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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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übermitteln, Baroneß«, versicherte Oscagne. »Sie wird ihn sehr glücklich machen.«
    » Ich für meinen Teil wäre über ein möglichst rasches Ende eines Werkes glücklich, Exzellenz.«
    Die riesige Flügeltür am Ende des scheinbar endlosen Korridors war mit Blattgold bedeckt. Sie schwang schwerfällig auf und gab den Blick in einen riesigen Saal mit Kuppeldecke frei. Da die Kuppel höher war als die Bauten ringsum, konnte das Tageslicht durch zolldicke Kristallfenster hoch oben fallen. Die Sonne schien durch diese Fenster; es sah aus, als würde sie an die Wände und den Boden von Kaiser Sarabians Thronsaal Feuer legen. Der Saal war von angemessen überwältigender Größe, und die perlmuttweiße Weite war durch Rot und Gold aufgelockert. Schwere rote Samtbehänge schmückten in regelmäßigen Abständen die schillernden Wände, und Stützsäulen waren mit Gold eingelegt. Ein breiter roter Läufer führte von der riesigen Tür zum Fuß des Throns. Im Saal drängten sich tamulische und elenische Hofleute.
    Ein Fanfarentusch meldete das Eintreffen der Besucher, und Ordensritter und Peloi formierten sich mit militärischer Präzision um Königin Ehlana und deren Gefolge. Feierlichen Schrittes marschierten sie auf dem Läufer zum Thron Seiner Kaiserlichen Majestät, Sarabian von Tamul.
    Der Beherrscher der halben Welt trug eine schwere, dicht mit Brillanten besetzte goldene Krone, und sein roter, vorne offener Umhang war mit breiten Goldborten verziert. Das Gewand darunter war von makellosem Weiß und um die Taille mit einem breiten Goldgürtel gerafft. Trotz der Pracht seines Thronsaals und seiner Gewandung war Sarabian von Tamul ein eher durchschnittlich aussehender Mann. Sein Teint war im Vergleich mit dem der Ataner blaß – wahrscheinlich, schloß Sperber, weil der Kaiser sich selten im Freien aufhielt. Er war von mittlerer Größe und Statur, und sein Gesicht war nichtssagend. Sein Blick jedoch war wacher, als Sperber erwartet hatte. Als Ehlana den Thronsaal betrat, erhob er sich ein wenig zögernd.
    Oscagne war sichtlich überrascht. »Das ist erstaunlich«, flüsterte er. »Der Kaiser steht zur Begrüßung von Gästen niemals auf.«
    »Wer sind die Damen, die sich um ihn scharen?« erkundigte Ehlana sich ebenso flüsternd.
    »Seine Gemahlinnen«, antwortete Oscagne. »Die Kaiserinnen von Tamuli. Es gibt ihrer neun.«
    »Das ist ungeheuerlich!« hauchte Bevier.
    »Politische Gründe, Herr Ritter«, erklärte der Botschafter. »Ein gewöhnlicher Mann hat lediglich eine Gattin, der Kaiser dagegen muß eine Gemahlin aus jedem Reich seines Imperiums erwählen. Er darf keines bevorzugen.«
    »Sieht so aus, als hätte eine der Kaiserinnen vergessen, sich fertig anzukleiden«, meinte Baroneß Melidere kritisch und starrte auf eine junge Frau mit heiterem Gesicht, die bis zur Taille unbekleidet war, was sie aber offenbar nicht zu stören schien. Ihr Wickelrock war von leuchtendem Rot, und eine Blume in gleichem Farbton zierte ihr Haar.
    Oscagne schmunzelte.
    »Das ist unsere Elysoun. Sie stammt von der Insel Valesia, und das ist die übliche Gewandung dort. Sie ist ein völlig unkompliziertes Mädchen, und wir alle lieben sie. Die üblichen Regeln ehelicher Treue haben nie für die valesische Kaiserin gegolten. Es ist eine Vorstellung, die den Valesianern fremd ist. Den Begriff der Sünde kennen sie nicht.«
    Bevier schnappte hörbar nach Luft.
    »Hat denn nie jemand versucht, es ihnen beizubringen?« fragte Emban.
    »Aber ja, gewiß, Eminenz.« Oscagne grinste. »Kirchenmänner aus den elenischen Landen des Tamulischen Imperiums haben sich scharenweise nach Valesia begeben, um die Insulaner zu überzeugen, daß ihre Lieblingsbeschäftigung skandalös und sündhaft ist. Anfangs sind die Kirchenherrn voller Eifer, doch er hält nie sehr lange an. Die valesischen Mädchen sind allesamt von beachtlicher Schönheit und sehr freundlich. Es kommt fast unweigerlich dazu, daß die Elenier bekehrt werden. Die valesische Religion hat nur ein Gebot – seid glücklich.«
    Emban seufzte. »Es gibt Schlimmeres.«
    »Eminenz!« entsetzte sich Bevier.
    »Werdet endlich erwachsen, Bevier«, sagte Emban. »Manchmal glaube ich, daß unsere Heilige Mutter Kirche ein wenig zu engstirnig urteilt, was bestimmte Bereiche menschlichen Verhaltens betrifft.«
    Bevier errötete, und sein Gesicht nahm einen mißbilligenden Ausdruck an.
    Auch die Hofleute im Thronsaal drückten die Stirn auf den Boden, wenn Ehlana an ihnen vorbeikam. Sie

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