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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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sehr damit beschäftigt waren, sich auf die Knie zu werfen und die Stirn auf die Pflastersteine zu drücken.
    »Um Himmels willen, was machen sie denn?« rief Ehlana.
    »Dem Befehl des Kaisers gehorchen, würde ich sagen«, antwortete Oscagne. »Das ist die übliche Respektbezeugung für Seine Majestät.«
    »Sorgt dafür, daß die Leute damit aufhören!« befahl sie.
    »Ich soll einen kaiserlichen Befehl widerrufen, Majestät? Das geht nicht! Verzeiht, Königin Ehlana, aber ich habe meinen Kopf gern dort, wo er ist, statt am Stadttor an einer langen Stange. Ihr müßt es als außerordentliche Ehre betrachten! Sarabian hat die Bevölkerung angewiesen, Euch als ebenbürtige Herrscherin zu huldigen. Noch nie zuvor hat ein Kaiser so etwas getan.«
    »Und die Menschen, die ihre Stirn nicht auf den Boden drücken, werden bestraft?« fragte Khalad mit schneidender Stimme.
    »Natürlich nicht. Sie tun es aus Liebe. Nun ja, das ist die offizielle Erklärung. In Wahrheit ist dieser Brauch vor etwa tausend Jahren entstanden. Ein betrunkener Höfling stolperte und fiel aufs Gesicht, als der Kaiser den Thronsaal betrat. Seine Majestät war ungemein beeindruckt und – wie nicht anders zu erwarten – mißverstand es völlig. Er gab dem Höfling auf der Stelle ein Herzogtum. Die Leute schlagen ihr Gesicht nicht aus Angst auf den Boden, sondern in der Hoffnung auf eine Belohnung.«
    »Ihr seid ein Zyniker, Oscagne«, tadelte Emban den Botschafter.
    »Nein, Emban, ich bin Realist. Ein guter Politiker sucht stets nach dem Schlimmsten im Menschen.«
    »Eines Tages überraschen sie Euch vielleicht einmal«, meinte Talen.
    »Bisher jedenfalls noch nicht.«
    Die Schloßanlage war nur um ein Weniges kleiner als die Stadt Demos in Ostelenien. Natürlich war das schillernde Schloß der bei weitem größte Bau, doch die Anlage umfaßte mehrere Paläste – nicht minder schillernde Gebäude in unterschiedlichen Baustilen. Ritter Bevier sog laut den Atem ein. »Großer Gott!« entfuhr es ihm. »Dieses Bauwerk dort gleicht der Burg von König Dregos in Larium wie ein Ei dem anderen!«
    »Diebstahl geistigen Eigentums wird offenbar nicht nur von Poeten begangen«, murmelte Stragen.
    »Nur ein Zugeständnis an den Kosmopolitismus, Durchlaucht«, erklärte Oscagne. »Schließlich sind wir ein Weltreich und beschirmen viele verschiedene Völker. Elenier mögen Burgen. Also haben wir hier auch eine Burg, damit elenische Könige der westlichen Reiche sich wohl fühlen, wenn sie hierherkommen, um dem Kaiser einen Besuch abzustatten.«
    »König Dregos' Burg schillert in der Sonne, aber keineswegs so wie diese hier«, bemerkte Bevier.
    »Das sollte wohl auch jedermann deutlich sehen, Ritter Bevier.« Oscagne lächelte.
    Sie saßen auf dem plattenbelegten Hof vor dem eigentlichen Schloß ab, wo sie von einer Schar unterwürfiger Diener erwartet wurden.
    »Was will der Kerl?« Kalten hielt sich einen entschlossen wirkenden Tamuler in roter Seide vom Leib.
    »Eure Schuhe, Ritter Kalten«, erklärte ihm Oscagne.
    »Warum?«
    »Sie sind aus Stahl, Herr Ritter.«
    »Na und? Ich trage eine Rüstung. Natürlich sind auch meine Schuhe aus Stahl.«
    »Es ist nicht erlaubt, das Schloß mit solchen Schuhen zu betreten. Nicht einmal Lederstiefel sind gestattet – die Böden, wißt Ihr.«
    »Soll das heißen, daß sogar die Böden mit Perlmutt beklebt sind?«
    »O ja. Wir Tamuler tragen in unseren Häusern traditionell keine Schuhe. Also haben die Baumeister die Böden der Gebäude innerhalb des kaiserlichen Komplexes ebenso wie die Wände und Decken gefliest. Mit dem Besuch von gepanzerten Rittern haben sie nicht gerechnet.«
    »Ich kann meine Schuhe nicht ausziehen«, wehrte Kalten sich errötend.
    »Wo liegt das Problem, Kalten?« fragte Ehlana.
    »Ich habe ein Loch in einer Socke«, murmelte er verlegen. »Ich kann doch einem Kaiser nicht mit herausstehenden Zehen gegenübertreten.« Er blickte seine Gefährten herausfordernd an und hob eine gepanzerte Faust. »Wenn auch nur einer lacht, wird nackte Gewalt regieren!« drohte er.
    »Eure Würde gerät nicht in Gefahr, Ritter Kalten«, beruhigte Oscagne ihn. »Die Dienerschaft hat daunengefütterte Hausschuhe für uns bereit.«
    »Ich habe schrecklich große Füße, Exzellenz«, gab Kalten besorgt zu bedenken. »Seid Ihr sicher, daß welche in meiner Größe zur Verfügung stehen?«
    »Macht Euch keine Sorgen, Kalten-Ritter«, warf Engessa ein. »Wenn sie passende für mich haben, dann erst recht welche, die Ihr

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