Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
Nutzen wir ihn zu einem Ausflug. Ich lasse in der Küche Bescheid geben; dann machen wir zu Mittag ein Picknick auf einem der Rasen.« Er lächelte zu Danae hinunter, die ihn um den kleinen Finger wickeln konnte. »Wir werden die Rückkehr Murrs zu ihrer niedlichen Herrin feiern.«
»Was für eine wundervolle Idee!« Danae klatschte begeistert in die Hände. »Du bist so klug, Sarabian!«
Alle lächelten nachsichtig und erhoben sich. Insgeheim mußte Sperber zugeben, daß der Kaiser wahrscheinlich sogar recht hatte. Nach den tagelangen Besprechungen brauchten sie jetzt alle wieder einen klaren Kopf. Sperber ging zu seiner Tochter und hob sie auf die Arme.
»Ich kann gehen, Vater«, wehrte sie ab.
»Ich weiß, aber ich kann es schneller, denn meine Beine sind länger. Wir wollen Murr doch so rasch wie möglich finden, nicht wahr?«
Danae funkelte ihn an.
»Du hast Macht über alle«, murmelte er leise, daß nur sie es hören konnte. »Du brauchst die anderen nicht auch noch wie Schafe herumzutreiben. Was soll das Ganze überhaupt? Du kannst Murr heimrufen, wann immer dir danach ist. Was führst du wirklich im Schilde?«
»Es gibt Dinge, die ich erledigt haben möchte, ehe wir zu beschäftigt sind, Sperber. Aber solange wir wie eine gackernde Hühnerschar in diesem Saal herumhocken, kann ich nichts tun. Ich muß euch alle von hier weghaben, damit ich die Dinge in Ordnung bringen kann.«
»Ist Murr wirklich verschwunden?«
»Natürlich nicht . Ich weiß genau, wo sie ist. Ich hab' ihr nur gesagt, sie soll eine Zeitlang Grashüpfer jagen.«
»Welche Dinge meinst du eigentlich? Was willst du in Ordnung bringen?«
»Sieh zu, Sperber, dann erfährst du es.«
»Es geht nicht, Kalten«, sagte Alean mit trauriger, resignierter Stimme, während sie über die Zugbrücke spazierten, Sperber und Danae folgten ihnen in einigem Abstand.
»Was meinst du mit, ›es geht nicht‹?«
»Du bist Ritter, und ich nur ein Bauernmädchen. Warum können wir die Dinge nicht einfach so lassen, wie sie sind?«
»Weil ich dich heiraten will!«
Sie strich ihm zärtlich über die Wange. »Und ich gäbe alles darum, dich heiraten zu können, aber es geht nicht.«
»Und warum nicht?«
»Das habe ich dir doch schon gesagt! Wegen der Standesunterschiede. Eine Bauernmaid kann keinen Ritter heiraten! Die Leute würden uns auslachen und gemeine Dinge über mich sagen.«
»Wenn ich so was nur ein einziges Mal zu Ohren bekomme!« Er ballte die Faust.
»Du kannst nicht gegen die ganze Welt kämpfen, mein Liebling.« Alean seufzte.
»Und ob ich das kann! Vor allem, wenn die Welt, von der wir sprechen, aus diesen speichelleckenden Schranzen am Hof in Cimmura besteht. Ich könnte noch vor dem Mittagessen ein halbes Dutzend von ihnen umbringen.«
»Nein!« wies sie ihn scharf zurecht. »Du wirst niemanden umbringen! Was glaubst du denn, wohin das führt? Die Leute würden mich hassen. Wir hätten keine Freunde mehr. Dich mag das vielleicht nicht stören, denn du wirst irgendwo sein, wohin Prinz Sperber oder Hochmeister Vanion dich schicken, aber ich werde ganz allein sein. Das könnte ich nicht ertragen!«
»Ich will dich heiraten!« Er rief es beinahe.
»Es würde auch mein Leben vollkommen machen, Liebling.« Alean seufzte. »Aber es ist unmöglich.«
»Ich möchte, daß du das in Ordnung bringst, Sperber!« sagte Danae laut.
»Pst! Sie können uns hören!«
»Können sie nicht, Sperber – auch nicht sehen!«
»Du hast einen Zauber gewirkt, vermute ich?«
»Natürlich. Es ist ein sehr nützlicher, kleiner Zauber. Er sorgt dafür, daß die Leute uns nicht beachten. Sie wissen zwar, daß wir da sind, aber ihr Verstand beachtet uns nicht.«
»Ich verstehe. Und unser Verstand schleicht sich auf Zehenspitzen um das sittliche Bedenken, andere zu belauschen, habe ich recht?«
»Wovon, in aller Welt, redest du da, Sperber? Ich habe keine sittlichen Bedenken dabei. Ich lausche immer ! Wie sollte ich sonst auf dem laufenden bleiben, was die Menschen tun? Sag Mutter, sie soll Alean irgendeinen Adelstitel verleihen, damit sie und Kalten heiraten können. Ich würde es selbst tun, aber ich bin zu beschäftigt. Kümmere du dich darum!«
»Ist das eines der Dinge, die du in Ordnung bringen willst?«
»Natürlich. Vergeude keine Zeit mit diesen dummen Fragen, Sperber! Wir haben heute noch eine Menge zu tun.«
»Ich liebe dich wirklich , Berit-Ritter«, versicherte Elysoun ein wenig traurig. »Aber ihn liebe ich auch.«
»Wie viele andere
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