Tamuli 3 - Das Verborgene Land
Berit Sperber so ähnlich sieht, daß die beiden einander als Rasierspiegel benutzen können.«
»Solange wir beide genau wissen, was der andere tut, ist es nicht zu schwierig, Sperber«, versicherte Sephrenia ihm später, als er und Berit sich ihr, Vanion und der Anarae in dem Gemach anschlossen, das Sephrenia mit Vanion teilte. »Wird es wirklich funktionieren?« fragte er sie zweifelnd.
»Für eine Generalprobe war noch keine Zeit, Sperber«, erwiderte Vanion, »deshalb können wir natürlich nicht völlig sicher sein.«
»Das hört sich aber gar nicht vielversprechend an. Mein Gesicht ist zwar nichts Besonderes, aber es ist mein einziges.«
»Es besteht keine Gefahr für Euch oder den jungen Ritter Berit, Anakha«, beruhigte Xanetia ihn. »In früheren Zeiten war es häufig erforderlich, daß unsere Leute unser Tal verlassen und sich in anderen Gegenden als Einheimische ausgeben mußten. Auf diese Weise haben wir versucht, unsere wahre Identität zu verbergen.« »Es funktioniert in etwa so, Sperber«, erklärte Sephrenia. »Xanetia wirkt einen delphaeischen Zauber, der normalerweise Eure Züge auf ihr Gesicht prägen würde. Aber genau in dem Moment, wenn sie ihren Zauber freigibt, gebe ich einen styrischen frei, der den ihren ablenkt und ihn statt auf sie selbst auf Berit überträgt.« »Wird denn nicht jeder Styriker in Matherion fühlen, wenn Ihr Euren Zauber wirkt?« fragte Sperber.
»Das ist ja das Schöne daran, Sperber«, rief Aphrael. »Der eigentliche Zauber kommt von Xanetia – und andere können delphaeische Zauber weder hören noch fühlen. Selbst wenn Cyrgon höchstpersönlich sich im angrenzenden Zimmer aufhielte, könnte er ihn nicht hören!«
»Du bist sicher, es funktioniert?«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, das festzustellen.«
Natürlich spürte Sperber nicht das geringste; er war schließlich nur das Modell. Doch es brachte ihn leicht aus der Fassung, als er beobachtete, wie Berit sich allmählich veränderte.
Nach Beendigung des kombinierten Zaubers begutachtete Sperber seinen jungen Freund sorgfältig. »Sehe ich von der Seite tatsächlich so aus?« fragte er Vanion ein wenig betroffen.
»Ich kann euch zwei nicht auseinanderhalten.«
»Die Nase ist ganz schön krumm, nicht wahr?«
»Wir dachten, das wüßtet Ihr.«
»So habe ich mich noch nie von der Seite angesehen.« Sperber blickte prüfend in Berits Augen. »Vielleicht solltest du hin und wieder ein bißchen blinzeln«, schlug er vor. »Meine Augen sind nicht mehr so gut, wie sie mal waren. Aber damit muß man halt rechnen, wenn man älter wird.«
Berit nickte. »Ich werde mich bemühen, daran zu denken.« Sogar seine Stimme klang anders.
»Höre ich mich wirklich so an?« Sperber war sichtlich bestürzt.
Vanion nickte.
Sperber schüttelte den Kopf. »Jetzt, da ich weiß, wie andere mich sehen und hören, habe ich keine allzu hohe Meinung mehr von mir«, gestand er. Wieder blickte er Berit an. »Ich habe nichts gespürt. Und du?«
Berit nickte und schluckte.
»Wie war es?«
»Ich möchte lieber nicht darüber reden.« Berit betastete mit offenbar widerstrebenden Fingerspitzen sein neues Gesicht und zuckte dabei zusammen. »Ich kann sie immer noch nicht unterscheiden!« Staunend starrte Kalten erst Berit, dann Sperber an.
»Das ist ja auch der Zweck der Übung«, erinnerte Sperber ihn.
»Welcher von euch beiden bist du?«
»Versuch bitte, ernst zu sein!« rügte Sperber.
»Jetzt, da wir wissen, wie es gemacht wird, können wir noch einige andere Veränderungen vornehmen«, erklärte Sephrenia. »Wir werden euch allen andere Gesichter geben, damit ihr euch frei bewegen könnt – und wir werden Männer mit euren Gesichtern hier in der Burg postieren. Wir müssen damit rechnen, daß wir alle beobachtet werden, sogar jetzt noch, nach dem Erntedankfest. Aber unser Zauber sollte dieses Problem beheben.«
»Genauere Pläne können wir später noch ausarbeiten«, meinte Vanion. »Sehen wir erst mal zu, daß Berit und Khalad sich auf den Weg machen. Was ist die übliche Route, wenn man von hier nach Beresa reisen will?« Er entrollte seine Karte und breitete sie auf dem Tisch aus.
»Die meisten fahren mit dem Schiff«, antwortete Oscagne. »Wer das nicht will, überquert für gewöhnlich die Halbinsel bis Micae und nimmt von dort ein Schiff über die Bucht zum Festland.«
Vanion studierte stirnrunzelnd die Karte. »Offenbar gibt es dort keine Straßen!« »Es ist ein verhältnismäßig menschenleeres Gebiet, Hochmeister
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