Tamir Triad 02 - Die verborgene Kriegerin
nicht deine Schuld, wenn er sich nicht auf den Beinen halten kann, oder? Das war ein netter kleiner Kniff. Bringst du ihn mir bei?«
Es war nach Mitternacht, als Tharin und Caliel die Prinzen in ihre Schlafgemächer begleiteten. Korin war sturzbetrunken, und nach mehreren Versuchen, nicht auf die Nase zu fallen, hob Tharin den Prinzen hoch und trug ihn zu dessen Tür.
»Gutnacht, lieber Vetter. Lieber, süßer Vetter«, lallte Korin, als Tanil und Caliel ihn von Tharin übernahmen. »Süße Träume, wünsch ich, und willkommen daheim! Caliel, ich glaube, ich muss mich übergeben.«
Seine Freunde scheuchten ihn eilig ins Zimmer, aber nach den folgenden Geräuschen zu urteilen, gelang es ihnen nicht, ihn rechtzeitig zum Becken zu bringen.
Tharin schüttelte angewidert den Kopf.
»Er ist nicht immer so«, sagte Tobin, der seinen Vetter stets bereitwillig verteidigte.
»Zu oft für meinen Geschmack oder den seines Vaters, würde ich sagen«, knurrte Tharin.
»Für meinen auch«, murmelte Ki und hob den Riegel ihrer Tür an. Sie verfing sich an etwas, als er versuchte, sie zu öffnen. Von der anderen Seite ertönte ein Grunzen, als ihr Page Baldus sie weit aufschwang und Tobin voll verschlafener Freude angrinste. »Willkommen zu Hause, mein Prinz! Und Fürst Tharin, es ist schön, euch wiederzusehen.«
Kerzen brannten, und den Raum erfüllten die süßlichen, willkommenen Düfte von Bienenwachs und der Kiefern vor dem Balkon.
Baldus eilte los, um die schweren, schwarzen und goldenen Bettvorhänge aufzuziehen und die Überdecke für sie zurückzuschlagen. »Ich hole Euch eine Wärmepfanne, mein Prinz. Molay und ich waren so froh zu erfahren, dass Ihr endlich zurückkommt! Sir Ki, das Gepäck befindet sich im Ankleidezimmer. Wie immer habe ich das Auspacken Euch überlassen.« Er unterdrückte ein mächtiges Gähnen. »Oh, und da ist ein Brief von Eurem Vormund, Prinz Tobin. Ich glaube, Molay hat ihn auf den Schreibtisch gelegt.«
Also hat der alte Schwabbelbauch doch keine Zeit verloren, dachte Tobin, als er das gefaltete Pergament ergriff. Danach zu urteilen, dass Baldus überallhin schaute außer zu Ki, war die heikle Lage, in der sich sein Knappe befand, kein Geheimnis.
»Geh und schlaf in der Küche, dort ist es wärmer«, sagte Tobin zu dem Jungen, da er keine Zuhörerschaft wollte. »Und bestell Molay, dass ich ihn heute Nacht nicht brauche. Ich will nur noch schlafen gehen.«
Baldus verneigte sich und schleppte seine Pritsche mit sich hinaus.
Tobin wappnete sich, brach das Siegel und las die wenigen, kurzen Zeilen.
»Was steht drin?«, verlangte Ki leise zu erfahren.
»Nur, dass er mich morgen rufen lassen wird und ich alleine kommen soll.«
Tharin las das Schreiben selbst und setzte eine finstere Miene auf. »Alleine, wie? Klingt ganz so, als müsste der Schatzkanzler daran erinnert werden, mit wem er es zu tun hat. Ich werde eine Ehrengarde bereitstellen. Schick uns eine Nachricht, wann du uns brauchst.« Er klopfte beiden auf die Schulter. »Keine langen Gesichter, Jungs. Euch heute Nacht krank zu sorgen, hilft nichts. Seht zu, dass ihr schlaft, und was immer morgen geschieht, darum kümmern wir uns dann.«
Tobin wollte Tharins Rat beherzigen, doch weder er noch Ki wussten viel zu sagen, als sie sich fürs Bett vorbereiteten. Schweigend lagen sie eine Weile da und lauschten dem Knistern der im Kamin abkühlenden Glut.
Schließlich stupste Ki mit dem Fuß jenen Tobins und sprach ihrer beider Ängste aus. »Das könnte meine letzte Nacht hier sein.«
»Ich hoffe nicht«, flüsterte Tobin mit zugeschnürter Kehle.
Es schien lange zu dauern, bis Ki einschlief. Tobin lag noch still, bis er sicher war, dann glitt er aus dem Bett und begab sich mit einer Kerze in das Ankleidezimmer.
Ihre Reisebündel stapelten sich auf dem Boden. Tobin öffnete das seine, griff tief hinab und zog die Puppe hervor. Er wusste, dass er sie nicht zu berühren brauchte, um den Rufzauber zu wirken, aber er misstraute Bruder mittlerweile mehr denn je zuvor und wollte kein Wagnis eingehen.
Alleine in der Dunkelheit stellte er fest, dass er sich vor dem Geist fürchtete, mehr als vor der Zeit, seit Lhel ihm die Puppe gegeben hatte. Doch selbst das hielt ihn nicht davon ab, die Worte zu flüstern; Bruder kannte manchmal die Zukunft, und Tobin könnte nicht schlafen, ehe er ihn zumindest gefragt hätte.
Als Bruder erschien, hell wie eine Flamme in der düsteren, kleinen Kammer, haftete ihm nach wie vor dieses nur allzu
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