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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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wiederzusehen, alter Junge. Wir dachten schon, du hättest uns vergessen. Gibt es irgendwas Besonderes? Oder hast du bloß Sehnsucht nach unserer Gesellschaft? Das ist sehr schmeichelhaft, gewiß, aber im Augenblick sind wir ziemlich beschäftigt. Geh jetzt spielen. Wir können uns ein andermal unterhalten.«
    Die eisige Kälte wich plötzlich glühender Hitze, und die Erscheinung verdüsterte sich.
    »Seid Ihr wahnsinnig, Emban?« stieß Sperber hervor.
    »Ich glaube nicht«, antwortete der kleine dicke Patriarch. »Aber Euer flackernder Freund – oder sind es mehrere? – geht mir auf die Nerven.«
    Der Schatten verschwand, und die Luft im Zimmer wurde wieder normal.
    »Was war das?« fragte Monsel bestürzt.
    »Der Patriarch von Uzera hat soeben einen Gott beleidigt, wahrscheinlich sogar mehrere«, knirschte Sperber. »Für einen Augenblick waren wir alle dem Jenseits sehr nahe. Bitte tut das nie wieder, Emban. Ich habe gesehen, was Götter Menschen antun können.«
    »Unser Gott beschützt mich!«
    »Annias betete zu unserem Gott, als Azash ihn wie einen nassen Lappen auswrang, Eminenz. Es hat ihm gar nichts genützt.«
    »Das war nicht sehr klug«, sagte Emban.
    »Freut mich, daß Ihr das einseht.«
    »Ich rede nicht von mir, Sperber, sondern von unserem Gegner. Warum hat er gerade in diesem Augenblick auf sich aufmerksam gemacht? Er hätte lieber auf seinen prahlerischen Auftritt verzichten und lauschen sollen, dann hätte er unsere Pläne erfahren. Und nicht nur das – er hat sich auch Monsel gezeigt. Jetzt weiß auch der Erzmandrit, daß unser Gegner existiert. Jetzt hat er ihn mit eigenen Augen gesehen.«
    »Würde mir das bitte jemand erklären!« rief Monsel heftig.
    »Es waren die Trollgötter, Eminenz«, sagte Sperber.
    »Unsinn! Es gibt keine Trolle. Wie sollten sie da Götter haben?«
    »Das dürfte schwieriger werden, als ich dachte«, murmelte Sperber vor sich hin; dann sagte er zu Monsel: »Es ist eine Tatsache, daß es Trolle gibt, Eminenz.«
    »Habt Ihr je welche gesehen?«
    »Nur einen, Eminenz. Er hieß Ghwerig. Für einen Troll war er von zwergenhaftem Wuchs, nur etwa sieben Fuß groß. Trotzdem war es ungeheuer schwer, ihn im Kampf zu töten.«
    »Ihr habt ihn getötet?« keuchte Monsel.
    »Er hatte etwas, was ich wollte.« Sperber zuckte die Schultern. »Ulath hat viel mehr Trolle gesehen als ich, Eminenz. Er kann Euch gewiß eine Menge über sie erzählen. Er spricht sogar ihre Sprache. Auch ich habe die Sprache der Trolle eine Zeitlang beherrscht, inzwischen aber wahrscheinlich verlernt. Wie dem auch sei, Trolle haben eine Sprache, und dies bedeutet, daß sie halbmenschlich sind – und das wiederum bedeutet, daß sie Götter haben.«
    Monsel blickte Emban hilflos an.
    »Fragt nicht mich, mein Freund«, sagte der dicke Patriarch. »Das übersteigt meinen theologischen Horizont bei weitem.«
    »So glaubt mir doch, Monsel!« sagte Sperber gereizt. »Es gibt Trolle, und sie haben Götter, fünf insgesamt, und diese Götter sind äußerst unerfreulich! Der Schatten, den Patriarch Emban mit so forschen Worten bedachte, das waren sie – oder zumindest irgend etwas, das ihnen sehr ähnlich ist. Damit haben wir es zu tun. Das ist die Macht, die das Reich und die Kirche – wahrscheinlich unser beider Kirchen – stürzen will. Es ist bedauerlich, Erzmandrit Monsel, daß ich Euch dies so unverblümt sagen muß, aber Ihr müßt wissen, womit Ihr es zu tun habt, oder Ihr seid völlig wehrlos. Wenn Ihr schon nicht glaubt, was ich Euch soeben gesagt habe, müßt Ihr auf jeden Fall handeln, als würdet Ihr es glauben, sonst hat Eure Kirche keine Überlebenschance!«
    Die Ataner trafen wenige Tage später ein. Schweigen senkte sich auf die Stadt herab, als Darsas' Bürger sich verkrochen. Nichts und niemand auf der Welt wäre beim plötzlichen Erscheinen atanischer Marschkolonnen nicht bis ins Mark erschreckt. Die Ataner waren hervorragend ausgebildete Riesen. Die zweitausend Krieger beiderlei Geschlechts kamen in perfektem Gleichschritt in Viererreihen in die Stadt marschiert. Sie trugen kurze Lederkilts, brünierte stählerne Brustpanzer und schwarze Halbstiefel. Ihre nackten Arme und Beine schimmerten golden in der Morgensonne, und ihre Gesichter wirkten streng und entschlossen. Sie waren nicht einheitlich wie Soldaten bewaffnet und trugen Schwerter, Kurzspeere, Streitäxte und andere Waffen, die Sperber fremd waren. Aber alle hatten mehrere Messer in Scheiden um ihre Arme und Beine geschnallt.

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