Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
willst. Vielleicht eine Rüstung mit Goldziselierung als Ersatz für deinen abgewetzten, alten Schildkrötenpanzer? Einen Wanderfalken oder ein neues Aurënfaie-Pferd? Ich weiß – ein Schwert! In der Hammerstraße gibt es einen neuen Schmied, wie du ihn noch nie gesehen hast …«
Tobin kaute bedächtig und ließ sich das Angebot durch den Kopf gehen. Er hegte kein Verlangen, sein Pferd oder sein Schwert auszutauschen – beides Geschenke von seinem Vater –, und seine alte Rüstung passte ihm noch, wenngleich sie allmählich ein bisschen eng wurde. Tatsache war, dass er seit seinem Eintreffen am Hof so viele Geschenke erhalten hatte, dass ihm außer einer einzigen Sache nichts einfiel, was er sich wünschte. Und er wagte nicht, Kis mögliche Verbannung hier anzusprechen. Er war nicht einmal sicher, ob es in der Macht seines Vetters stand, eine Entscheidung darüber zu treffen, und er wollte Ki auf keinen Fall vor den anderen in Verlegenheit bringen.
»Mir fällt nichts ein«, gestand er schließlich.
Darob folgte wohlmeinendes Johlen und Pfeifen, aber er hörte, wie Urmanis' Schwester Lilyan gehässig zu Aliya flüsterte: »Er muss wohl immer den schlichten Landadeligen spielen, was?«
»Vielleicht hätte der Prinz lieber eine andere Art von Geschenk«, schlug Tharin vor. »Eine Reise womöglich.«
Korin grinste. »Eine Reise? Also, das wäre ein Geschenk, an dem wir alle teilhaben könnten. Wohin möchtest du, Tobin? Nach Afra vielleicht? Oder nach Erind hinunter? Besseren Aal aus der Pfanne findest du nirgendwo, und den Freudenmädchen dort haftet der Ruf an, die besten in ganz Skala zu sein.«
Caliel schlang einen Arm um den Hals seines Freundes und versuchte, den betrunkenen Unsinn einzudämmen, den Korin redete. »Dafür ist er ein wenig jung, findest du nicht?«
Über Korins Schulter hinweg zwinkerte er Tobin mitfühlend zu. Caliel und Tanil waren die Einzigen, die Korin zu lenken vermochten, wenn er zu tief ins Glas geschaut hatte.
Verunsichert blickte Tobin zu Tharin. Der Krieger lächelte und hob eine Hand an die Brust, beinah so, als deutete er auf etwas.
Plötzlich begriff Tobin. Er berührte den Klumpen, den der Siegelring seines Vaters unter seinem Hemd bildete, und sagte: »Ich möchte mein Anwesen in Atyion sehen.«
»Nur so ein kurzes Stück?« Korin musterte ihn mit trüber Enttäuschung.
»Ich habe es noch nie gesehen«, erinnerte Tobin ihn.
»Nun denn, dann auf nach Atyion! Ich könnte ohnehin ein neues Pferd gebrauchen, und die Herden dort sind die besten diesseits des Osiat.«
Alle jubelten. Erfüllt von einem Hochgefühl ob seines kleinen Sieges gestattete sich Tobin einen ausgiebigen Schluck Wein. Fürst Orun hatte immer eine Ausrede gefunden, Tobin von der Reise abzuhalten. Aber zumindest bei dieser Angelegenheit würde Korin das letzte Wort haben.
»Na so was, na so was. Sieh an, wer zurück ist«, höhnte Mago, als Ki dabei half, die Reste für Ruans Almosenkorb einzusammeln.
»Ja, sieh an, wer da ist«, stimmte Arius, Magos Schatten und Echo, mit ein und rempelte Kis Arm. »Unser Wald- und Wiesenritter ist zu Hause. Ich habe gehört, Fürst Orun schäumt vor Wut über dich, weil du den Prinzen so davonlaufen hast lassen.«
»Meister Porion ist auch nicht allzu erfreut über dich«, fügte Mago hämisch hinzu. »Freust du dich schon darauf, erneut auf den Tempelstufen zu knien? Was denkst du, wie viele Peitschenhiebe wird er dir diesmal von deinem Prinzen geben lassen?«
Zur Antwort streckte Ki den Fuß aus und sandte Mago mitsamt dem Teller voll gebratenem Lamm, den er getragen hatte, ausgestreckt zu Boden.
»Bist du schon wieder über die eigenen Füße gestolpert?«, fragte Tanil im Vorbeigehen kichernd. »Mach das besser sauber, bevor Chylnir dich erwischt.«
Mago rappelte sich auf die Beine, das feine Hemd mit Fett verschmiert. »Du hältst dich wohl für ziemlich schlau, was?«, spie er Ki entgegen. Dann meinte er zu Tanil: »Wenn ich so tollpatschig bin, sollte vielleicht lieber Sir Kirothius meine Aufgabe übernehmen.« Damit stapfte er mit dem leeren Teller in Richtung der Küche los. Arius schleuderte Ki einen bedrohlichen Blick zu, als er hinter Mago hertrottete.
»Du brauchst dich meinetwegen nicht in Schwierigkeiten zu bringen«, murmelte Ki, während er die Reste aufsammelte. Er fühlte sich verlegen, weil Tanil die Schmähungen der anderen Jungen gehört hatte.
Aber die Augen des obersten Knappen funkelten vor unterdrücktem Gelächter. »Ist doch
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