Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
förmlich, »wir wollen die Sitzung der Tausend nicht mit persönlichen Dingen aufhalten. Ich werde Euch nach Beendigung der Sitzung aufsuchen, dann können wir das Nötige vereinbaren.«
    »Was hat er gesagt?« fragte Ehlana leise, an Stragen gewandt.
    »Das übliche, Majestät. Ich vermute, daß Ratsherr Camriel sich plötzlich einer dringenden Verabredung auf der anderen Seite der Welt entsinnen wird.«
    »Läßt der Rat zu, daß dieser Barbar mich bedroht?« rief Camriel mit zittriger Stimme.
    Ein weißhaariger Styriker auf der anderen Seite des Halbkreises lachte spöttisch. »Ihr habt höchstpersönlich einen Staatsbesucher beleidigt, Camriel. Die Tausend haben keine Veranlassung, Euch unter diesen Umständen in Schutz zu nehmen. Euer Gott hätte Euch besser unterweisen sollen. Ihr seid ein ungehobelter, großmäuliger Trottel. Wir werden Euch keine Träne nachweinen!«
    »Wie könnt Ihr es wagen, so zu mir zu reden, Michan?«
    »Daß ein Gott Euch mag, scheint Euch verblendet zu haben, Camriel. Dabei überseht Ihr jedoch, daß jeder hier die Gunst eines Gottes besitzt. Mein Gott liebt mich ebensosehr wie Euer Gott Euch.« Michan machte eine Pause. »Wahrscheinlich sogar mehr. Ich könnte mir vorstellen, daß Eurer im Augenblick nicht so gut auf Euch zu sprechen ist. Ihr müßt ihn schrecklich in Verlegenheit gebracht haben. Aber Ihr vergeudet nur kostbare Zeit. Sobald diese Sitzung endet, dürfte Prinz Sperber mit einer Klinge nach Euch Ausschau halten. Ihr habt doch eine zur Hand, Hoheit?«
    Sperber grinste und schlug seine Robe so weit zurück, daß der Griff seines Schwertes sichtbar wurde.
    »Großartig, mein Junge«, lobte Michan. »Ich hätte Euch meine Waffe geliehen, aber man kommt mit seiner eigenen besser zurecht, nicht wahr? Seid Ihr immer noch hier, Camriel? Wenn Ihr bei Sonnenuntergang noch am Leben sein wollt, solltet Ihr die Beine in die Hand nehmen.«
    Ratsherr Camriel folgte hastig seinem Rat.
    »Was ist passiert?« fragte Ehlana ungeduldig.
    »Mit ein wenig gutem Willen«, antwortete Stragen, »könnte man die Flucht des Ratsherrn als eine Art Entschuldigung auslegen.«
    »Wir nehmen keine Entschuldigung an«, sagte Mirtai unerbittlich. »Darf ich ihn verfolgen, Ehlana, und Euch seinen Kopf zu Füßen legen?«
    »Warum lassen wir ihn nicht eine Zeitlang fliehen, Mirtai?« erwiderte die Königin.
    »Wie lange?«
    »Was meint Ihr, Durchlaucht?« fragte Ehlana Stragen. »Wie lange, denkt Ihr, wird er fliehen?«
    »Den Rest seines Lebens wahrscheinlich, Majestät.«
    »Das würde mir genügen.«
    Die Reaktion der Tausend auf Zalastas Beschreibung der derzeitigen Lage war vorhersehbar gewesen, und die Tatsache, daß so gut wie alle Reden sorgfältig formuliert waren, machte deutlich, daß man den Ratsmitgliedern kaum etwas Neues erzählt hatte. Die Tausend schienen in drei Fraktionen geteilt zu sein. Eine war der Ansicht – was ebenfalls vorhersehbar gewesen war –, daß die Styriker sich selbst schützen konnten und keinen Grund zur Einmischung sahen. Styriker begegneten Versprechungen von Eleniern mit äußerstem Mißtrauen, da elenische Herrscher dazu neigten, Styrikern gegebene Versprechen zu vergessen, sobald eine Krise überstanden war.
    Die zweite Fraktion war gemäßigter. Ihre Anhänger wiesen darauf hin, daß die hiesigen Probleme die Tamuler betrafen und weniger die Elenier, und daß die Anwesenheit einer kleinen Einheit von Ordensrittern nicht von Belang war. Der silberhaarige Michan sagte: »Die Tamuler sind vielleicht nicht in jeder Beziehung unsere Freunde, aber sie sind auf jeden Fall nicht unsere Feinde. Wir sollten die Tatsache würdigen, daß ihre Ataner uns die Asteler, die Edomer und die Daziter vom Leibe halten.« Michan war hochgeachtet, und seine Meinung hatte im Rat großes Gewicht.
    Dann gab es noch die dritte Fraktion, eine geifernd antielenische Minderheit, die sich selbst zu der Behauptung verstieg, den styrischen Interessen wäre besser gedient, wenn man sich mit den Verursachern der Ausschreitungen verbünden würde. Diese Ratsherren erwarteten gar nicht erst, daß ihre Reden ernstgenommen wurden. Ihre Sprecher nutzten lediglich die Gelegenheit, ihrem Groll Luft zu machen und haßerfüllte, boshafte Hetzreden zu schwingen.
    »Allmählich wird's mir zuviel«, sagte Stragen schließlich zu Sperber und erhob sich.
    »Was habt Ihr vor?«
    »Ich werde diesen Leuten antworten, Freund.« Stragen stellte sich in die Mitte des Saals vor die Versammelten; von den Buhrufen

Weitere Kostenlose Bücher