Tamuli 3 - Das Verborgene Land
ein gutes Versteck. Hab' gehört, daß dieser Scarpa vorhat, Matherion anzugreifen. Ich hab' dort noch ein paar alte Rechnungen zu begleichen, drum dacht' ich, ich schließ mich an, bloß so zum Spaß, und weil ich ein paar Münzen recht gut gebrauchen kann.« »Ich glaub', wir könnten da was Besseres für dich finden, als in Scarpas Armee zu dienen.« Kalten stupste Sengas Schulter mit den Zehen. »Der Kerl, der da bis zu den Knöcheln im Schlamm steht, ist ein alter Freund aus Matherion. Er heißt Fron, und er kann sich sehr gut durchsetzen. Als die Ordnungshüter uns in Matherion hoppnehmen wollten, stand er Schulter an Schulter mit Shallag und wehrte die Kerle ab, bis wir anderen uns in Sicherheit gebracht hatten. Meinst du, du hättest in deinem Geschäft noch Verwendung für einen tüchtigen Totschläger?«
»Bürgst du für ihn, Col?«
»Ich könnte mir keine bessere Hilfe wünschen, wenn wir in Schwierigkeiten geraten sollten.«
»Du bist für die Sicherheit zuständig.« Senga zuckte die Schultern. »Du kannst jeden anwerben, den du willst.«
»Ich hatte gehofft, daß du so denkst.« Kalten winkte Sperber zu. »Klettere zu mir herauf, Fron. Ich werde dir die Wunder von Natayos zeigen.«
»Von einem Bierwagen aus?«
»Kannst du dir einen schöneren Platz vorstellen?«
19
Kring traf am Spätnachmittag jenes Tages in Sarna ein, an dem Aphrael Sephrenia und die anderen von Dirgis dorthin gebracht hatte. Mirtai begab sich hinunter auf den Hof der atanischen Garnison, um ihren O-beinigen Verlobten zu begrüßen. Die beiden umarmten sich ein wenig förmlich und betraten dann das Gebäude. »Sie kommt mir sehr zurückhaltend vor«, sagte Vanion leise zu Betuana. Die beiden hatten die Verlobten durch das Fenster des Sitzungssaals beobachtet.
»Es ist unziemlich, in der Öffentlichkeit Zuneigung zu zeigen, Vanion-Hochmeister«, erklärte die Königin. »Die Schicklichkeit muß gewahrt werden, auch wenn das Herz es viel lieber anders hätte.«
»Aha.«
»Ho, Freund Vanion!« rief Kring, als er und seine hochgewachsene Liebste den Saal betraten. »Euch hab' ich gesucht.«
»Ich freue mich ebenfalls, Euch wiederzusehen, Freund Kring. Wie ist die Lage in Samar?«
»Ruhig. Die Cynesganer haben sich von der Grenze zurückgezogen. Tut sich etwas im Süden, worüber ich nicht unterrichtet wurde?«
»Nicht, daß ich wüßte. Wieso fragt Ihr?«
»Die Cynesganer hatten sich unmittelbar gegenüber von uns an der Grenze gesammelt. Wir rechneten damit, daß sie jeden Augenblick herüberkommen würden, um Samar zu belagern. Dann aber, vor wenigen Tagen erst, traten sie den Rückzug an und ließen nur ein paar kleinere Einheiten an der Grenze zurück. Die ganze restliche Armee marschierte gen Süden.«
Vanion runzelte die Stirn. »Warum haben sie das getan?« fragte er sich.
»Wahrscheinlich, um den Ordensrittern gegenüberzutreten«, antwortete Aphrael. Überrascht drehte Vanion sich um und sah die Kindgöttin ruhig an ihrem Lieblingsplatz sitzen – auf Sephrenias Schoß. Einen Augenblick zuvor war sie ganz bestimmt noch nicht dort gewesen. Doch es wäre sinnlos, sie darauf anzusprechen. Aphrael würde sich nie ändern. »Die Ordensritter kommen nicht aus dieser Richtung, Göttin«, versicherte Vanion.
»Das wissen wir, aber Stragen und Talen sind in Beresa nicht untätig gewesen. Sie konnten diesen dazitischen Spion davon überzeugen, daß im Golf von Dakonien eine riesige Flotte unter dem Kirchenbanner Stellung bezieht. Offenbar hat der Daziter diese Nachricht weitergeleitet, und das Oberkommando der Cynesganer hat sie so ernst genommen, daß es den Großteil seiner Streitmacht los schickte, um Südcynesga zu verteidigen.«
»Aber sie wissen doch, daß die Ordensritter auf dem Landweg durch Astel kommen!«
»Das wissen sie von dieser Streitmacht, Hochmeister Vanion«, warf Itagne ein. »Nun aber sind sie anscheinend überzeugt, daß sich eine weitere auf dem Seeweg nähert.«
»So viele sind wir gar nicht, Itagne.«
»Das wißt Ihr, und das weiß ich, Eminenz. Aber hier in Tamuli ist man allgemein der Ansicht, daß es mindestens eine Million von euch gibt. Der Begriff Ordensritter beschwört Visionen von Armeen herauf, die sich von Horizont zu Horizont erstrecken.«
Vanion zog die Brauen zusammen. »Oh!« sagte er schließlich. »Ich glaube, ich verstehe jetzt. Während der Zemochischen Kriege haben wir uns mit den Armeen der Könige von Eosien zusammengeschlossen. Die tamulischen Beobachter müssen geglaubt
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