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Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling

Titel: Tamir Triad 01 - Der verwunschene Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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wenigstens einem Lächeln, Tobin hingegen schien sich zurückzuziehen, ohne auch nur eine Miene zu verziehen.
    Ich hatte Recht, dachte Arkoniel, als er in jene dunklen Augen sah. Hier stimmt etwas ganz und gar nicht.
    Er versuchte aufzustehen und stellte fest, dass seine Beine und sein Kopf dabei nicht mitarbeiten wollten.
    »Köchins Trank ist noch nicht mit dir fertig«, sagte Nari und drückte ihn zurück auf die Bank. »Herr, er muss sich irgendwo hinlegen, aber keines der Gästegemächer ist dafür hergerichtet.«
    »Eine Pritsche hier am Feuer ist alles, was ich brauche«, murmelte Arkoniel, dem wieder übel wurde. Trotz des Branntweins, der in seinem Bauch loderte, und der Wärme des Tages, fror er am ganzen Leib.
    »Wir könnten ein Bett in Tobins zweitem Zimmer aufstellen«, schlug Mynir vor und ging auf Arkoniels Vorschlag gar nicht ein. »Dafür brauchte er nicht viele Stufen steigen.«
    »Na schön«, erwiderte Rhius. »Lass ein paar der Männer holen, was immer du für nötig hältst.«
    Arkoniel sackte gegen den Tisch zusammen und wünschte, man hätte ihn einfach hier am Kamin schlafen lassen, wo er sich hätte wärmen können. Die Frauen gingen los, um Bettlaken zu holen. Tobin begleitete Tharin und den Verwalter hinaus, sodass der Zauberer mit Rhius allein zurückblieb.
    Eine Weile schwiegen beide Männer.
    »Der Dämon hat mein Pferd erschreckt«, verriet Arkoniel schließlich. »Ich habe ihn deutlich neben der Straße am Fuß der Weide gesehen.«
    Rhius zuckte mit den Schultern. »Er ist jetzt gerade hier bei uns. Du hast Gänsehaut an den Armen. Du spürst ihn auch.«
    Arkoniel schauderte. »Ja, ich spüre ihn, aber auf der Weide konnte ich ihn so deutlich sehen wie jetzt Euch. Tobin ähnelt ihm wie ein Ei dem anderen.«
    Rhius schüttelte den Kopf. »Niemand hat ihn je gesehen, außer vielleicht …«
    »Tobin?«
    »Bei den Vieren, nein!« Rhius vollführte ein Zeichen gegen Unheil. »Wenigstens das wurde ihm erspart. Aber ich glaube, Ariani konnte ihn sehen. Sie hat eine Puppe als Ersatz für das tote Kind angefertigt, und manchmal sprach sie damit, als wäre sie echt. Allerdings hatte ich oft das Gefühl, dass es nicht die Puppe war, die sie sah. Weiß Illior, ihrem lebendigen Kind hat sie außer zum Ende hin herzlich wenig Aufmerksamkeit geschenkt.«
    Wieder setzte sich ein Kloß in Arkoniels Hals fest. »Herr, Worte vermögen nicht auszudrücken, wie sehr ich …«
    Rhius ließ eine Hand auf den Tisch niedersausen, dann beugte er sich vor und knurrte: » Wag es nicht, um sie zu weinen! Du hast kein Recht dazu, genauso wenig wie ich!« Damit rappelte er sich auf die Beine, stapfte aus dem Raum und ließ den erschrockenen Zauberer allein in einer von dem Dämon heimgesuchten Küche zurück.
    Frost umfing ihn, und Arkoniel war sicher, die kalten Hände eines Kindes im Genick zu spüren. Als er an die tote Spitzmaus denken musste, flüsterte er: »Bei den Vieren – beim Erschaffer, beim Reisender, bei der Flamme und beim Lichtträger – ich befehle dir, begib dich zur Ruhe, Geist, bis Bilairy dich zum Tor geleitet!«
    Die Kälte um ihn verstärkte sich, und der helle Raum verfinsterte sich, als hätte sich eine Gewitterwolke vor die Sonne geschoben. Ein großer Tontopf flog von einem Regal und zerbarst an der gegenüberliegenden Wand, verfehlte nur knapp Arkoniels Schulter. Darauf folgte ein Korb mit Zwiebeln, dann eine Holzschale mit Teig und ein Teller. Arkoniel vergaß das gebrochene Handgelenk und kroch hastig unter den Tisch.
    Wenige Schritte entfernt schleifte ein Eisenschürhaken über den Steinboden in seine Richtung. Arkoniel wollte in Richtung der Tür die Flucht ergreifen, verlagerte dabei jedoch das Gewicht auf das verletzte Handgelenkt und brach mit einem erstickten Schrei zusammen, die Augen vor Qualen fest zugepresst.
    »Nein!« Die hohe, klare Stimme eines Jungen.
    Der Schürhaken fiel klirrend zu Boden.
    Arkoniel hörte Geflüster und Schritte. Als er die Augen öffnete, erblickte er Tobin, der neben ihm kniete. Die Kälte war verschwunden.
    »Er mag Euch nicht«, sagte Tobin.
    »Ja, das glaube ich auch«, keuchte Arkoniel, der sich vorerst damit begnügte, liegen zu bleiben. »Ist er weg?«
    Tobin nickte.
    »Hast du ihn fortgeschickt?«
    Tobin bedachte ihn mit einem erschrockenen Blick und erwiderte nichts. In wenigen Monaten stand sein zehnter Geburtstag bevor, doch als Arkoniel jenes Gesicht betrachtete, hätte er ihm kein Alter beizumessen vermocht. Tobin wirkte

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