Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
Wythnir noch nie betrachtet, doch nun, da Iya es ausgesprochen hatte, erkannte er, dass sie Recht hatte. »Ich werde mit Kaulin reden. Falls er einverstanden ist, würdest du unsere Zeugin sein?«
»Selbstverständlich, mein lieber Junge. Nur musst du es gleich morgen Früh erledigen.«
Arkoniels Laune sank. »Du brichst schon so bald auf?«
Sie nickte. »Es gibt noch viel zu tun.«
Dem konnte Arkoniel nicht widersprechen. Schweigend tranken sie ihren Wein zu Ende.
Zu Arkoniels Erleichterung hatte Kaulin nichts dagegen einzuwenden, seine Bande mit Wythnir an ihn zu übergeben, erst recht nicht, da Arkoniel ihm eine ansehnliche Entschädigung für seinen Verlust angeboten hatte. Wythnir sagte zwar nichts, wirkte jedoch glücklich, als Iya mit einer Seidenkordel seine Hand an jene Arkoniels band und den Segen sprach.
»Wirst du deinem neuen Meister den Eid der Zauberer schwören, Kind?«, fragte Iya ihn.
»Das werde ich, wenn Ihr mir verratet, wie er lautet«, erwiderte Wythnir mit großen Augen.
»Ich schätze, den werde ich mir auch nie merken«, murmelte Kaulin.
Iya schleuderte ihm einen abschätzigen Blick zu, dann sagte sie freundlich zu dem Kind: »Du schwörst zunächst bei Illior Lichtträger. Dann schwörst du bei deinen Händen, deinem Herzen und deinen Augen, dass du deinem Meister stets gehorchen und danach trachten wirst, ihm bestmöglich zu dienen.«
»Ich schwöre es«, stieß Wythnir beflissen hervor und berührte sich so an der Stirn und an der Brust, wie sie es ihm zeigte. »Bei … bei Illior, und bei meinen Händen, meinem Herzen und …«
»Augen«, half Arkoniel ihm leise weiter.
»… und bei meinen Augen«, beendete Wythnir stolz den Eid. »Danke, Meister Arkoniel.«
Arkoniel wurde von einer Woge von Gefühlsregungen überrascht. Es war das erste Mal, dass ihn das Kind beim Namen genannt hatte. »Und ich schwöre bei Illior, bei meinen Händen, meinem Herzen und meinen Augen, dass ich dich alles lehren werde, was ich weiß, und dass ich dich beschützen werde, bis du zu voller Macht herangewachsen bist.« Er lächelte auf den Jungen hinab und erinnerte sich daran zurück, wie Iya dieselben Worte zu ihm gesprochen hatte. Sie hatte Wort gehalten, und er gedachte, dasselbe zu tun.
Wie immer bedauerte Arkoniel, dass Iya später an diesem Tag fortritt, aber nun, mit so vielen Menschen unter dem Dach, wirkte die Feste wie ein anderes Haus. Sie mochten mit der Gabe geboren sein, trotzdem waren sie alle noch Kinder und tollten durch die Gänge und über die Weide wie die Bälger von Bauern. Kaulin grummelte über den Lärm, aber Arkoniel und die Frauen freuten sich über das neue Gefühl von Leben, das sie dem alten Gemäuer einhauchten.
Allerdings warf ihre Anwesenheit auch neue Probleme auf, wie er bald feststellte. Zum einen waren sie wesentlich schwieriger zu verstecken als der stille kleine Wythnir. An den Händlertagen musste er sie allesamt mit Eyoli und Kaulin als Aufpassern in den Wald verscheuchen.
Die anderen Kinder schlossen sich Wythnir bei dessen Unterricht an, und so erkannte Arkoniel, dass er nicht nur einen Lehrling, sondern eine ganze Schule hatte. Zum Glück fiel Wythnirs Scheu durch die anderen von ihm ab, und Arkoniel beobachtete verzückt, dass er nach und nach wie ein gewöhnliches Kind zu spielen begann.
Auch die hübsche Ethni bildete eine willkommene Ergänzung des Haushalts, allerdings auch eine lästige. Sie liebäugelte bei jeder Begegnung mit Arkoniel. Er fühlte sich geschmeichelt, zugleich jedoch betrübt. Sie mochte doppelt so alt wie Wythnir sein, besaß aber nicht einmal die Hälfte seiner Begabung. Trotzdem ermutigte er sie und lobte sie für jeden noch so kleinen Fortschritt. Wie sie ihn dabei anlächelte, empfand er als recht angenehm.
Lhel erkannte die wahre Natur seiner Gefühle für das Mädchen noch vor ihm selbst und machte ihn beim ersten Mal darauf aufmerksam, als er sie nach dem Eintreffen der anderen besuchte.
Sie kicherte, als sie einander in dem Eichenheim entkleideten. »Ich sehe ein Paar hübscher blauer Augen in deinem Herzen.«
»Sie ist bloß ein Mädchen«, gab Arkoniel zurück und fragte sich, in welcher Form sich die Eifersucht einer Hexe niederschlagen mochte.
»Du weißt so gut wie ich, dass das nicht stimmt.«
»Du hast mich wieder bespitzelt!«
Sie lachte. »Wie könnte ich dich sonst beschützen?«
Ihre Vereinigung an jenem Tag war so leidenschaftlich wie eh und je, doch danach ertappte er sich dabei, dass
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