Tamuli 3 - Das Verborgene Land
bedachte Talen mit einem beinahe flehenden Blick, als er das Geld zaudernd über den Tisch schob. Talen machte keine Anstalten, danach zu greifen.
Nach einem beinahe wimmernden Laut legte Valash noch ein paar Münzen hinzu. »So ist es ein bißchen besser«, murmelte Talen und steckte das Geld ein. »Dann ist Scarpa umgezogen?« fragte Stragen.
»Natürlich nicht!« erwiderte Valash. »Ihr habt doch nicht gedacht, daß er seine ganze Armee in Natayos hat, oder?«
»So hatte ich es gehört. Dann hat er also noch andere Stützpunkte?«
»Natürlich! Nur ein Narr sammelt seine gesamten Streitkräfte an einem Ort – und Ihr dürft mir glauben, Scarpa ist alles andere als ein Narr. Er rekrutiert bereits seit Jahren Männer aus den elenischen Königreichen von Westtamul. Er schickte sie alle nach Lydros und von dort nach Panem-Dea zur Ausbildung. Später kommen sie entweder nach Synaqua oder Norenja. Nur seine Elitetruppen liegen in Natayos. Seine Streitkräfte sind mindestens um ein Fünffaches größer, als die meisten Leute ahnen. In den Urwäldern wimmelt es nur so von seinen Männern.«
Sperber verbarg sein Lächeln. Valashs Geltungsbedürfnis schien so riesig zu sein, daß er Dinge verriet, über die er nicht hätte reden dürfen.
»Ich wußte wirklich nicht, daß Scarpas Armee so groß ist«, gab Stragen zu. »Aber jetzt fühle ich mich besser. Es wäre schön, zur Abwechslung mal auf der Seite des Siegers zu sein.«
»Ja, das wär' an der Zeit«, warf Sperber brummig ein. »Ich werd' es leid, aus jeder Stadt vertrieben zu werden, bevor ich auch nur dazu komm', meinen Seesack auszupacken.« Er blickte Valash an. »Da wir gerade dieses Thema angeschnitten haben – was meint Ihr? Könnten wir damit rechnen, daß Scarpas Männer uns draußen im Busch aufnehmen, falls sich irgendwelche Schwierigkeiten ergeben und wir die Beine in die Hand nehmen müssen?« »Was sollte denn schiefgehen?«
»Habt Ihr Euch je einen Ataner näher angesehen, Valash? Sie sind so groß wie Bäume und haben Nacken wie Stiere. Und sie sind nicht gerade freundlich. Deshalb würde ich gern ein ruhiges Plätzchen haben, falls ich mich unerwartet in Sicherheit bringen muß.«
Valashs Miene wurde argwöhnisch, als wäre ihm plötzlich bewußt geworden, daß er bereits zu viel gesagt hatte.
»Ah, ich glaube, wir haben alles gehört, was wir wissen müssen, Fron«, warf Stragen beruhigend ein. »Es gibt also sichere Plätze, falls wir welche brauchen sollten. Gewiß weiß Meister Valash viele Dinge, über die er nicht reden sollte.«
Valash nahm eine noch wichtigtuerische Haltung an und blickte verschwörerisch drein. »Ihr begreift die Situation vollkommen, Vymer. Es wäre nicht angebracht, daß ich über Dinge rede, die Freiherr Scarpa mir unter dem Siegel der Vertraulichkeit mitgeteilt hat.« Wieder griff er geschäftig nach seinen Papieren.
»Wir werden Euch nicht mehr von wichtigen Dingen abhalten, Meister Valash«, versicherte Stragen ihm in entschuldigendem Tonfall und machte einige Schritte rückwärts. »Wir werden uns noch ein wenig in der Stadt umsehen und Euch Bescheid geben, falls wir auf etwas Interessantes stoßen sollten.«
»Ich wäre Euch sehr dankbar, Vymer.« Während seine Besucher gingen, blätterte Valash noch immer in seinen obskuren Papieren.
»So ein eingebildeter Esel«, murmelte Talen, als sie die baufällige Treppe zur Gasse hinunterstiegen.
»Woher weißt du so viel über Wandteppiche?« fragte ihn Sperber. »Ich weiß überhaupt nichts darüber.«
»Du hast aber so geredet, als verstündest du eine Menge davon.«
»Ich rede über viele Dinge, von denen ich nicht das geringste verstehe. Das füllt Gesprächspausen, wenn man versucht, jemandem was anzudrehen, das vollkommen wertlos ist. Als ich das Wort ›Wandteppich‹ erwähnte, erkannte ich an Valashs Augen, daß er nicht mehr davon versteht als ich. Er war zu sehr damit beschäftigt, uns vorzuspielen, was für eine wichtige Persönlichkeit er ist, als daß er auf irgendwas anderes geachtet hätte. An ihm ließe sich ein Vermögen verdienen. Ich könnte ihm blaue Butter verkaufen.« Sperber blickte ihn verdutzt an.
»Das ist eine Redewendung in Betrügerkreisen«, erklärte Stragen. »Die Bedeutung ist ziemlich anrüchig.«
»Das glaube ich gern!«
»Soll ich's dir erklären?«
»Nicht unbedingt.«
»Ist das Familientradition oder eine Ausdrucksweise der Ehrerbietung deinem Vater gegenüber?« fragte Berit Khalad, als die beiden in Kettenrüstung
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