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Tamuli 3 - Das Verborgene Land

Tamuli 3 - Das Verborgene Land

Titel: Tamuli 3 - Das Verborgene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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schneller, als er es für möglich gehalten hätte. Flucht kam nicht in Frage. Das Tor war dermaßen verstopft, daß selbst jene, die es bereits erreicht hatten, kaum eine Chance hatten, sich hindurchzuzwängen. Elron rannte zu seinem Schreibpult und drückte die Flamme der Kerze rasch mit der Handfläche aus, um das Zimmer in Dunkelheit zu tauchen. Wenn die Fenster des Obergeschosses dunkel waren, würden diese durch die Straßen pirschenden Schrecken keinen Grund haben, hier nachzusehen. In der Dunkelheit stolpernd, rannte er verzweifelt von Zimmer zu Zimmer und vergewisserte sich, daß nirgendwo mehr Kerzen brannten, die seine Anwesenheit verraten könnten.
    Als schließlich die Hoffnung bestand, daß er zumindest für den Augenblick in Sicherheit war, kroch der in Astel als Säbel bekannte Mann zu seinem Zimmer zurück und spähte furchtsam um die Kante des Fensterrahmens auf die Straße hinunter.
    Scarpa stand auf einer teilweise zerfallenen Mauer und erteilte Regimentern, die offenbar nur er sehen konnte, einander widersprechende Befehle. Seinen fadenscheinigen Samtumhang hatte er sich um die Schultern geschlungen, und seine zusammengebastelte Krone saß ihm ein wenig schief auf dem Kopf.
    Unweit von ihm rief Cyzada irgend etwas mit seiner hohlen Stimme – eine Beschwörung, vermutete Elron –, und seine Finger schrieben komplizierte Zeichen in die Luft. Immer schneller sprach er in rauhen Kehllauten und beschwor Gott weiß welche Grauen auf die stummen, leuchtenden Gestalten herab, die auf ihn zukamen. Seine Stimme hob sich zum Kreischen, und er schrieb in seiner Verzweiflung übertriebene Gesten in die Luft.
    Dann erreichte ihn einer der leuchtenden Eindringlinge. Cyzada schrillte und fuhr zurück, als wäre die beinahe sanfte Berührung ein heftiger Schlag gewesen. Taumelnd drehte er sich, als wollte er fliehen. Da sah Elron sein Gesicht.
    Der Poet würgte. Er preßte die Hände auf den Mund, um jeden Laut zu ersticken, der seine Anwesenheit verraten mochte. Cyzada von Esos löste sich auf. Sein bereits unkenntliches Gesicht glitt die Vorderseite seines Kopfes hinab, als wäre es geschmolzenes Wachs, und ein sich rasch ausbreitender Fleck färbte die Brust seines weißen styrischen Gewandes. Er taumelte ein paar Schritte auf den immer noch wirre Befehle ausstoßenden Scarpa zu und streckte die Arme gierig nach dem Irren aus, während sich bereits das Fleisch von seinen Händen löste. Dann brach der Styriker blubbernd und schäumend auf dem Kopfsteinpflaster zusammen, und sein verwesender Körper sickerte durch den Stoff seines Gewandes.
    »Bogenschützen nach vorn!« befahl Scarpa mit klangvoller Bühnenstimme. »Deckt sie mit Pfeilen ein!«
    Elron rutschte auf den Boden und entfernte sich auf Händen und Knien vom Fenster. »Reiterei an die Flanken!« hörte er Scarpas nächsten Befehl. »Zieht die Schwerter!« Elron kroch zu seinem Schreibpult und tastete sich durch die Dunkelheit. »Leibgarde!« brüllte Scarpa. »Auf, marsch, marsch!«
    Elron fand ein Tischbein, langte hinauf und griff verzweifelt nach den Papierbogen, die auf der Platte des Schreibpults lagen.
»Erstes Regiment! Zum Angriff!« donnerte Scarpa.
    Elron kippte den Tisch um und wimmerte in seiner verzweifelten Eile.
    »Zweites Reg …« Scarpas Stimme verstummte mitten im Wort, und Elron hörte ihn schreien.
    Der Poet mühte sich, in der Dunkelheit die unersetzlichen Seiten seiner Ode an Blau einzusammeln.
    Scarpas Stimme war jetzt schrill. »Mutter!« gellte er. »Bitte-bitte-bitte!« Die klangvolle Stimme war zu einem gleichmäßigen Kreischen geworden. »Bitte-bitte-bitte!« Nun hörte es sich beinahe so an, als würde jemand versuchen, unter der Wasseroberfläche zu schreien. »Bitte-bitte-bitte!« Und dann folgte ein wortloses Gurgeln.
    Säbel umklammerte die bislang gefundenen Seiten und gab die Suche nach weiteren auf. Er hastete, wieder auf Händen und Knien, durchs Zimmer und versteckte sich unter dem Bett.

    Bhlokw schlurfte mit vorwurfsvoller Miene über den Kies zurück durch die nächtliche Dunkelheit. »Gemeinheit, U-lat!« sagte er anklagend. »Wir sind Rudelgefährten, trotzdem hast du Unwahres zu mir gesagt!«
»So etwas würde ich nie tun!« wehrte sich Ulath.
    »Du hast meinen Geist-Bauch mit dem Gedanken gefüttert, daß die großen Dinge mit Eisen auf den Gesichtern gut-zu-essen sind. Sie sind nicht-gut-zu-essen!« »Waren sie schlecht-zu-essen, Bhlokw?« fragte Tynian mitfühlend.
    »Sehr schlecht-zu-essen, Tin-in!

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