Tamuli 3 - Das Verborgene Land
ist es ein bißchen besser«, brummte er.
»So was von prüde! Gib mir die Hand.«
Er ergriff ihre schmale Hand. Dann schwebten sie himmelwärts, aus den bewaldeten Hügeln östlich von Dirgis hinaus. »Sarna liegt südsüdwestlich von hier«, erklärte er ihr.
»Ich weiß, wo es liegt!« entgegnete sie scharf.
»Ich wollte doch nur helfen!«
Während sie durch die Lüfte eilten, floß unter ihnen der Boden rasch rückwärts dahin.
»Kann man uns vom Erdboden aus sehen?« fragte Sperber neugierig. »Natürlich nicht. Warum?«
»Na ja, es könnte so manche verrückte Geschichte in den Volkssagen erklären.« »Ihr Menschen habt eine bemerkenswerte Phantasie. Ihr könnt auch ohne unser Zutun verrückte Geschichten erfinden.«
»Du bist heute nicht gerade bester Laune. Wie lange werden wir bis Sarna brauchen?«
»Nur ein paar Minuten.«
»Fliegen ist eine interessante Art zu reisen.«
»Es wird überbewertet.«
Sie glitten eine Zeitlang schweigend dahin, bis Aphrael rief: »Das dort ist Sarna!« »Glaubst du, daß Vanion bereits eingetroffen ist?«
»Das bezweifle ich. Aber ich nehme an, irgendwann am heutigen Tag wird er schon noch kommen. So, wir landen jetzt.« Aphrael ging auf einer Lichtung nieder, etwa eine Meile vom Nordrand der Stadt, und nahm wieder die vertrautere Gestalt Flötes an. »Trag mich«, forderte sie Sperber auf und streckte die Ärmchen zu ihm empor. »Du könntest ruhig mal zu Fuß gehen!«
»Ich habe dich den weiten Weg von Dirgis bis hierher getragen. Also, komm schon, Sperber!«
Er lächelte. »Ich wollte dich nur ärgern, Aphrael.« Er hob sie auf die Arme und schritt durch den Wald in Richtung Stadt. »Wohin?« erkundigte er sich.
»Zur atanischen Kaserne. Vanion sagte, daß Itagne dort ist.« Sie runzelte die Stirn.
»Also, das ist wirklich unglaublich!« rief sie verärgert.
»Was ist los?«
»Ritter Anosian ist ein hoffnungsloser Stümper! Ich komme mit seiner Botschaft beim besten Willen nicht klar!«
»Wo ist er denn?«
»In Samar. Er versucht, mir etwas mitzuteilen, was Kring und Tikume eben herausgefunden haben. Doch es kommt nur etwa jedes dritte Wort durch. Dieser Mann hat seine Hausaufgaben nicht gemacht! Er kann sich einfach nicht konzentrieren.« »Na ja, Anosian ist ein bißchen … wie soll ich sagen …« »Faul ist das Wort, nach dem du suchst, Sperber.«
»Er setzt seine Energie sehr sparsam ein«, verteidigte Sperber seinen Mitpandioner. »Natürlich …« Sie zog die Stirn kraus. »Einen Moment mal …« »Was ist los?«
»Ich dachte gerade, daß Tynian vermutlich nicht sehr wählerisch war, als er in Chyrellos die Ritter um sich scharte.«
»Er brachte die besten Männer mit, die er bekommen konnte.«
»Ich glaube, gerade da liegt das Problem! Ich hab' mich schon die ganze Zeit gefragt, weshalb keine Meldungen von Komier kommen. Ich fürchte, Tynian ließ ihm nicht einen Pandioner, der weniger unbegabt ist als Anosian. Ihr seid nicht gar so viele, die sich gedanklich weiter als ein paar Meilen verständlich machen können, und offenbar hat Tynian sie alle um sich geschart.«
»Konntest du dir denn gar keine Vorstellung machen, was Anosian mitteilen wollte?« »Es hatte irgendwas mit dem Atmen zu tun. Jemand hat Schwierigkeiten damit. Ich werde selbst mal nach ihm sehen, sobald wir mit Itagne gesprochen haben. Vielleicht kann Anosian sich verständlicher ausdrücken, wenn ich im gleichen Zimmer bin wie er.« »Sei nett.«
Sie schritten durch das Stadttor, und Sperber trug die Kindgöttin durch die schmalen Straßen zur düsteren steinernen Festung, in der die hiesige atanische Kaserne untergebracht war.
Sie fanden den rot berobten Itagne in einem Konferenzsaal, wo er eine wandgroße Karte studierte.
»Ah, Itagne«, sagte Sperber, »da seid Ihr ja!«
Er setzte Flöte ab.
»Ich fürchte, ich hatte noch nicht das Vergnügen …«
»Ich bin es, Itagne – Sperber.«
»Daran werde ich mich nie gewöhnen! Ich dachte, Ihr seid in Beresa.«
»War ich auch – bis gestern.«
»Wie seid Ihr so schnell hierher gekommen?«
Sperber legte eine Hand auf Flötes Kinderschulter. »Bedarf es einer Erklärung?« »Oh! Und was führt Euch nach Sarna?«
»Vanion stand in der Wüste einem gefährlichen Feind gegenüber und mußte den Rückzug befehlen. Er kommt hierher. Betuana und er bringen Engessa auf einer Bahre mit.«
»Wollt Ihr damit sagen, jemand auf dieser Welt ist stark genug, Engessa zu verwunden?«
»Vielleicht niemand von dieser Welt, Itagne«, antwortete
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