Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
liebst du denn sonst noch, Elysoun?« fragte Berit ätzend.
»Oh, ich kann sie mir nicht alle merken.« Die barbusige Kaiserin zuckte die Schultern. »Es stört Sarabian nicht. Warum stört es dich?«
»Dann ist es also aus? Du willst mich nicht mehr sehen?«
»Sei nicht dumm, Berit-Ritter. Natürlich will ich dich wiedersehen – so oft ich nur kann. Aber es wird Zeiten geben, da ich damit beschäftigt bin, ihn zu sehen. Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, weißt du, aber du bist so nett, daß ich nicht hinter deinem Rücken…« Sie suchte nach einem Wort.
»Untreu sein möchtest?« fragte er brüsk.
»Ich bin nie untreu!« entgegnete sie entrüstet. »Nimm dieses Wort sofort zurück! Ich bin die treueste Dame des ganzen Hofes! Ich bin mindestens einem Dutzend junger Männer zugleich treu!«
Unwillkürlich mußte Berit lachen.
»Was ist denn so lustig?«
»Nichts, Elysoun«, versicherte er ihr voller ehrlicher Zuneigung. »Du bist so entzückend, daß ich nicht anders konnte.«
Sie seufzte. »Das Leben wäre viel einfacher für mich, würdet ihr Männer diese Dinge nicht so todernst nehmen. Liebe soll Freude bereiten. Aber ihr macht bitterböse Gesichter und fuchtelt mit den Armen herum. Geh, liebe eine Zeitlang jemand anders. Ich habe nichts dagegen. Solange jeder glücklich ist – was spielt es da für eine Rolle, wer wen glücklich macht?«
Berit lächelte.
»Du liebst mich doch noch, nicht wahr, Berit-Ritter?«
»Aber natürlich, Elysoun.«
»Dann ist ja alles gut, nicht wahr?«
»Was soll das?« fragte Sperber seine Tochter. Sie standen ganz in der Nähe von Berit und Elysoun – jedenfalls so nahe, daß es Sperber ein wenig verlegen machte.
»Berit war dabei, die Liebschaft mit dem halbnackten Mädchen etwas zu ernst zu nehmen«, erklärte Danae. »Er hat gelernt, was er von ihr lernen konnte. Jetzt ist es an der Zeit, daß ihre Beziehung sich etwas beruhigt. Ich habe andere Pläne mit ihm.«
»Hast du je daran gedacht, ihn seine eigenen Pläne machen zu lassen?«
»Lächerlich, Sperber! Das hätte schreckliche Folgen! Ich kümmere mich immer um so etwas. Das kann ich am besten! Aber jetzt müssen wir uns beeilen. Ich muß nach Kring und Mirtai sehen. Kring wird ihr etwas sagen, das ihr nicht sehr gefallen wird, und ich möchte mögliche Ausbrüche verhindern.«
Sie fanden Kring und Mirtai auf dem Rasen unter einem großen, in sämtlichen Herbstfarben leuchtenden Laubbaum. Mirtai öffnete den Korb, den man in der Küche gefüllt hatte, und schaute hinein. »Irgendein toter Vogel.«
Kring verzog das Gesicht. »So etwas ißt man wohl bei Picknicks in der überzivilisierten Welt.« Er versuchte, sich seinen Ekel nicht allzu deutlich anmerken zu lassen.
»Wir beide sind Krieger, mein Verlobter.« Auch Mirtai wirkte keineswegs erfreut über den Inhalt des Korbes. »Wir sollten rohes Fleisch essen!«
»Stragen hat mir erzählt, daß du mal einen Wolf gegessen hast.« Kring hatte sich plötzlich wieder an diese Geschichte erinnert.
»Ja«, bestätigte Mirtai.
»Das hast du wirklich !« Kring war wie benommen. »Ich hatte gedacht, Stragen wollte mir nur einen Bären aufbinden.«
»Ich war sehr hungrig …«, sie zuckte die Schultern, »… und ich konnte keine Rast einlegen. Der Wolf schmeckte nicht besonders, aber er war ja auch roh. Vielleicht hätte er besser gemundet, wenn ich ihn hätte kochen können.«
»Du bist eine ungewöhnliche Frau, Geliebte.«
»Deshalb liebst du mich ja, oder?«
»Nun – es ist einer der Gründe. Bist du sicher , daß wir nicht über unser Problem sprechen können?« Offenbar kam Kring auf ein Thema zurück, das sie wahrscheinlich schon viele Male diskutiert hatten.
»Darüber gibt es nichts zu reden. Wir müssen zweimal vermählt werden – einmal in Atana und einmal, wenn wir zurück in Pelosien sind. Wir sind erst richtig verheiratet, wenn wir beide Zeremonien hinter uns haben.«
»Aber seit der Zeremonie in Atana sind wir doch halb verheiratet, nicht wahr?«
»Halb verheiratet genügt nicht, Kring. Ich bin Jungfrau. Ich habe zu viele Männer getötet, um meine Unberührtheit zu schützen, als daß ich mich mit ›halb verheiratet‹ zufriedengäbe! Du mußt eben warten!«
Er seufzte. »Es wird sehr lange dauern, weißt du«, sagte er düster.
» So weit ist es nicht von Atana zu deinem Land. Ich renne mit dir um die Wette dorthin.«
»Es ist ja nicht die Reise, die so lange dauern wird, Mirtai. Es sind die zwei Monate, die du vor der Hochzeit
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