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Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Titel: Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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haben. Stürbe sie ohne Nachkommen, würde das Land von Chaos zerrissen, während gegnerische Gruppierungen danach trachten würden, eine neue Erbfolge zu errichten. Und dennoch … Wenn sie versuchte, sich vorzustellen, wie sie sich mit Ki – oder sonst jemandem, was das anging – vereinigte, beschlich sie ein überaus seltsames Gefühl.
    Selbstverständlich wusste sie, wie körperliche Liebe gemacht wurde. Es war Ki gewesen, der sie darüber aufgeklärt hatte, damals an jenem Tag auf der Weide mit seinen gegabelten Stockmännchen und seiner unverblümten Ausdrucksweise vom Land. Nun war ihr beinah danach zumute, ob dieses Spotts des Schicksals aufzulachen.
    Sie trank den Wein aus und spürte, wie sich seine Wärme in ihr ausbreitete. Dies und das Geräusch der Wellen unter ihrem Fenster lullten sie ein, und sie ließ die Gedanken treiben. Als sie gerade einzudösen begann, kam ihr etwas in den Sinn, das Lhel einst zu ihr gesagt hatte. Sie hatte von einer besonderen Macht im Körper einer Frau gesprochen, in der Ebbe und der Flut des Blutes, die dem Verlauf des Mondes folgten.
    Tamír hatte am Vortag wieder zu bluten begonnen und verbrachte seither einige Zeit täglich damit, über die unausweichliche Tyrannei von Stofflappen, Blut und fallweisen Krämpfen im Bauch zu fluchen. Es war ein weiterer grausamer Scherz des Schicksals, ähnlich jenen, dass sie sich hinkauern musste, um Wasser zu lassen. Doch Unas beiläufige Worte bargen Wahrheit. Hinter all dem steckte ein Zweck.
    Nichtsdestotrotz empfand sie den Gedanken an einen großen, runden Bauch, der die Vorderseite ihrer Gewänder wölbte, als zutiefst beunruhigend.
    Baldus regte sich auf seiner Pritsche und wimmerte leise im Schlaf. Tamír ging zu ihm und zog die Decke zu den Schultern des Jungen hoch, dann stand sie da und blickte auf sein schlummerndes Gesicht hinab, auf die so weichen und unschuldigen Züge. Unwillkürlich überlegte sie, wie es sein musste, ein eigenes Kind zu betrachten. Würde es ihre blauen Augen haben?
    Oder braune?
    »Verdammt!«, brummte sie und holte sich mehr Wein.
     
    Kis geliehenes Pferd scheute, als eine Bö der feuchten Brise eine Wolke beißenden Rauchs aus geschwärzten Grundmauern ein Stück innerhalb der Überreste des Nordtors aufwirbelte. Neben ihm zog Luchs die Zügel seines Tieres an und ließ unruhig den Blick über den dunklen Platz wandern, über den sie gerade ritten.
    »Sachte.« Ki streichelte seinem Pferd den Hals, um es zu beschwichtigen, dann rückte er das in Essig getränkte Tuch zurecht, das er sich über Mund und Nase gebunden hatte. Jeder, der sich in die Ruinen vorwagte, musst ein solches Tuch tragen, um sich gegen Krankheit zu schützen. Ki wusste, dass er ein sinnloses Wagnis einging, indem er hierher kam. Er behauptete, dabei zu helfen, Plünderer zu jagen, und er hatte auch schon einige getötet, aber in Wahrheit zog es ihn immer wieder her, weil er nach vertrauten Orten suchte. Wenn er allerdings auf sie stieß – auf Herbergen, Schauspielhäuser und Schänken, die sie mit Korin besucht hatten –, wurde die Pein in seinem Herzen nur schlimmer.
    Der Geruch des Essigs war unangenehm, aber allemal besser als der Gestank, der immer noch in den Straßen und Gassen lauerte. Der Moder von Körpersäften, verwesendem Fleisch und ausgebrannten Gebäuden vermengte sich mit dem nächtlichen Nebel zu einem erstickenden Dunst.
    Fast eine Stunde ritten sie vor sich hin, ohne einer anderen Menschenseele zu begegnen. Luchs behielt das Schwert gezogen, und über seiner Maske zuckten die Augen unablässig hin und her, hielten nach Gefahr Ausschau.
    Es lagen immer noch zu viele Leichen umher. Die wenigen verbliebenen Straßenreiniger schufteten Tag und Nacht, karrten die mittlerweile verfaulten Leiber zu den Verbrennungsstätten. Sie waren aufgedunsen und geschwärzt, und viele waren von hungrigen Hunden, Schweinen oder Raben übel zugerichtet worden. Kis Pferd scheute erneut, als eine riesige Ratte mit etwas im Maul vorbeihuschte, das wie eine Kinderhand aussah.
    Die Feuersbrünste hatten heftig gewütet, und sogar nach beinah zwei Wochen verblieben unter den Trümmern schwelende Glutherde, Todesfallen für Plünderer oder unglückselige Hausbesitzer, die zu retten versuchten, was sie konnten. Oben auf dem Palatin zeichnete sich zerklüftetes, schwarzes Steinwerk vor den Sternen ab und kennzeichnete, wo einst die großen Paläste und feinen Häuser gestanden hatten. Es war ein einsamer Ort, doch er passte zu Kis

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