Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin

Titel: Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
aber an Wissen vermochte niemand, ihm das Wasser zu reichen. Sogar Solari warf einen zweiten Blick auf das Gefäß. Kurz sah Tobin das Gesicht seines Schutzherrn in der gekrümmten, goldenen Oberfläche, verzerrt zu einer gelblichen, gierigen Maske. Er schaute den Herzog an und fühlte dieselbe unbehagliche Kälte wie an dem Tag, als Bruder seine Anschuldigung geflüstert hatte. Aber Solari wirkte unverändert und schien aufrichtig erfreut darüber, Tobin sein Erbe zu zeigen.
     
    Trotz seiner königlichen Pflichten nahm sich Erius Zeit zum Jagen, zum Falknern und für Besuche bei Pferdezüchtern mit den Jungen. Jeden Abend hatte er sie an seinem Tisch. Tobin rang weiterhin mit seinem Herzen. Je mehr er von seinem Onkel kennen lernte, desto weniger erschien er ihm wie ein Ungeheuer. Er scherzte und sang mit ihnen und bedachte sie großzügig mit Geschenken und nach den Jagdausflügen mit Belohnungen.
    Jeden Abend gab es ein Festmahl – Tobin konnte sich gar nicht vorstellen, woher so viele Lebensmittel und Getränke stammten. Täglich rumpelten Reihen von Wagen zum Schloss herauf, und Solari musste Mannschaften losschicken, um die Straßen instand zu setzen. Er nahm die Jungen mit, um den Fortschritt der Arbeiten zu beobachten. Die Wege waren noch aufgeweicht von den Frühlingsregen, deshalb verlegten die Soldaten Holzblöcke quer darüber, trieben Pfähle in die Erde, um sie dicht beisammen zu halten, und sandten anschließend mit Steinen beladene Karren darüber, um sie festzupressen.
    Jeder Tag schien eine neue Zerstreuung zu bringen, und allmählich gewöhnte sich Tobin an die Vorstellung, dass dieses prächtige Schloss sowie dessen Reichtümer und Ländereien allesamt ihm gehörten. Oder ihm zumindest eines Tages gehören würden.
    Die Hofgeschäfte fand Tobin durchaus kurzweilig, dennoch fühlte er sich am wohlsten dabei, Harkone in dessen Zimmer zu besuchen oder sich auf den riesigen Kasernenhöfen des Schlosses unter die Soldaten zu mischen, wo er stets herzlich willkommen war.
     
    Schwertlilien und Sauerampfer wuchsen hoch in den Gräben, Fohlen und Frühlingslämmer tollten auf den Feldern umher, als der Tross des Königs am Ende der zwei Wochen gen Ero aufbrach.
    Korin und die Gefährten ritten eine Weile beim König und unterhielten sich über das Falknern und die besten Jagden, die sie gehabt hatten. Aber Erius' Gedanken weilten bereits in der Stadt, und bald führte er im Sattel Geschäfte, indem er Gesuchen lauschte, die ihm von berittenen Schreibern vorgelesen wurden. Gelangweilt fielen die Jungen zurück und überließen ihn seinen Pflichten.
    Jemand in den Rängen stimmte eine Ballade an, und kurz darauf fiel die gesamte Kolonne darin mit ein. Es war ein altes Lied aus der Zeit des Großen Krieges und berichtete von einem General, der beim Sieg über die plenimarischen Totenbeschwörer gestorben war. Nach dem Ende des Gesangs wandten sich die Gespräche dunkler Magie zu. Keiner der Jungen wusste wirklich etwas über derlei Dinge, aber sie alle hatten Schauergeschichten darüber gehört, die sie emsig zum Besten gaben.
    »Mein Vater hat mir eine Geschichte erzählt, die über all meine Großväter weitergereicht wurde«, sagte Alben. »Einer unserer Ahnen führte eine Streitkraft gegen eine Totenbeschwörerburg auf einer Insel nahe Kouros an. Die Festung war ringsum mit den Leichnamen skalanischer Krieger umzäunt, an Pfähle genagelt wie Vogelscheuchen. In der Burg waren alle Bücher mit Menschenhaut gebunden. Auch die Schuhe und Gürtel der Diener bestanden daraus, und als Trinkbecher dienten Totenschädel. Wir haben einen davon in der Hausschatzkammer. Vater meint, wir hätten jeden Totenbeschwörer auslöschen sollen, als wir die Gelegenheit dazu hatten.«
    Niryn hatten sie den ganzen Vormittag nicht gesehen, doch plötzlich war er da und ritt neben Korin. »Euer Vater spricht weise, Fürst Alben. Die Totenbeschwörerei ist in Plenimar tief verwurzelt und erstarkt derzeit wieder. Der dunkle Gott der Plenimarer verlangt in seinen Tempeln unschuldiges Blut und Fleisch. Die Priester gestalten die Opferungen zu einem Festmahl, und ihre Zauberer verwenden die Leichname wie Rinderkadaver, genau, wie Ihr sagt. Ihre widerwärtigen Gebräuche haben sogar auf unsere Gestade übergegriffen, und manche, die sich in die Gewänder der Vier kleiden, üben heimlich die roten Künste aus. Verräter sind das, jeder Einzelne von ihnen. Ihr Jungen müsst wachsam sein; ihr Einfluss gleicht einem Geschwür im Herzen

Weitere Kostenlose Bücher