Tamuli 3 - Das Verborgene Land
untereinander brauchen wir doch nicht förmlich zu sein, oder, Bergsten? Wir sind doch jetzt schon fast alte Freunde, nicht wahr?«
Der Patriarch von Emsat schluckte. Dann seufzte er. »Ja, Gott Setras«, antwortete er schließlich. »Ich glaube, das sind wir. Wie wär's, wenn Ihr mir nun von dieser Strategie erzählt, die Sperbers Knappe sich ausgedacht hat?«
»Ja, natürlich. Oh, da ist noch etwas. Wir müssen gleich am frühen Morgen vor den Toren Cyrgas sein.«
»Bitte, Atana Liatris«, sagte Baronesse Melidere geduldig zu Sarabians atanischer Gemahlin. »Wir wollen, daß sie es versuchen.«
»Es ist zu gefährlich!« beharrte Liatris uneinsichtig. »Wenn ich Chacole und Torellia sogleich töte, werden die anderen davonlaufen, und damit ist die Sache ausgestanden!«
»Nein«, widersprach Patriarch Emban, »denn in diesem Fall würden wir nie erfahren, wer sonst noch mitmischt. Und wir können nicht sicher sein, daß sie es nicht noch einmal versuchen.«
Prinzessin Danae saß ein wenig abseits, und Murr hatte sich auf ihrem Schoß zusammengerollt. Sie sah zwei Bilder gleichzeitig, eines hinter dem anderen – die dunklen Straßen Cyrgas schienen als Kulisse für jene Personen zu dienen, die sich hier im Salon besprachen.
»Deine Sorge um mich ist rührend, Liatris«, sagte Sarabian. »Aber ich bin bei weitem nicht so wehrlos, wie es vielleicht den Anschein hat.« Er tätschelte den Griff seines Degens.
»Und wir haben heimlich Wachen aufgestellt«, fügte Außenminister Oscagne hinzu. »Es ist so gut wie sicher, daß Chacole und Torellia Unterstützung von jemandem in Regierungskreisen haben – höchstwahrscheinlich jemand, der bei dem versuchten Coup übersehen wurde.«
»Ich werde seine Identität aus ihnen herausquetschen, bevor ich sie töte!« versprach Liatris. Sarabian zuckte bei dem Wort herausquetschen zusammen.
»Wir müssen ganz in der Nähe sein, Göttin Aphrael.« Xanetias Stimme schien weit entfernt und gleichzeitig sehr nahe zu sein. »Mir deucht, ich rieche Wasser.« Die dunkle, schmale Straße, der die beiden folgten, führte zu einem freien Platz, etwa hundert Fuß weiter.
»Wir wollen sie alle fangen, Liatris«, redete Elysoun ihrer Mitkaiserin zu. »Es würde Euch vielleicht gelingen, einen oder zwei Namen aus Chacole und Torellia herauszuquetschen, doch wenn wir die Meuchler auf frischer Tat ertappen und sofort festnehmen können, wären wir in der Lage, die gesamte Schloßanlage zu säubern. Wenn nicht, muß unser Gemahl den Rest seines Lebens mit gezogenem Degen herumlaufen.«
»Horcht!« flüsterte Xanetia in jener anderen Stadt. »Ich höre das Plätschern fließenden Wassers.«
Danae konzentrierte sich. Es war sehr anstrengend, beide Geschehnisse, hier und dort, gleichzeitig zu verfolgen.
»Ich bedauere aufrichtig, daß ich dir das jetzt sagen muß, Liatris«, sprach Sarabian eindringlich. »Aber ich verbiete dir, Chacole oder Torellia zu töten. Wir kümmern uns um sie, nachdem ihre Meuchler versucht haben, mich zu töten.«
»Wie mein Gemahl befiehlt«, antwortete Liatris schulterzuckend.
»Ich möchte wohl, daß du Elysoun und Gahenas beschützt«, fuhr er fort. »Gahenas befindet sich zur Zeit wahrscheinlich in größerer Gefahr. Elysoun kann den Verschwörern noch von Nutzen sein, während Gahenas mehr weiß, als sie nach Ansicht der anderen wissen dürfte. Ich bin sicher, sie werden versuchen, Gahenas zu töten. Bringen wir sie heute nacht aus dem Kaiserinnenflügel.«
»Es ist unter der Straße, Göttin«, sagte Xanetia. »Mir dünkt, unter unseren Füßen bewegt sich eine große Wassermenge.«
»Ich spüre es ebenfalls«, erklärte die Kindgöttin. »Folgen wir dem Plätschern zurück zu seinem Ursprung. Es muß eine Möglichkeit geben, hier, von der äußeren Stadt aus, an das Wasser zu gelangen.«
»Wie seid Ihr in diese Sache verwickelt worden, Elysoun?« fragte Liatris.
Elysoun zuckte die Schultern. »Ich habe mehr Bewegungsfreiheit als ihr anderen«, antwortete sie. »Chacole hat jemanden gebraucht, dem sie Botschaften nach draußen mitgeben konnte. Ich tat so, als wäre ich mit ihrem Plan einverstanden. Es war nicht schwer, Chacole zu täuschen. Sie ist Cynesganerin.«
»Es ist hier, Göttin!« wisperte Xanetia. Sie legte eine Hand auf eine große eiserne Platte, die im Kopfsteinpflaster eingelassen war. »Man kann das schnelle Fließen des Wassers durch das Eisen spüren.«
»Ich verlasse mich da ganz auf dich, Anarae«, erwiderte Aphrael,
Weitere Kostenlose Bücher