Tango der Liebe
helfe, wenn du mich je wieder so einer Situation aussetzt, schließe ich dich ein und werfe den Schlüssel weg.“ Er senkte den Mund auf ihren und schob stürmisch die Zunge zwischen ihre Lippen.
Sie wusste, dass sie sich wehren sollte, aber durch die Missstimmung der letzten Tage war ihre Widerstandskraft beträchtlich geschwächt.
Emily schlang ihm die Arme um den Nacken, spürte seinen starken Körper erschauern und erkannte, dass er sich ernsthaft um sie sorgte. Es vermittelte ihr ein prickelndes Gefühl und – was sie nur ungern zugab – Hoffnung für die Zukunft. Sie strich ihm durch das dichte schwarze Haar, drückte ihn an sich und erwiderte seinen Kuss mit einem Verlangen, das seinem in nichts nachstand.
Und später im Bett nahmen sie sich viel Zeit, um die Nächte der Enthaltsamkeit wiedergutzumachen.
Am nächsten Morgen, als Emily in die Küche spazierte, wartete Miguel bereits auf sie.
„Guten Morgen.“ Sie setzte sich ihm gegenüber an den Frühstückstisch und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. „Ich hätte mir denken können, dass Antonio Sie informiert.“
„Das war nicht nötig. Mein Mitarbeiter hat mich angerufen, sobald Sie in die U-Bahn gestiegen sind. Übrigens war es kein Geschick, sondern reines Glück, dass Sie ihn abhängen konnten. Und ein verdammt großes Glück, dass Sie nicht überfallen oder vergewaltigt wurden.“
„Sie haben gekidnappt vergessen“, warf sie mit einem ironischen Grinsen ein.
„Sie halten die ganze Sache wohl für sehr witzig, wie?“, entgegnete er verärgert.
Emily wurde sofort wieder ernst. Vermutlich wusste er gar nicht, dass ihr Ehemann sie nach New York entführt hatte. „Es tut mir leid.“
„Das sollte es auch. Was zum Teufel wollen Sie Antonio antun? Ich dachte zuerst, Sie wären das Beste, was ihm je passiert ist. Aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. In all den Jahren, die ich ihn kenne, habe ich ihn noch nie so außer sich erlebt. Ein reicher, mächtiger Mann wie er hat viele Feinde, und Sie sollten sich der Gefahr bewusst sein. Durch Ihr Verschwinden hatte er fast einen Herzinfarkt.“
Mit großen Augen sah sie ihn an.
„Er ist von Natur aus sehr verschlossen – ein Einzelgänger und dazu ein Workaholic. Aber gestern hat er alles stehen und liegen gelassen, um die Polizei, Gott und die Welt und sogar die Presse aufzurufen, nach Ihnen zu suchen. Der Mann betet den Boden unter Ihren Füßen an, und Sie vergelten es ihm mit kindischen Spielchen. Aber damit ist jetzt Schluss. Eine Topagentin wird jeden Moment eintreffen, und ich verlange Ihr Wort darauf, dass Sie ihr nicht zu entwischen versuchen. Verstanden? Die einzige Alternative ist, dass ich Sie zusätzlich beschatte.“
Die Gardinenpredigt machte sie betroffen, und dass Antonio sie vermeintlich anbetete, verschlug ihr die Sprache. Daher nickte sie nur stumm.
Kurz darauf traf Mercedes ein. Schon bald stellte sich heraus, dass sie einen ausgeprägten Sinn für Humor besaß und kaum älter war als Emily, aber viel Lebenserfahrung auf den Straßen von New York hatte.
Die beiden waren sich auf Anhieb sympathisch und von diesem Tag an unzertrennlich. Gemeinsam streiften sie durch die Stadt, besuchten Museen, Kunstgalerien und die vornehmsten Geschäfte. Trotzdem konnte Emily nicht unbedingt sagen, dass sie den Aufenthalt in New York wirklich genoss.
Zwei Wochen später, an einem Freitagabend, musterte Emily sich zufrieden im Spiegel. Ihr Haar war zu einer eleganten Hochfrisur verschlungen. Sie trug ein figurbetontes trägerloses schwarzes Kleid, das zu Antonios Favoriten zählte. Dazu legte sie – auf seinen ausdrücklichen Wunsch und zum allerersten Mal – die Diamantkette an, die er ihr in den Flitterwochen geschenkt hatte.
Ihre Beziehung entwickelte sich allmählich weiter. Emily widersetzte sich ihm nicht länger, sondern akzeptierte seine Auffassung von der Ehe. Es schien zu funktionieren. Der Sex war großartig, und wenn sie sich auch manchmal nach der erträumten Liebe sehnte, so tröstete sie sich damit, dass man im Leben nun einmal nicht alles haben konnte.
Die Zeit vertrieb sie sich hauptsächlich mit der Arbeit am Computer oder mit Streifzügen durch die Stadt mit Mercedes. Denn von Antonio sah sie nicht viel, abgesehen von vereinzelten gesellschaftlichen Veranstaltungen, die sie seiner Aussage nach gemeinsam besuchen mussten.
Er arbeitete tatsächlich rund um die Uhr. Bereits um sechs Uhr morgens ging er ins Büro, und selten kehrte er vor acht Uhr
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