Tango der Liebe
wieder ein Apartment an“, entgegnete Emily, um das Thema zu wechseln, weil Antonio ihr seit der ersten Begegnung zu häufig im Kopf herumspukte. Sie weigerte sich, seine Anrufe entgegenzunehmen, denn allein der Klang seiner tiefen Stimme trieb ihre Temperatur wie ihren Pulsschlag in die Höhe.
„Vergiss doch die blöde Idee, dir ein Apartment zu kaufen! Das hier ist dein Elternhaus. Es ist seit Generationen im Familienbesitz, und es ist groß genug für uns alle und dazu ein halbes Dutzend Personen mehr.“
Helen ließ den Blick durch den riesigen Frühstücksraum schweifen. Das im viktorianischen Stil erbaute Zehnzimmerhaus lag im Herzen von Kensington, einem ausgesprochenen Nobelviertel von London.
„Ich würde es hassen, wenn du weggingst, und du würdest es hassen, allein zu leben“, fuhr sie fort. „Gib es zu! Und dabei kannst du auch gleich zugeben, dass du total verrückt nach dem Mann bist. Ich habe gesehen, wie du jedes Mal rot wirst, wenn sein Name fällt. Mich kannst du nicht an der Nase herumführen.“
Emily stöhnte. „Das Problem ist, dass du mich viel zu gut kennst.“ Sie stand auf und lächelte. „Ich gehe mir trotzdem das Apartment ansehen. Schließlich brauche ich eine sturmfreie Bude, wenn ich eine ‚wilde Affäre‘ eingehen soll. Ganz bestimmt gefällt es dir nicht, wenn ich einen Liebhaber ins Haus bringe und dein Kind mehr sieht oder hört, als es sollte.“
„Du tust es also? Du gehst mit ihm aus?“
„Falls er noch mal anruft und mich einlädt, akzeptierte ich vielleicht. Zufrieden?“
„Was willst du akzeptieren?“, wollte Tom wissen, der mit seiner Tochter auf dem Arm eintrat.
„Emily will mit Antonio Diaz ausgehen“, erklärte Helen.
„Ist das denn klug, Schwesterherz?“, wandte er ernst ein. „Immerhin ist er wesentlich älter als du. Versteh mich nicht falsch – er ist ein toller Kerl mit bemerkenswertem Fachwissen. Sein Input hat ‚Fairfax Engineering‘ außerordentlich geholfen. Aber er ist der Typ Mann, der bei anderen Männern den Drang auslöst, ihre Frauen und Töchter wegzuschließen. Er lebt eindeutig auf der Überholspur und hat einen gewaltigen Verschleiß an Frauen.“
„Ich kann es nicht fassen!“, rief Emily. „Ihr beide solltet echt mal daran arbeiten, eure Meinungen und Ratschläge zu koordinieren.“ Und damit ging sie grinsend hinaus.
Schicksal, Kismet, oder was immer es sein mochte – kaum betrat sie das Foyer, klingelte das Telefon, und sie nahm den Anruf entgegen.
„Es ist verdammt schwer, Sie zu erreichen“, eröffnete Antonio. „Aber mir gefällt die Herausforderung. Gehen Sie heute Abend mit mir essen?“
Und so tat sie, was sie seit Tagen tun wollte und Helen versprochen hatte: Sie sagte Ja.
Nach dem Telefonat besichtige sie das Apartment und entschied sich dagegen. Den restlichen Vormittag arbeitete sie im Museum, und den Nachmittag verbrachte sie mit der Suche nach einem neuen Kleid für ihr Date.
„Sie sehen sehr hübsch aus, Emily.“
„Vielen Dank“, murmelte sie höflich, aber auch ein wenig angespannt. In der Verkleidung als Racheengel war Antonio ihr schon gefährlich erschienen, doch nun, in perfekt geschnittenem hellgrauen Anzug mit weißem Hemd und Seidenkrawatte, sah er schlichtweg überwältigend aus. „Sie sind früh dran“, fügte sie ein wenig vorwurfsvoll hinzu.
Er ignorierte den Einwand, blieb dicht vor ihr stehen und musterte sie von Kopf bis Fuß. Dann begegnete er ihrem Blick, und der Ausdruck in seinen funkelnden dunklen Augen verschlug ihr den Atem.
Zum zweiten Mal in dieser Woche konnte er seine spontane Erregung bei der Begegnung mit dieser Frau nicht unterdrücken. Bisher kannte er sie nur von einem wenig schmeichelhaften Foto in unförmiger Kleidung und mit wallenden Haaren in verführerischem hautengen Latex.
Nun war sie der Inbegriff anmutiger Eleganz.
Sie trug das Haar zu einem kunstvollen Knoten am Hinterkopf verschlungen. Dezentes, aber perfekt aufgelegtes Make-up betonte wirkungsvoll die großen, leuchtend blauen Augen und verlieh den vollen Lippen einen rosigen Glanz. Das Kleid stammte aus der Hand eines Designers, Antonio hatte im Laufe der Jahre genügend Kleider gekauft, um sich auszukennen. Es war eisblau – passend zu ihren Augen – und ihr wie auf den Leib geschnitten. Das Mieder, gehalten von schmalen Trägern, umschmiegte die festen Brüste. Der Rock unterstrich die schmale Taille und den reizvoll gerundeten Po, und der leicht ausgestellte Saum umspielte die Knie.
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