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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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und Verwünschungen ließ er sich nicht erschüttern. Allmählich kehrte Stille ein – nicht so sehr, weil die Fanatiker sich dafür interessierten, was dieser elegante blonde Elenier zu sagen hatte, sondern weil sie zu heiser wurden. »Ich stelle mit Genugtuung fest, daß alle Menschen von gleich niederem Charakter sind.« Stragens klare, klangvolle Stimme war selbst im hintersten Winkel deutlich zu hören. »Ich hatte schon befürchtet, nie auch nur den geringsten Makel im styrischen Charakter finden zu können. Doch nun endlich habt ihr mir den Beweis erbracht, daß ihr wie alle anderen Menschen auch seid, wenn sie sich in der Masse stark fühlen. Die offene Selbstgerechtigkeit, die ihr hier an diesem Nachmittag zur Schau gestellt habt, läßt mich aufatmen und mein Herz höherschlagen. Meine Freude ist grenzenlos, daß es mir nach so langer vergeblicher Suche geglückt ist, diesen Abgrund an Bosheit und Schlechtigkeit in der styrischen Seele aufzuspüren; denn es beweist ein für allemal, daß alle Menschen, egal von welcher Rasse, auf einer Stufe stehen.«
    Erneut wurden Protestrufe laut, diesmal begleitet von Verwünschungen.
    Wieder wartete Stragen. »Ihr enttäuscht mich, meine lieben Brüder«, sagte er schließlich. »Ein elenisches Kind von sieben Jahren könnte einfallsreicher fluchen als ihr. Ist das wirklich der Gipfel der styrischen Unverschämtheit? Ist ›elenischer Bastard‹ die schlimmste Beschimpfung, die euch einfällt? Ich betrachte das nicht als sonderliche Beleidigung, da es in meinem Fall sogar zutrifft.« Er schaute sich mit freundlicher und ein wenig überlegener Miene um. »Ich bin außerdem ein Dieb und Mörder und habe viele unangenehme Eigenschaften. Ich habe Verbrechen begangen, für die es nicht einmal Namen gibt, und ihr bildet euch ein, eure Beschimpfungen könnten mich kränken? Hat jemand eine wirklich bedeutsame Beschuldigung vorzubringen, ehe ich mir eure Schwächen vornehme?«
    »Ihr habt uns versklavt!« brüllte jemand.
    »Nicht ich, alter Junge«, entgegnete Stragen. »Ich würde einen Sklaven nicht einmal geschenkt annehmen. Sklaven muß man füttern, selbst wenn sie nicht arbeiten. Aber fahren wir fort. Wir wissen jetzt alle, daß ich ein Dieb und Mörder und ein Bastard bin. Aber was seid ihr? Würde euch die Bezeichnung ›Jammerlappen‹ erstaunen? Ihr Styriker winselt gern. Ihr habt fleißig all die Mißhandlungen niedergeschrieben, die ihr in den letzten Jahrtausenden erduldet habt, und es bereitet euch eine perverse Freude, in dunklen, übelriechenden Winkeln zu sitzen und sie wiederzukäuen wie einen Haufen Erbrochenes. Ihr versucht, den Eleniern die Schuld an allen euren Schwierigkeiten zu geben. Überrascht es euch, daß ich mich nicht schuldig an der mißlichen Lage der Styriker fühle? Ich habe mehr als genug Schuld für meine ganz persönlichen Verbrechen auf dem Buckel, als daß ich mich auch noch für Dinge vor die Brust schlage, die tausend Jahre vor meiner Geburt passiert sind. Ehrlich gesagt, Freunde, all diese Märtyrermienen sind mir zuwider! Kriegt ihr denn nie genug davon, euch selbst leid zu tun? Und jetzt ein paar klare Worte, die euch hoffentlich bis ins Mark beleidigen werden. Falls ihr jammern wollt, dann tut es, wenn wir euch nicht hören. Wir bieten euch die Gelegenheit, an unserer Seite einem gemeinsamen Feind entgegenzutreten. Wir tun es aus Höflichkeit, versteht ihr, nicht weil wir euch wirklich brauchen. Das solltet ihr euch gut merken. Wir brauchen euch nicht. Im Grunde seid ihr uns nur ein Klotz am Bein. Ich hörte hier ein paar geistige Krüppel mit einem Bündnis mit unserem Feind liebäugeln. Wie kommt ihr auf den Gedanken, daß der Feind euch als Verbündeten haben möchte? Würdet ihr es versuchen, wären die elenischen Bauern wahrscheinlich überglücklich; dann nämlich hätten sie endlich einen guten Grund, mit Styrikern von hier bis zur Straße von Thalesien aufzuräumen. Es wird die Vorurteile der Elenier vermutlich nicht abbauen, wenn ihr euch uns anschließt. Aber wenn ihr euch mit unseren Feinden zusammentut, könnt ihr damit rechnen, daß in zehn Jahren kaum noch ein Styriker in irgendeinem elenischen Königreich am Leben sein wird.«
    Er kratzte sich nachdenklich am Kinn und schaute sich wieder um. »Ich glaube, das war's, was ich euch sagen wollte. Ich würde vorschlagen, ihr diskutiert in euren erlauchten Reihen darüber. Meine Freunde und ich brechen morgen nach Matherion auf. Wenn ihr bis dahin zu einer Entscheidung

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