Tamuli 3 - Das Verborgene Land
fügte Bhelliom hinzu: Es ist nicht meine Absicht, dich zu kränken, doch weshalb wendest du dich damit an mich? Ich habe mein Wort gegeben, das Tal zu versiegeln, Vater. Dann tu es!
Ich wußte nicht, ob es mir noch möglich sein würde, mit dir zu reden, um deine Hilfe zu erbitten.
Du bedarfst keiner Hilfe, Anakha – nicht meiner, noch der anderer. Hat dein Kampf mit Cyrgon dich nicht überzeugt, daß dir alles möglich ist? Du bist Anakha und mein Sohn, und es gibt keinen zweiten wie dich im ganzen sternenübersäten Universum. Es war nötig, dich so zu erschaffen, wie du bist, auf daß mein Wille Erfüllung finde. Was immer du durch mich tun konntest, hättest du ebenso mühelos auch allein zu tun vermocht. Die Stimme hielt kurz inne. Doch ich bin erfreut, daß du dir deiner Fähigkeiten nicht bewußt warst, denn es gab mir die Möglichkeit, dich kennenzulernen. Oft werde ich auf meiner weiteren Reise an dich denken. So wollen wir uns denn nun nach Delphaeus begeben, wo dein Kamerad Vanion und unsere geliebte Sephrenia vereint werden und wo du ein Wunder erschauen wirst. Was für ein Wunder, Blaurose?
Es wäre wohl kaum noch ein Wunder für dich, würdest du es vorher schon wissen, mein Sohn. Leichte Belustigung schwang in der Stimme mit, als Bhelliom wieder entschwand.
Es war früh an einem schneereichen Abend, als sie einen Kamm erreichten und zu dem Tal hinabblickten, in dem der glühende Schnee dunstig in den wirbelnden Schneeflocken, in einem Licht schien, das dem des Mondes ähnelte. Cedon, der greise Anari, erwartete sie an dem schlichten Tor dieser anderen verborgenen Stadt. Neben ihm stand Itagnes Freund Ekrasios.
Sie unterhielten sich bis spät in die Nacht; denn es gab von beiden Seiten viel zu erzählen. So kam es, daß Sperber erst am späten Vormittag in dem auf seltsame Weise tiefliegenden Schlafzimmer erwachte, das er mit seiner Gemahlin teilte. Es war eine der Eigenarten delphaeischer Bauweise, daß die meisten Räumlichkeiten sich unterhalb des Erdbodens befanden. Sperber verschwendete kaum einen Gedanken daran, doch Khalad schien davon fasziniert zu sein.
Sperber küßte sanft seine noch schlafende Gemahlin, glitt behutsam aus dem Bett und machte sich auf die Suche nach Vanion.
Er erinnerte sich an seinen eigenen Hochzeitstag und war ziemlich sicher, daß sein Freund Unterstützung brauchen könnte.
Er fand den silberhaarigen Hochmeister mit Talen und Khalad im behelfsmäßigen Pferdestall. Khalads Gesicht war düster. »Was ist denn los?« erkundigte sich Sperber, als er sich zu den anderen gesellte.
»Mein Bruder grämt sich«, erklärte Talen. »Er hat sich mit Ekrasios und den anderen Delphae unterhalten, die Scarpas Truppen drunten in Arjuna versprengten, aber niemand konnte ihm sagen, was aus Krager geworden war.«
»Ich gehe davon aus, daß er noch lebt!« erklärte Khalad. »Er ist ganz einfach zu wendig, als daß er nicht hätte fliehen können.«
»Wir haben Pläne mit dir, Khalad«, sagte Vanion. »Bei deinen Fähigkeiten hast du Wichtigeres zu tun, als dein Leben lang hinter einem wieseligen Suffkopf herzujagen, der vielleicht gar nicht lebend aus Natayos entkommen konnte.«
»So lange wird er gar nicht brauchen, Hochmeister Vanion«, warf Talen ein. »Sobald Stragen und ich wieder in Cimmura sind, reden wir mit Platime, und der wird nach ihm suchen lassen. Falls Krager noch lebt – egal wo auf der Welt – werden wir es erfahren.« »Was machen die Damen?« fragte Vanion nervös.
»Ehlana schläft noch«, antwortete Sperber. »Werdet Ihr und Sephrenia mit uns nach Matherion zurückkehren?«
»Nur für eine kurze Weile«, antwortete Vanion. »Sephrenia möchte sich mit Sarabian über verschiedene Dinge unterhalten. Anschließend begleiten wir Betuana und Engessa bis Atan. Von dort ist es dann nicht mehr weit bis Sarsos. Übrigens, ist Euch aufgefallen, was sich zwischen Betuana und Engessa entwickelt hat?« Sperber nickte. »Betuana ist offenbar zu der Einsicht gelangt, daß die Ataner einen König brauchen. Engessa ist der geeignete Mann – und er ist wahrscheinlich um vieles intelligenter, als Androl gewesen ist.«
»Das besagt kaum etwas, Sperber.« Talen grinste breit. »Androl war nicht viel intelligenter als ein Mauerstein.«
Der Tag zog sich dahin. Die Damen waren natürlich eifrig mit Vorbereitungen beschäftigt, während die Ritter ihr möglichstes taten, Vanion auf andere Gedanken zu bringen.
Ein obskurer Grundsatz des delphaeischen Glaubens bestimmte,
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