Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
dabei jedoch ungewöhnlich still und verkniffen.
»Hast du diese Kalar gekannt?«, erkundigte sich Tobin.
Molay seufzte, als er eine zu Boden geworfene Jacke in den Wandschrank hängte. »Ja, mein Prinz. Jeder hat sie gekannt.«
»Was ist geschehen?«
Der Mann zog einige Socken unter Tobins Arbeitsbank hervor und schüttelte die Wachsflocken und Metallspäne davon ab. »Sie ist gestorben, Herr.«
»Das wissen wir«, sagte Ki. »Was ist ihr widerfahren? Es war doch nicht die Pest, oder?«
»Nein, dem Licht sei Dank. Offenbar war sie in anderen Umständen und hatte vergangene Nacht eine Fehlgeburt. Vorhin wurde verlautbart, dass sie nicht überlebt hat.« Einen Lidschlag lang zerbrach die vorsichtige Sachlichkeit des Mannes, und er wischte sich über die Augen. »Sie war kaum mehr als ein Mädchen!«, stieß er mit leiser, zorniger Stimme hervor.
»Das ist doch nicht ungewöhnlich, frühzeitig ein Kind zu verlieren, besonders nicht, wenn es das Erste ist«, meinte Ki, nachdem Molay gegangen war. »Nur überleben es die meisten Frauen.«
Es dauerte mehrere Tage, bis der Klatsch der Dienerschaft in den Speisesaal der Gefährten vordrang. Gerüchten zufolge war das Kind von Korin gewesen.
Korin nahm die Neuigkeit gelassen auf; schließlich war es nur ein Bastard gewesen, obendrein der Balg einer Bediensteten. Die rothaarige Fürstin Aliya, der seit einiger Zeit sein Hauptaugenmerk galt, war die Einzige, die sich über die Kunde zu freuen schien.
Das Mädchen wurde bald vergessen, zumal sich die Jungen mit einer anderen unerfreulichen Entwicklung auseinandersetzen mussten, die sie mehr betraf. Moriel war nicht nur irgendwie ins Gefolge des Königs aufgenommen worden, er galt bereits als Liebkind.
Korin zeigte sich ebenso wenig erfreut über diese unerwartete Ergänzung des Haushalts seines Vaters wie Tobin. Soweit es sich beurteilen ließ, hatte die Beförderung die Manieren der Kröte nicht verbessert, doch der König hatte sich völlig in ihn vernarrt. Moriel war mittlerweile ein großer, blasser, hochmütiger Junge von fünfzehn Jahren und scharwenzelte allzeit bereit und stets unterwürfig dicht um den König herum.
Auch in den Alten Palast führten seine neuen Pflichten ihn häufig, wenngleich man dort zuvor selten königliche Kammerdiener zu sehen bekommen hatte. Es gab immer eine Botschaft zu überbringen oder irgendeinen Gegenstand, den der König aus einem der alten Flügel brauchte. Tobin beschlich der Eindruck, dass die Kröte jedes Mal, wenn er sich umdrehte, gerade um eine Ecke verschwand oder sich bei Mago und ihren Freunden unter den Knappen herumtrieb. Insofern hatte Moriel doch noch seinen Willen bekommen, obschon auf mittelbare Weise.
Korin verabscheute ihn mehr als jeden anderen. »Er verbringt mehr Zeit in den Gemächern meines Vaters als ich«, knurrte er. »Jedes Mal, wenn ich hinkomme, ist er schon dort, grinsend und schwanzwedelnd. Und unlängst, als Vater außer Hörweite war, hat er mich beim Vornamen gerufen!«
Einige Wochen später spitze sich die Lage zwischen den beiden Jungen zu. Tobin und Korin begaben sich zu den Gemächern des Königs, um Erius zur Jagd einzuladen, doch ihnen wurde der Weg von Moriel versperrt. Statt sich vor ihnen zu verneigen und sie hineinzulassen, trat er heraus und schloss die Tür hinter sich.
»Geh und sag meinem Vater, dass ich ihn sehen möchte«, befahl Korin gereizt.
»Der König wünscht, nicht gestört zu werden, Hoheit«, entgegnete Moriel mit einem Tonfall, der an Unverschämtheit grenzte.
Tobin beobachtete, wie sein Vetter den anderen Jungen abwägend musterte. Er hatte Korin noch nie richtig wütend erlebt, nun jedoch schon.
»Du kündigst mich unverzüglich an«, sagte er in einem Tonfall, den zu missachten man nur als töricht bezeichnen konnte.
Zu Tobins Erstaunen schüttelte Moriel den Kopf. »Ich habe meine Befehle.«
Korin wartete einen Herzschlag lang, dann schlug er Moriel so heftig mit dem Handrücken über das Gesicht, dass die Kröte ausgestreckt zu Boden fiel und mehrere Schritte weit über den polierten Marmor rutschte. Blut tropfte ihm aus der Nase und einer aufgeplatzten Lippe.
Korin beugte sich über ihn; mittlerweile zitterte er vor Wut. »Wenn du es je wieder wagst, in einem solchen Ton mit mir zu sprechen – wenn du es verabsäumst, einem Befehl zu gehorchen, oder vergisst, mich standesgemäß anzureden, dann lasse ich dich auf dem Verräterhügel pfählen.«
Damit riss er die Tür seines Vaters auf und schritt
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