Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
auf der Lichtung. Auf die Toten waren bereits Fliegen aufmerksam geworden. Einige der Gardisten hatten Verletzungen, allerdings allesamt geringfügig. Koni versorgte sie, während Tharin und die anderen den Wald nach fehlenden Pferden absuchten, indem sie pfiffen und mit den Zungen schnalzten. Die Gefährten und Kis Brüder hielten für den Fall Wache, dass sich die Banditen neu formierten und zu einem zweiten Angriff zurückkehrten.
Während Ki bei Tobin stand, warf er einen verstohlenen Blick auf das blasse, ernste Antlitz seines Freundes und seufzte. Er hätte es nie zugegeben, aber insgeheim empfand er ein wenig Erleichterung darüber, auf der Lichtung zu bleiben. Für einen Tag hatte er genug vom Töten. So stolz er darauf war, für Tobin gekämpft zu haben, Vergnügen hatte es ihm nicht bereitet. Es war keineswegs so gewesen, wie es in Balladen geschildert wurde, bloß etwas, das getan werden musste, als entfernte man Rüsselkäfer aus einem Mehlfass. Vielleicht würde es gegen richtige Soldaten anders sein.
Und der Anblick der Männer, die er gekannt hatte und die tot auf dem Boden gelegen hatten? Der arme Lutha, der Blut hustete? Auch davon berichteten die Balladen nicht. Schuldbewusst fragte sich Ki, ob etwas mit ihm nicht stimmte.
Wenn Bruder nicht gewesen wäre, würde noch viel mehr als das nicht stimmen. Er musste heftig schlucken, um nicht zu würgen. Zuvor hatte er sich nicht gestattet, darüber nachzudenken, doch nun, da alles so still war, konnte er es nicht vermeiden. Er hatte den auf Tobin zustürzenden Schwertkämpfer von hinten gesehen und versucht, zu ihm zu gelangen, aber zwei andere hatten ihm den Weg versperrt. Als er an ihnen vorbeihuschen wollte, war er gestolpert und gefallen. Ohne Bruder wäre es zu spät gewesen, als er sich wieder aufgerappelt hatte.
Auch Tobin hatte Bruder gesehen und wusste, dass es nicht Ki gewesen war, der ihn im entscheidenden Augenblick gerettet hatte. Ki hatte etwas getan, was ein Knappe unter allen Umständen vermeiden musste: Er hatte zugelassen, dass er in einem hitzigen Gefecht von seinem Herrn getrennt worden war.
Verhielt sich Tobin deshalb so still?
Letztlich kehrte auch Quirion zurück und tischte ihnen eine Geschichte darüber auf, dass er Pferdediebe vertrieben hätte, aber alle bemerkten, dass seine Klinge unbefleckt war und er niemandem in die Augen sehen konnte. Er setzte sich neben Arius' Leichnam, zog sich den Umhang über den Kopf und weinte leise.
Wenigstens bin ich nicht weggerannt, dachte Ki.
Nach etwa einer Stunde stimmte Dimias von seinem Posten auf einem hohen, den Pfad überblickenden Baum aus einen Schrei an.
»Weitere Banditen?«, rief Tobin zu ihm hinauf und zog das Schwert.
»Nein, unsre Leute. Und sie kommen langsam.« Missmutig sackte Dimias gegen den Baumstamm zurück. »Schätze, sie haben uns nich' gebraucht.«
Korin geriet mit Ahra und Porion in Sicht. Die anderen stimmten Jubel an, aber ein Blick auf Ahra verriet Ki, dass etwas nicht stimmte. Etwas an Korin wirkte eigenartig, trotz der verkrusteten Kriegermale auf seinen Wangen.
»Was ist geschehen?«, verlangte Nikides zu erfahren.
»Wir haben sie erwischt«, antwortete Korin, doch obwohl er grinste, sprach aus seinen Augen, dass etwas falsch gelaufen war. Auch die anderen Gefährten waren blutig und prahlten, aber Ki hätte schwören können, dass einige von ihnen hinter Korins Rücken verstohlen merkwürdige Blicke auf ihn warfen. Caliel trug den rechten Arm in einer Schlinge, und Tanil ritt hinter Luchs auf dessen Pferd und sah blass aus.
Ki versuchte, Porions Gesichtsausdruck zu deuten, doch der alte Krieger warf ihm einen warnenden Blick zu, ehe er brüllte: »Prinz Korin hat seine Feuertaufe bestanden. Vom heutigen Tage an ist er ein Krieger!«
Danach ertönte weiterer Jubel. Alle wiesen die begehrten Kriegermale auf, ausgenommen Quirion, der sich schniefend davonschlich. Caliels Knappe Mylirin war von einem Pfeil an der Schulter getroffen worden, aber sein Kettenpanzer hatte die Spitze aufgehalten, sodass er nur einen hässlichen, aufgeschürften Bluterguss davongetragen hatte. Zusthra stellte stolz einen Schwertschnitt auf der linken Wange zur Schau, und Chylnir hinkte. Der Rest der Gefährten schien mehr oder weniger unversehrt. Die Gardisten und Ahras Reiter hatten weniger Glück gehabt. Mindestens ein Dutzend von ihnen trug mit Leichentüchern verhüllte Bündel, andere waren verwundet.
Auch die entführten Frauen hatten sie bei sich, zumindest
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