Tamuli 3 - Das Verborgene Land
Tür. »Ich habe zur Abwechslung einmal gute Neuigkeiten«, sagte er und legte dem Fremden die Hand auf die Schulter. »Das ist Ekrasios, ein guter Freund … wenngleich ich ihn eben erst kennengelernt habe.«
Betuana runzelte die Stirn. »Das ist kein tamulischer Name«, stellte sie fest. »Stimmt, Majestät«, bestätigte Itagne. »Es ist ein delphaeischer. Die Sprache der Delphae ist sehr melodisch. Wahrscheinlich rührt es daher, daß sie sich noch immer des klassischen Tamulisch befleißigen. Mein Freund ist nur rasch hierher gekommen, um uns wissen zu lassen, daß die Delphae beschlossen haben, ihre wundersame Abgeschiedenheit wenigstens zeitweise zu verlassen. Ekrasios, das ist Hochmeister Vanion, der enge Freund von Anakha. Diese majestätische Dame ist Betuana, die Königin der Ataner. Der nicht sehr große Mann ist Domi Kring von den Westpeloi. Das sehr hochgewachsene hübsche Mädchen, das Domi Kring die Hand zu zerquetschen droht, ist Mirtai, seine Verlobte, und die schöne, zierliche Styrikerin ist Sephrenia, die Hohepriesterin der Göttin Aphrael.«
»Eine edle Gesellschaft.« Ekrasios verbeugte sich formvollendet. »Ich bringe Grüße von dem geliebten, hochverehrten Edaemus. Die Göttin Aphrael hat ihn überzeugt, daß wir in der gegenwärtigen Lage zusammenhalten müssen. Er hat deshalb das uns seit Jahrhunderten auferlegte Verbot gelockert. Ich wurde zu Euch gesandt, Hochmeister Vanion, um Euch wissen zu lassen, daß ich und viele meiner Gefährten Euch zur sofortigen Verfügung stehen. Wo könnten wir am wirkungsvollsten eingesetzt werden, um unserer gemeinsamen guten Sache zu dienen?«
»Gestattet Ihr, Hochmeister Vanion?« fiel Itagne ein. »Mir kam soeben der Gedanke, daß die Delphae vielleicht am besten geeignet wären, die Ruinen in den arjunischen Urwäldern zu leeren. Wenn Ekrasios und seine Freunde in ihrer ganzen leuchtenden Pracht dort unten an den Toren sämtlicher Lager Scarpas erschienen, würden die Rebellen wahrscheinlich vor Entsetzen die Waffen fallen lassen und zurück nach Hause eilen, um friedlicheren Beschäftigungen nachzugehen – so schnell sie nur können!« »Das ist gut«, murmelte Mirtai beipflichtend.
»Er kommt ganz schön rum, findest du nicht auch?« wandte Ulath sich an Tynian, während der Bierwagen, mit Sperber und Kalten hoch oben auf den Fässern, über die uralte Straße rumpelte. »Vor kurzem war er doch angeblich noch in Dirgis.« »Für den ollen Sperber gibt's eben keine natürlichen Regeln nicht«, versuchte Tynian mehr schlecht als recht Caalador nachzuahmen. »Was meinst du, sollten wir in die Echtzeit zurückkehren? Oder lieber bleiben, wo wir sind?«
»Ich finde, wir können nützlicher sein, wenn wir uns außer Sicht halten«, antwortete Ulath.
»Ist mir durchaus recht. Aber wie können wir Sperber und die anderen darauf aufmerksam machen, daß wir hier sind?«
»Ich steck' ihm einen Zettel in die Tasche – oder puste ihm ins Ohr.« »Das dürfte seine Aufmerksamkeit erregen!«
Bhlokw schlurfte über die Straße heran. Die Enttäuschung in seinem affenähnlichen Gesicht war nicht zu übersehen. »Gibt keine Hunde hier«, berichtete er auf Trollisch. »Soldaten halten sich normalerweise keine, Bhlokw«, erklärte Tynian.
»Ich habe aber Hunger, Tin-in! Ob die Menschendinge hier wohl eines aus ihrer Herde vermissen würden? Ein ganz kleines, vielleicht?«
»Ich fürchte, wir haben hier ein echtes Problem«, flüsterte Tynian Ulath zu. »Es ist auf jeden Fall in unserem Interesse, daß unser Freund genug zu essen bekommt.« Ulath kratzte seine jetzt glattrasierte Wange. »Wir können ihn nicht einfach frei schalten und walten lassen. Er würde Aufmerksamkeit erregen, wenn er sich Leute grapscht und in seine Nichtzeit entführt.« »Er ist unsichtbar, Ulath!«
»Schon, aber wenn irgendein Arjuner plötzlich verschwindet und seine Knochen aus dem Nirgendwo geworfen werden, fällt das mit Sicherheit auf.« Er wandte sich wieder dem Troll zu. »Es ist unser Gedanke, daß es nicht gut wäre, wenn du hier Menschendinge tötest und ißt, Bhlokw. Wir jagen hier Gedanken, und wenn du Menschendinge tötest und ißt, wirst du die Gedanken verscheuchen.«
»Ich mag dieses Jagen von Gedanken nicht, U-lat«, beklagte sich Bhlokw. »Es macht Dinge nicht-einfach.«
»Der Wald ist nah, Bhlokw«, sagte Tynian. »Es muß dort viele Dinge geben, die gutzu-essen sind.«
»Ich bin kein Oger, Tin-jan«, entrüstete sich Bhlokw leicht gekränkt. »Ich esse
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