Tango der Leidenschaft
darauf bestehen, dass sie bei ihm schlief. Immerhin hatte er vor dem Opernbesuch damit gedroht. Aber nach dem unerwarteten Zusammentreffen mit Ana war er ungewöhnlich still und schweigsam gewesen. Kaum, dass er ihr Gute Nacht wünschte. Und sie wusste auch, warum. Anas Anblick hatte ihn an all das erinnert, was er in seiner Ehe vermisste.
An Leidenschaft und Liebe.
Egal wie zynisch er sich auch geben mochte, eine Ehe wie die ihre konnte er sich nicht wünschen.
Und sie erinnerte sich noch sehr gut an die Fotos der beiden, auf denen jeder ihre leidenschaftliche Liebe hatte sehen können. Isobel drehte sich auf die Seite und starrte blicklos ins Dunkel. Sie wollte sich nicht eingestehen, wie sehr ihr diese Gedanken wehtaten.
Als sie am nächsten Morgen beim Frühstück erschien, hatte sie tiefe Schatten unter den Augen. Um Rafael nicht zu begegnen, war sie bewusst etwas später hinuntergegangen. Aber ihr Plan funktionierte nicht. Als sie eintrat, saß Rafael noch am Tisch und trank gerade seinen Kaffee aus. Er blickte auf und musterte sie.
„Du siehst furchtbar aus.“
„Danke“, murmelte sie und setzte sich.
Rafael räusperte sich. „Es tut mir leid, dass du gestern Abend Anas spitzer Zunge ausgesetzt warst.“
„Ach, das?“ Isobel tat, als wäre Ana ihr herzlich gleichgültig und goss sich Kaffee ein. „Daran habe ich schon gar nicht mehr gedacht.“
„Gut“, sagte Rafael. Seine Stimme klang gepresst. „So etwas wird nicht wieder vorkommen, das verspreche ich dir.“
Isobel warf ihm einen kurzen Blick zu. „Immerhin wart ihr einmal verlobt. Da wäre es doch viel seltsamer, wenn sie nichts gesagt hätte.“
Rafael wurde sehr still. Dann fragte er: „Was hat sie denn genau gesagt?“
Isobel verwünschte sich im Stillen. Warum hatte sie nicht den Mund gehalten? „Isobel“, drängte Rafael, „ich gehe nicht eher, bis du mir alles erzählt hast. Und sag jetzt ja nicht, ihr hättet übers Wetter gesprochen. Dazu kenne ich Ana zu gut.“
Er schien wirklich immer noch etwas für diese Frau zu empfinden. Oder warum wollte er sonst alles so genau wissen?
„Nun gut“, platzte sie heraus. „Sie wollte mir nur klarmachen, dass sie heute deine Frau wäre, wenn du damals nicht alles verloren hättest. Was meint sie eigentlich damit?“
Rafael wurde blass vor Wut. „Meine liebe Exverlobte spielte darauf an, dass unsere Verbindung verhängnisvolle Auswirkungen hatte. Mein Vater starb, kurz nachdem wir unsere Verlobung bekannt gegeben hatten. Er hinterließ die Firma in ziemlich schlechtem Zustand. Als dann auch noch das Gerücht die Runde machte, ich wollte den uralten Ehevertrag zwischen unseren Familien missachten und mit Ana durchbrennen, da ließen die Investoren und Banker mich fallen. Sie waren überzeugt, dass ich die Firma nicht wieder auf die Beine bringen könnte, so wie mein Vater es immer wieder geschafft hatte.“
„Durchbrennen?“, wiederholte Isobel leise.
„Ana hielt das für romantisch“, erwiderte Rafael. „Sie dachte, sie bekäme mich so am schnellsten dazu, sie zu heiraten. Aber noch bevor es so weit war, brachen auch schon über Nacht meine Finanzen zusammen.“
„Und was war mit deinem Bruder?“
„Mein Bruder musste sich damals in Griechenland um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Also musste ich alles allein wieder in Ordnung bringen. Und das tat ich dann auch, bevor wir noch Gefahr liefen, auch unser Heim und die estancia zu verlieren.“ Er verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln. „Wie auch immer, Ana jedenfalls hatte kein großes Vertrauen in meine Fähigkeiten. Sie verließ mich. Ein paar Monate später heiratete sie einen Schweizer Industriellen, der ihr den Lebensstil sicherte, den sie inzwischen gewohnt war.“
„Ich hatte ja keine Ahnung …“, flüsterte Isobel tonlos.
„Wie solltest du auch?“ Er zuckte gleichgültig die Schultern. „Für die Presse war die ganze Geschichte ein gefundenes Fressen. Aber als ich anfing, wieder Geld zu machen, war alles vergessen, und ich wurde von der guten Gesellschaft erneut in Ehren aufgenommen.“
Er stand auf und beugte sich über sie. Einen Augenblick befürchtete sie, er könnte sie vielleicht wieder küssen. Aber er sagte nur: „Es langweilt mich, von der Vergangenheit und von meiner Exverlobten zu sprechen. Du bist jetzt meine Ehefrau, Isobel. Und ich habe genug vom Warten. Heute Nacht schläfst du bei mir. Aber zuvor müssen wir noch zu einem gemeinsamen Essen mit einem Geschäftsfreund. Sei
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