Tamuli 3 - Das Verborgene Land
anderen befanden, ließen Sperber und Vanion ihre Pferde in den Schritt übergehen. »Sephrenia will, daß wir heiraten«, sagte Vanion abrupt.
»Wollt Ihr meine Erlaubnis?«
Vanion blickte ihn durchdringend an.
»Verzeiht«, entschuldigte sich Sperber. »Ihr habt mich überrascht. Es dürfte einige Probleme aufwerfen, wißt Ihr. Die Kirche wird es nie billigen – ebensowenig wie die Tausend von Styrikum. Wir sind zwar nicht mehr ganz so sittenstreng wie früher, doch die Vorstellung einer Ehe zwischen Personen verschiedener Herkunft oder unterschiedlichen Glaubens wird die Gemüter in Wallung bringen.«
»Ich weiß«, murmelte Vanion düster. »Dolmant persönlich hätte wahrscheinlich nichts dagegen, doch ihm sind durch Kirchenrecht und Doktrin die Hände gebunden.«
»Wer soll die Trauung dann vornehmen?«
»Dieses Problem hat Sephrenia bereits gelöst. Xanetia wird uns vermählen.«
Sperber verschluckte sich beinahe.
»Sie ist Priesterin, Sperber!«
»Na ja … im Grund genommen schon.« Plötzlich fing Sperber zu lachen an. »Was findet Ihr daran so komisch?« fragte Vanion verärgert.
»Könnt Ihr Euch Ortzels Gesicht vorstellen, wenn er erfährt, daß ein Hochmeister der vier Orden von einer delphaeischen Priesterin mit einem Mitglied der Tausend von Styrikum getraut wurde?«
»Es verstößt tatsächlich gegen ein paar von den alten Spielregeln, nicht wahr?«
»Ein paar? Vanion, ich bezweifle, daß man irgendeine einzelne Handlung finden könnte, die gegen mehr Regeln verstößt!«
»Seid Ihr auch dagegen?«
»Ich doch nicht, alter Freund! Wenn Ihr und Sephrenia es wünscht, unterstütze ich euch bis zur höchsten Instanz.«
»Würdet Ihr denn auch mein Trauzeuge sein?«
Sperber klopfte ihm auf die Schulter. »Es ist mir eine Ehre, mein Freund.«
»Gut, dann bleibt ja alles in der Familie. Sephrenia hat bereits mit Eurer Gemahlin darüber gesprochen. Ehlana wird ihre Trauzeugin sein.« Sperber lachte. »Das habe ich mir doch fast gedacht.«
Sie ritten durch Sarna, dann nordwärts auf einem schneebedeckten Bergpfad nach Dirgis in Südatan. Hinter Dirgis bogen sie wieder nach Westen ab und ritten tiefer in die Berge.
»Wir hinterlassen einen breiten Pfad, Sperber!« gab Bevier eines schneereichen Spätnachmitttags zu bedenken. »Und dieser Pfad führt geradenwegs nach Delphaeus.«
Sperber drehte sich um und schaute zurück. »Du hast recht. Ich sollte vielleicht mit Aphrael reden. Die Lage hat sich zwar ein wenig verändert, aber ich glaube nicht, daß die Delphae so ganz bereit für Reisende sind, die mal kurz vorbeischauen.« Er wendete Faran und lenkte ihn zu den Damen zurück. Wie üblich ritt Aphrael mit Sephrenia. »Ein Vorschlag, Göttin«, sagte er zögernd. »Du hörst dich ja genauso an wie Tynian!«
Sperber ging nicht darauf ein. »Wie gut kannst du das Wetter beeinflussen?« fragte er.
»Möchtest du lieber Sommer?«
»Nein, einen kleineren Schneesturm. Wir hinterlassen Spuren im Schnee, die geradenwegs nach Delphaeus weisen.« »Was macht das schon?«
»Die Delphae legen vielleicht keinen Wert auf unangemeldete Besucher.«
»Es wird keine geben – weder angemeldet noch unangemeldet. Du hast doch versprochen, ihr Tal zu versiegeln, oder nicht?«
»O Gott!« entfuhr es ihm. »Das hatte ich ganz vergessen. Das dürfte zum Problem werden. Ich habe Bhelliom nicht mehr!«
»Dann sieh zu, daß du dich mit ihm in Verbindung setzt! Ein Versprechen ist ein Versprechen. Xanetia hat ihren Teil der Abmachung erfüllt; deshalb bist du moralisch verpflichtet, den deinen zu erfüllen!«
Sperber nickte nachdenklich. Dann entfernte er sich von den anderen und ritt in ein dichtes Wäldchen junger Kiefern. Dort saß er ab. »Blaurose!« rief er, ohne ernsthaft mit einer Antwort zu rechnen. »Blaurose!«
Ich höre dich, Anakha, vernahm er sofort Bhellioms Stimme im Kopf. Ich hatte schon gedacht, du wärst auf irgendeine Weise unzufrieden mit mir.
Keineswegs, Blaurose. Du hast alles getan, um das ich dich bat und was notwendig war, ja, mehr noch. Unsere Feinde sind geschlagen, und ich bin zufrieden. Ich habe allerdings den Delphae mein Ehrenwort gegeben, als Gegenleistung für ihre Hilfe ihr Tal zu versiegeln, auf daß niemals mehr jemand ihren Frieden stört.
Ich erinnere mich daran, Anakha. Du hast wohl getan, dieses Versprechen zu geben. Doch bald wird es nicht mehr nötig sein.
Ich begreife den Sinn deiner Worte nicht.
Geh in dich, mein Sohn, und du wirst verstehen. Nach einer längeren Pause
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