bunte Familie. Und nicht nur Tobin liebte diese Erzählungen. Wenn sich die Angehörigen des Haushalts abends um das Feuer versammelten, bot Ki oft die Hauptunterhaltung und brachte binnen kürzester Zeit alle dazu, sich vor Lachen die Seiten zu halten, wenn er die Eigenheiten und Missgeschicke seiner verschiedenen Geschwister beschrieb.
    Zudem hatte er einen üppigen Vorrat verdrehter Fabeln und Mythen auf Lager, die er am Kamin seines Vaters gehört hatte; Geschichten über sprechende Tiere und Geister und versponnene Königreiche, in denen die Menschen zwei Köpfe besaßen und Vögel goldene Federn verloren, mit Kanten so scharf, dass sie die Finger der Habgierigen abschnitten.
    Arkoniel bemühte sich, Iyas Rat zu befolgen und ließ reich bebilderte Ausgaben der vertrauteren Erzählungen besorgen, weil er hoffte, die Jungen damit für ihren Leseunterricht zu begeistern. Tobin hatte immer noch Mühe mit den Buchstaben, und dabei war Ki keine große Hilfe. Der ältere Junge verwehrte sich derlei Unterricht auf die stolze, rückständige Weise eines Landadeligen, der seinen eigenen Namen noch nie geschrieben gesehen hatte und auch keinen Wert darauf legte. Arkoniel schalt die beiden nicht; stattdessen ließ er ein oder zwei Bücher mit besonders ansprechenden Bildern offen und vertraute darauf, dass die Neugier seine Arbeit für ihn tat. Erst unlängst hatte er Ki dabei ertappt, wie er über Gramains Bestiarium gebrütet hatte. Tobin hatte indes unauffällig mit dem Lesen der Geschichte seiner berühmten Ahnin begonnen, Ghërilain, der Ersten – ein Geschenk seines Vaters.
    Wenn es um Magie ging,

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