Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
ein paar logische Schlußfolgerungen einzuwenden?« fragte Stragen.
»Im Augenblick würde ich sogar astrologische Deutungen über mich ergehen lassen«, brummte Sperber säuerlich.
»Also gut.« Der blonde thalesische Diebeskönig erhob sich und schritt nachdenklich auf und ab. »Erstens wissen wir jetzt, daß es den Trollgöttern irgendwie gelungen ist, sich aus der Schatulle zu befreien.«
»Genaugenommen ist das nicht bewiesen, Stragen«, widersprach Ulath. »Jedenfalls ist es nicht logisch.«
Stragen blieb stehen. »Das stimmt«, gab er zu. »Diese Folgerung beruht lediglich auf einer Vermutung. Mit Gewißheit können wir nur sagen, daß wir es mit irgend etwas zu tun hatten, das wie eine Manifestation der Trollgötter aussah. Seid Ihr mit dieser Formulierung einverstanden, Ritter Ulath?«
»Ja, ich schätze, soweit würde ich gehen, Durchlaucht Stragen.«
»Das freut mich. Nun, kennen wir irgend etwas, oder haben wir von etwas gehört, das sich auf ähnliche Weise manifestiert?«
»Nein«, antwortete Ulath. »Aber das hat nichts zu sagen. Wir wissen nicht, was alles Schatten- oder Wolkenform annehmen, Menschen zerfetzen und ein Gefühl von Eiseskälte vermitteln kann.«
»Stimmt. Ich bezweifle, daß wir mit Logik sehr weit kommen«, gestand Stragen.
»An Eurer Logik ist nichts verkehrt, Stragen«, warf Ehlana ein. »Ihr geht nur von der falschen Voraussetzung aus.«
»Nicht doch, Majestät!« Kalten stöhnte. »Ich dachte, in diesem Gemach gäbe es wenigstens eine Person, die sich auf gesunden Menschenverstand verläßt, statt auf diese umständliche Logik.«
»Und was sagt Euch Euer gesunder Menschenverstand, Ritter Kalten?« fragte Ehlana scharf.
»Nun, zuerst einmal sagt er mir, daß ihr alle das Problem beim verkehrten Ende anpackt. Die Frage, die wir stellen sollten, lautet: Was macht Krager zu einem so besonderen Mann, daß irgend etwas Übernatürliches derart um seinen Schutz bemüht ist? Spielt es denn eine Rolle, um was es sich bei diesem Übernatürlichen handelt?«
»Das hat etwas für sich«, meinte Ulath. »Krager ist im Grunde genommen ein Wurm. Sein einziger Lebenszweck besteht darin, zertreten zu werden.«
»Da wäre ich nicht so sicher«, widersprach Ehlana. »Krager arbeitete für Martel, und Martel für Annias.«
»Genaugenommen ist es anders herum, Liebes«, verbesserte Sperber.
Ehlana winkte ab. »Belton und die anderen waren mit Annias verbündet, und Krager übermittelte Nachrichten zwischen Annias und Martel. Belton und seine Kumpane müssen Krager gekannt haben. Pelks Geschichte bestätigt das mehr oder weniger. Deshalb war Krager für alle ein wichtiger Mann.« Sie hielt stirnrunzelnd inne. »Aber weshalb ist er noch immer wichtig, nachdem alle Renegaten festgenommen sind?«
»Weil er eine Spur ist«, brummte Ulath.
»Wie bitte?« Die Königin blickte ihn verdutzt an.
»Diese Macht, von der wir nicht wissen, was sie ist, will verhindern, daß wir über Krager zu dessen derzeitigem Auftraggeber vordringen.«
»Aber das ist doch offensichtlich, Ulath«, schnaubte Kalten. »Sein Auftraggeber ist Graf Gerrich. Pelk erzählte Sperber, daß es in Lamorkand jemanden gibt, der uns hier in Elenien so sehr beschäftigen will, daß wir gar nicht dazu kommen, uns um die dunklen Machenschaften dort zu kümmern. Das kann nur Gerrich sein!«
»Das ist reine Spekulation, Kalten«, widersprach Ulath. »Natürlich könntet Ihr recht haben, trotzdem ist es lediglich eine Vermutung.«
»Versteht ihr jetzt meine Ansicht über Logik?« Kalten ließ den Blick in die Runde schweifen. »Was wollt Ihr, Ulath? Ein Geständnis von Gerrich?«
»Wenn Ihr damit aufwarten könnt? Ich will nur sagen, daß wir unvoreingenommen sein müssen und keine voreiligen Schlüsse ziehen dürfen. Das ist alles.«
Ein lautes Klopfen erklang an der Tür, die sofort geöffnet wurde. Mirtai steckte den Kopf ins Zimmer. »Bevier und Tynian sind gekommen«, meldete sie.
»Sie sollten doch in Rendor sein!« wunderte sich Sperber. »Was machen sie hier?«
»Warum fragt Ihr sie nicht?« schlug Mirtai vor. »Sie stehen vor der Tür.«
Die beiden Ritter traten ins Gemach. Ritter Bevier war ein schlanker braunhäutiger Arzier und Ritter Tynian ein blonder stämmiger Deiraner. Beide trugen volle Rüstung.
»Wie läuft's in Rendor?« erkundigte sich Kalten.
»Es ist heiß, trocken, staubig und die Stimmung hysterisch«, antwortete Tynian. »Rendor ändert sich nie. Das weißt du doch.«
Bevier sank vor Ehlana auf
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