Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
Freunde mit Absicht hierher?«
»Natürlich, Vater.«
»Sei so nett und sag mir warum.«
»Weil wir bald etwas Bestimmtes tun müssen. Ich habe mir gedacht, wir sparen Zeit, wenn ich alle zeitig herhole.«
»Wie wär's, wenn du mir sagst, was wir vorhaben?«
»Das darf ich nicht.«
»Du kümmerst dich doch sonst auch nicht darum, was du tun darfst und was nicht.«
»Das ist etwas anderes, Vater. Über zukünftige Dinge dürfen wir auf keinen Fall etwas verlauten lassen. Wenn du darüber nachdenkst, wirst du sicher einsehen, weshalb. Au!« Murr hatte sie in den Finger gebissen. Danae wies das Kätzchen streng zurecht – mit einer Reihe von Knurrlauten und einem oder zwei Miaus; sie endete jedoch mit einem versöhnlichen Schnurren. Das Kätzchen schien sich tatsächlich zu schämen und begann behutsam, Danaes verletzten Finger zu lecken.
»Bitte laß die Katzensprache, Danae«, bat Sperber mit gequälter Miene. »Wenn eine Kammermaid dich hört, werden wir große Mühe haben, ihr zu erklären, was hier vor sich geht.«
»Mich wird niemand hören, Sperber. Aber du bist doch aus einem bestimmten Grund gekommen, nicht wahr?«
»Ich möchte mit Sephrenia reden. Es gibt einige Dinge, die ich nicht verstehe, und ich brauche ihre Hilfe.«
»Ich helfe dir, Vater.«
Er schüttelte den Kopf. »Deine Erklärungen werfen normalerweise mehr Fragen auf, als ich zuvor hatte. Kannst du dich mit Sephrenia in Verbindung setzen?«
Danae schaute sich um. »Hier im Schloß wäre das vermutlich keine so gute Idee, Vater. Denn dabei geschieht etwas, das sich nur schwer erklären ließe, falls uns jemand sieht.«
»Du wirst wieder zur selben Zeit an zwei Orten sein.«
»Na ja – sozusagen.« Sie hob das Kätzchen auf die Arme. »Überleg dir einen guten Grund, morgen mit mir auszureiten. Außerhalb der Stadt kümmere ich mich dann darum. Sag Mutter, daß du mir das Reiten beibringen willst.«
»Du hast doch gar kein Pony, Danae.«
Sie lächelte ihn unschuldig an. »O je. Das bedeutet, daß du mir eines schenken mußt, nicht wahr?«
Er blickte sie durchdringend an.
»Irgendwann wolltest du mir doch sowieso eins besorgen, oder täusche ich mich, Vater?« Sie überlegte kurz. »Ich möchte ein weißes, Sperber. Ja, unbedingt ein Schimmelpony!« Dann schmiegte sie die Wange an ihr Kätzchen und begann gleichzeitig mit ihm zu schnurren.
Sperber und seine Tochter ritten am nächsten Morgen kurz nach dem Frühstück aus Cimmura. Es war windig, und Mirtai hatte ziemlich lautstarke Einwände erhoben, bis Prinzessin Danae ihr gesagt hatte, sie solle sich nicht so aufführen. Aus irgendeinem Grund war die tamulische Riesin darauf so in Wut geraten, daß sie davongestürmt war, wild in ihrer Muttersprache fluchend.
Sperber hatte Stunden gebraucht, ein weißes Pony für seine Tochter zu finden. Nachdem es ihm endlich geglückt war, zweifelte er nicht daran, daß es das einzige in der ganzen Stadt war. Und als Danae das struppige Wesen wie einen alten Freund begrüßte, regte sich so mancher Verdacht in Sperber. In den letzten zwei Jahren hatten er und seine Tochter eingehendst darüber gesprochen, was Danae lieber nicht tun sollte. Es hatte damit begonnen, als Sperber eines Nachmittags unerwartet im Garten um eine Hecke gebogen war und gesehen hatte, wie eine Schar Elflein unter Danaes Anleitung Blumen bestäubte. Obgleich Danae mit ihrer Annahme vermutlich recht gehabt hatte, daß Elfen dies viel besser könnten als Bienen, hatte Sperber energisch ein Machtwort gesprochen. Diesmal jedoch beschloß er, keine Staatsaffäre daraus zu machen, daß seine Tochter zweifellos nachgeholfen hatte, ein ganz bestimmtes Pony zu bekommen. Er brauchte jetzt ihre Hilfe, und Danae könnte zu Recht darauf hinweisen, daß es erzieherisch falsch sei, ihr auf der einen Seite dieses »Nachhelfen«, wie sie es inzwischen nannten, zu verbieten, wenn er sie auf der anderen Seite sogar darum ersuchte.
»Wirst du irgend etwas Spektakuläres tun?« fragte Sperber, als sie sich mehrere Meilen außerhalb der Stadt befanden.
»Was meinst du mit spektakulär?«
»Du mußt doch nicht etwa fliegen oder dergleichen?«
»Das wäre ziemlich umständlich. Aber ich kann es natürlich, wenn du möchtest.«
»Nein, nein«, wehrte er ab. »Ich meine, wirst du etwas tun müssen, das Vorüberkommende überrascht, wenn sie uns dabei sehen?«
»Sie werden überhaupt nichts sehen, Vater«, versicherte sie. »Komm, reiten wir um die Wette zu dem Baum dort
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