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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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überschreitet. Er ist Erzprälat, nicht Kaiser. Die Kirche hat ohnedies bereits zu viel Autorität in weltlichen Dingen, und wenn Dolmant nicht gezügelt wird, sind die Monarchen Eosiens bald nur noch seine Vasallen. Tut mir leid, meine Herren. Ich bin zwar eine wahre Tochter der Kirche, aber ich werde mich vor Dolmant nicht auf die Knie werfen und eine Krönungszeremonie über mich ergehen lassen, die keinen anderen Zweck hat, als mich zu demütigen.«
    Sperber staunte insgeheim über die politische Reife seiner Gemahlin. Die Machtstruktur auf dem eosischen Kontinent war schon immer von dem empfindlichen Gleichgewicht zwischen kirchlicher Autorität und königlicher Macht bestimmt worden. Geriet dieses Gleichgewicht ins Schwanken, kamen die Dinge aus dem Lot. »Es spricht einiges für den Standpunkt Ihrer Majestät, Lenda«, sagte Sperber nachdenklich. »Die letzte Generation eosischer Monarchen war alles andere denn stark. Aldreas war …« Er suchte nach einem angemessenen Wort.
    »Unfähig«, charakterisierte Ehlana ihren Vater kühl.
    »Na ja, ganz so kraß hätte ich es nicht ausgedrückt«, murmelte Sperber. »Wargun ist launenhaft, Soros ein religiöser Hysteriker, Obler ein Greis, und Friedahl ist nur eine Marionette seiner Barone. Dregos tut, was seine Sippschaft entscheidet, König Brisant von Cammorien ist ein Lüstling, und vom derzeitigen König von Rendor weiß ich nicht einmal den Namen.«
    »Ogyrin«, warf Kalten ein.
    »Jedenfalls«, Sperber lehnte sich in seinem Sessel zurück und rieb sich nachdenklich die Wange, »gerade in Aldreas' Amtszeit hatten wir einige sehr tüchtige Kirchenmänner in der Hierokratie. Cluvonus' Siechtum ermutigte die Patriarchen, mehr oder weniger selbständig vorzugehen. Stand irgendwo ein Thron leer, hätte man eine viel schlechtere Wahl treffen können, als Emban darauf zu setzen – oder Bergsten. Ja sogar Annias war politisch außerordentlich geschickt. Wenn Könige schwach sind, wird die Kirche stark – manchmal zu stark.«
    »Nur heraus mit der Sprache, Sperber«, brummte Platime. »Wollt Ihr damit sagen, wir sollen der Kirche den Krieg erklären?«
    »Nicht sofort, Platime. Wir sollten den Gedanken jedoch für den Notfall in Erwägung ziehen. Momentan halte ich es für angebracht, Chyrellos einen Wink zu geben, und unsere Königin ist vielleicht genau die Richtige dafür. Nach dem Aufruhr, den sie bei Dolmants Wahl in der Hierokratie verursacht hat, könnte ich mir vorstellen, daß die Kirchenleute alles, was sie sagt, sehr sorgfältig bedenken werden. Ich glaube nicht, daß wir dieses Schreiben allzu sehr entschärfen sollten, Lenda. Schließlich gilt es, die Kirchenfürsten auf unsere Sorgen aufmerksam zu machen.«
    Lendas Augen glänzten. »Ja, genauso muß dieses Spiel gespielt werden, meine Freunde!« rief er begeistert.
    »Euch ist doch klar, daß es Dolmant möglicherweise gar nicht bewußt war, daß er seine Befugnisse überschritt«, gab Kalten zu bedenken. »Vielleicht hat er Sperber als den Interimspräzeptor des Pandionischen Ordens nach Lamorkand gesandt und dabei völlig übersehen, daß der gute Mann auch Prinzgemahl ist. Der Sarathi hat momentan ziemlich viel um die Ohren.«
    »Wenn er so vergeßlich ist, hat er auf dem Erzprälatenthron nichts verloren«, sagte Ehlana fest. Sie kniff die Augen zusammen, was bei ihr immer ein bedrohliches Zeichen war. »Wir müssen ihm deutlich klarmachen, daß er meine Gefühle verletzt hat. Dann wird er sich mit allen Kräften bemühen, mich zu besänftigen. Das kann ich vielleicht dazu nutzen, mir dieses Herzogtum nördlich von Vardenais zurückzuholen. Lenda, gibt es irgendeine Möglichkeit, die Leute daran zu hindern, ihre Ländereien der Kirche zu vermachen?«
    »Das ist ein sehr alter Brauch, Majestät.«
    »Ich weiß, aber das Land gehörte ursprünglich der Krone! Sollten wir da nicht ein Wörtchen mitzureden haben, wer es erbt? Man sollte meinen, daß das Land an mich zurückgeht, wenn ein Edelmann ohne Nachkommen stirbt. Aber jedesmal, wenn ein Edler kinderlos bleibt, scharen sich die Kirchenmänner wie Geier um ihn und tun ihr möglichstes, daß er ihnen das Land vermacht.«
    »Schafft ein paar Titel ab«, schlug Platime vor. »Macht es zum Gesetz, daß ein kinderloser Adeliger keine testamentarischen Verfügungen über seine Land treffen kann.«
    »Die Aristokratie würde rebellieren!« keuchte Lenda.
    »Um Aufstände niederzuschlagen, haben wir die Armee.« Platime zuckte die Schultern. »Wißt Ihr

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