Tamuli 3 - Das Verborgene Land
er Sperber. Gemeinsam richteten sie das Faß auf; dann zog Kalten einen Beitel unter dem Gürtel hervor. »Mit Bier ist das viel einfacher«, bemerkte er. »Man sollte diese arzischen Winzer mal auf die Vorteile eines Spundlochs an der Faßseite aufmerksam machen!«
Vorsichtig stemmte er den Faßdeckel auf, während Krager, einen Becher in der Hand, erwartungsvoll neben ihm stand.
»Na, dann kostet mal, Meister Krager.« Kalten hob den Deckel ab und trat zur Seite. Krager tauchte seinen Becher in die dunkelrote Flüssigkeit, hob ihn mit zitternder Hand an die Lippen und nahm einen tiefen Schluck. »Köstlich«, seufzte er glücklich. »Ich werde Senga ausrichten, daß Ihr zufrieden seit.« Kalten lachte. »Von einem Halsabschneider sollte man so was eigentlich nicht erwarten, aber Senga ist sehr darauf bedacht, seine Kunden zufriedenzustellen. Könnt Ihr Euch vorstellen, daß er uns sogar ein Faß ausleeren ließ, weil das Bier darin sauer geworden war? – Komm, Fron, holen wir das zweite Faß. Meister Krager soll auch davon probieren, dann kassieren wir.«
Die beiden gingen hinaus und holten das zweite Faß vom Karren.
»Frag ihn, warum sie die Wachen von dem Haus beim Tor abgezogen haben«, murmelte Sperber.
»Mach' ich«, ächzte Kalten, als sie das Faß auf dem Boden hatten.
Sie rollten es in Kragers Zimmer und stellten es neben das erste. Kalten stemmte den Deckel auf, und Krager kostete den Wein.
»Zufrieden?« fragte Kalten.
»Und ob«, antwortete Krager. Er schenkte seinen Becher noch einmal voll und ließ sich glücklich auf sein Bett sinken. »Hervorragend!«
»Gut, dann bekommen wir hundert Kronen von Euch.«
Krager zog einen schweren Säckel unter seinem Gürtel hervor und warf ihn achtlos Kalten zu. »Da, nehmt das Geld selber raus. Aber stehlt nicht zuviel.«
»Das ist eine geschäftliche Angelegenheit, Meister Krager!« sagte Kalten. »Wenn ich Euch berauben wollte, würde ich Euch meinen Dolch an die Kehle drücken.« Mit dem Arm fegte er einige Kleidungsstücke und steinharte Brotscheiben von einem Tisch; dann öffnete er den Säckel und begann, Münzen herauszuzählen. »Uns ist aufgefallen, daß alle Wachen von dem Haus mit den Gitterstäben abgezogen wurden«, sagte er. »Noch vor zwei Tagen konnte man nicht einmal auf zwanzig Schritt Entfernung daran vorübergehen, doch heute morgen haben Fron und ich den Karren direkt an der Vordertür vorbeigezogen, und niemand achtete auch nur auf uns. Was immer darin so Wertvolles aufbewahrt wurde – hat Durchlaucht Scarpa es woanders hinbringen lassen?«
Kragers aufgedunsenes Gesicht wurde plötzlich wachsam. »Das geht Euch gar nichts an, Col!«
»Hab' ich auch nicht behauptet. Aber vielleicht solltet Ihr Durchlaucht Scarpa mal darauf hinweisen, daß er nichts verändern soll, wenn er nicht möchte, daß den Leuten so was auffällt. Er hätte die Wachen lassen sollen, wo sie waren. Senga und wir anderen sind allesamt Räuber, wißt Ihr, und wir waren mehr oder weniger davon überzeugt, daß Durchlaucht Scarpa das Haus als seine Schatzkammer benutzt hat. Bei dem Wort Schatz spitzen wir die Ohren.« Krager starrte ihn an; dann begann er zu lachen.
»Was ist daran so komisch?« Kalten blickte von den Münzen auf.
»Es war in der Tat ein Schatz, Col …« Krager grinste. »… aber nicht von der Sorte, die man zählen kann.«
»Wie Ihr schon gesagt habt – es geht mich nichts an. Aber jeder, der in Sengas Schenke arbeitet, weiß, daß der Schatz an einen anderen Ort gebracht wurde. Ich bin sicher, es dauert nicht mehr lange, dann werden die Leute auf Suche nach der neuen Schatzkammer in sämtlichen Ruinen herumstochern.«
»Sollen sie.« Krager zuckte die Schultern. »Der Schatz ist inzwischen schon sehr weit fort von hier.«
»Ich hoffe, ihr habt ihn gut bewacht. Im Urwald da draußen wimmelt's von Burschen wie Fron und mir. – Würdet Ihr jetzt hierher kommen und nachzählen, was ich aus Eurem Beutel genommen habe?«
»Ich traue Euch, Col.«
»Dann seid Ihr ein Narr.«
»Nehmt noch zehn Kronen für Euch und Euren Helfer heraus«, forderte Krager ihn freigebig auf. »Und dann laßt mich mit meinen beiden neuen Freunden hier allein.« »Ihr seid sehr großzügig, Meister Krager.« Kalten nahm noch einige Münzen aus dem Säckel und verstaute sie zusammen mit denen, die er zuvor abgezählt hatte, in der Seitentasche seines Kittels.
»Gehen wir, Fron«, wandte er sich an Sperber. »Meister Krager möchte allein sein.« »Richtet Senga meinen
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