Tamuli 3 - Das Verborgene Land
Dunkelheit und ihre Nasen sich dem Gestank anpassen konnten. Die Gassen von Beresa waren schmutziger als die in jeder anderen Stadt.
»Ich hörte, wie einer von ihnen Ogerajin erwähnte«, antwortete Stragen. »Damit war eigentlich zu rechnen. Ogerajin und Zalasta sind ja offenbar alte Freunde.« »Ich dachte, Ogerajins Hirn wäre bereits im Zustand der Verwesung«, wandte Talen ein.
»Vielleicht hat er noch seine lichten Momente. Aber im Grunde spielt es gar keine Rolle, wer Valash und seine Freunde geschickt hat. Solange sie hier sind, erstatten sie Krager Bericht. Wenn ich es recht verstanden habe, sollen sie hier den Schaden abschätzen, den wir ihnen beim Erntedankfest zugefügt haben, und melden, was sie so nebenbei erfahren können. Sie haben Geld, aber sie wollen nicht gern viel davon ausgeben. Es geht ihnen hier nur um den Gewinn – und die Gelegenheit, wichtig und bedeutungsvoll zu erscheinen.«
»Kommt Krager hierher, um ihre Berichte entgegenzunehmen?« wollte Sperber wissen.
»In letzter Zeit war Krager nicht hier. Valash hält durch Boten Verbindung zu ihm. Die drei Daziter sind für diese Sache viel zu kleine Leuchten. Sie wollen soviel wie möglich von dem Geld für sich behalten, das Ogerajin ihnen gegeben hat; andererseits möchten sie auf keinen Fall etwas Wichtiges versäumen. Sie sind alles andere als Profis. Die meiste Zeit verbringen sie damit, Möglichkeiten zu finden, wie sie an Informationen kommen können, ohne dafür zu bezahlen.«
»Der große Traum jedes kleinen Gauners«, bemerkte Talen. »Womit haben sie sich denn in Verel ihren Lebensunterhalt verdient?«
»Sie verkauften Kinder an Leute, deren Neigung in diese Richtung geht«, erwiderte Stragen angewidert. »Ogerajin war einer ihrer besten Kunden.« »Die Kerle sind der schlimmste Abschaum, was?«
»Wahrscheinlich sogar noch schlimmer.« Stragen ließ den Blick in die Runde schweifen, um sicherzugehen, daß sie allein waren. »Valash möchte euch zwei kennenlernen.« Er wies zum Ende der Gasse. »Dort die Treppe geht's zu ihm hinauf. Einer seiner Hehler hat ihm einen Winkel dieses Speichers vermietet.«
Talen lächelte boshaft. »Falls diese Daziter ein bißchen zu viele falsche Informationen und an den Haaren herbeigezogene Gerüchte an Krager weitergeben, könnte er ziemlich schnell zu dem Schluß kommen, daß sie ihm nicht mehr von Nutzen sind. Meint ihr nicht auch?« »Anzunehmen.« Stragen zuckte die Schultern. »Das spornt in gewisser Hinsicht meine Kreativität an.« »Ach? Wieso?«
»Ich hab' was gegen Leute, die Kinder verkaufen. Es ist etwas Persönliches. Also, gehen wir zu diesem Valash. Ich muß wissen, ob er wirklich so einfältig ist, wie Ihr sagt.«
Sie stiegen die wacklige Außentreppe zu einer nicht gerade stabilen Tür hinauf, die vielfach zusammengeflickt war und die man, wie es aussah, bestimmt schon mehrmals eingetreten hatte. Der Speicher hinter dieser Tür war vollgestopft mit allen möglichen abgetragenen Kleidungsstücken, altersschwachen Möbeln und ramponierten Küchenutensilien. Selbst kaum noch reparaturfähige landwirtschaftliche Geräte standen, dick mit Staub bedeckt, in den Ecken. Talen rümpfte die Nase. »Offenbar gibt's Leute, die selbst den letzten Dreck stehlen.«
Eine einsame Kerze flackerte an der hinteren Wand des Speichers, und ein knochiger Elenier döste in ihrem unsteten Licht an einem Tisch. Er trug ein kurzes, grünes Brokatwams von dakonischem Schnitt, und sein schütteres lehmfarbenes Haar stand beinahe senkrecht von seinem flachen Schädel ab und ließ unwillkürlich an einen dünnen, schmutzigen Heiligenschein denken. Als die Gefährten durch den Speicherraum zu ihm gingen, rührte er sich und griff rasch nach einigen Papieren, die er auf wichtigtuerische Weise aufeinanderlegte. Kurz bevor sie ihn erreichten, blickte er mit gespielter Ungeduld auf. »Ihr habt Euch verspätet, Vymer!« rügte er ihn mit hoher, näselnder Stimme.
»Verzeiht, Meister Valash«, entschuldigte Stragen sich unterwürfig. »Fron und ich waren damit beschäftigt, Reldin, unseren jungen Kameraden hier, aus einer ziemlich angespannten Lage zu befreien. Reldin ist sehr tüchtig, übernimmt sich manchmal aber ein wenig. Doch Ihr wolltet ja meine Mitarbeiter kennenlernen.« Er legte eine Hand auf Sperbers Schulter. »Das ist Fron. Er ist ein Schläger; deshalb überlassen wir ihm alle Probleme, die sich mit ein paar schnellen Hieben oder einem Tritt in die Magengegend aus der Welt schaffen lassen.
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