Tango mit dem Tod
seinen Armen. Sie wollte nicht allein sein, sie wollte bei ihm sein. Sie wollte die Gefühle auskosten, die er in ihr weckte. Ohne etwas zu sagen, hob sie die Hände, griff mit ihren Fingern in sein Haar und zog seinen Kopf zu sich hinab. Ihre Lippen trafen sich. Ihr Kuss war nicht sanft, sondern fordernd, fast aggressiv.
„Also, keine Einwände?" fragte er ganz ruhig.
„Und wenn es so wäre?"
„Das ist ja wohl nur eine hypothetische Frage. Also ... keine Einwände."
Einwände. Was für Einwände?
Irgendwie brachte sie es fertig, in ihre Antwort einen Ton von Festigkeit zu legen. „Ich werde kein Wort mehr sagen."
„Schade, ich mag es, wenn Frauen nicht stumm sind im Bett", murmelte er.
Das Nächste, was sie fühlte, war, dass er sie mit dem Rücken auf die Matratze warf und dann über ihr war. In der Dunkelheit war nichts mehr wichtig. Außer ihm.
Lance Morton saß in seinem Wagen. Es war ihm zunächst gar nicht aufgefallen, dass er offenbar instinktiv Kellys Haus ansteuerte. Er trank sonst nicht so viel. Und er nahm auch keine Pillen oder Drogen. Eigentlich ungewöhnlich für jemand in diesem Geschäft, der plötzlich zu Erfolg und Geld gekommen war.
Jetzt saß er in seinem Mietwagen und starrte zu ihrem Haus hinüber. Er war verärgert. Er war ein Rockstar, zum Teufel. Wusste sie eigentlich, wie viele Groupies er haben konnte, wenn er nur mit dem Finger schnippte? Nein. Sie hatte bestimmt nicht die geringste Ahnung.
Er wartete schon eine ganze Weile und hatte gehofft, dass sie endlich kommen würde. Er wollte sich bei ihr entschuldigen und ihr sagen, dass er über den Abend vor zwei Tagen kein Wort verloren hätte. Aber sie war nicht gekommen.
Dann war der Tanzlehrer aufgetaucht, dieser Grobian. Lance hatte sich geduckt, damit er ihn nicht entdeckte.
Dieser O'Casey war in ihr Haus gegangen. Er hatte einen Schlüssel! Er war mit dem Hund wieder herausgekommen und weggefahren. Erst danach hatte Lance seinen Wagen noch näher an das Haus herangefahren. Dann hatte er zur nächsten Dose Bier gegriffen.
Die Zeit verging. Ein Streifenwagen war aufgetaucht. Er hatte sich wieder tief in den Sitz sinken lassen, damit es so aussah, als ob der Wagen leer sei. Das Polizeifahrzeug war vorbeigefahren, und Lance hatte sich wieder aufgesetzt. Er sah auf die Uhr und fluchte.
Er drehte den Zündschlüssel herum und startete den Motor. Das Letzte, was er brauchen konnte, war, verhaftet zu werden, weil er in einem Auto Alkohol trank. Als er die Straße entlangfuhr, wurde ihm bewusst, was er gesehen hatte.
Der Hund war weg. Das Haus war leer.
Er bremste, wendete den Wagen und fuhr zurück.
16. KAPITEL
Harvey Sumter sah gar nicht gut aus. Sein Haar - was noch davon übrig war - war struppig. Er hatte irgendwann einmal eine Haarverpflanzung machen lassen, aber die war nicht gut gelungen. Als er in den Besucherraum rat, fuhr er sich mit der Hand über den Kopf. Er hatte einen Stoppelbart. Und die orange farbene Anstaltskleidung schlotterte um seinen Körper.
Sein Anwalt war ebenfalls zugegen, genau wie Detektive Olsen. Olsen war ein erfahrener Polizist und er war Hunderte Male hier gewesen. Er hatte alle Arten menschlichen Abschaums kennen gelernt, aber er hatte sich trotzdem in all den Jahren ein Herz und auch eine Seele bewahrt. Er respektierte die Arbeit der Kriminaltechniker und Wissenschaftler, aber er wusste, dass es oft letztlich doch die Erfahrung und der Instinkt eines Cops waren, die zur Aufklärung eines Verbrechens führten. Er musterte Doug O'Casey skeptisch, hatte aber Liams Erklärung, Doug sei früher selbst Cop gewesen und habe zudem eine Lizenz als privater Ermittler, akzeptiert.
Als Harvey Sumter in den Raum gebracht wurde, in dem ein nackter Tisch und vier Plastikstühle standen, hatte der Wachposten die Handschellen erst abgenommen, als Liam ihn darum gebeten hatte. Der Wachmann hatte mit den Schultern gezuckt und schließlich die Fesseln aufgeschlossen.
Harvey setzte sich hin. Er machte den Eindruck eines gebrochenen Mannes. Er schien nicht mal neugierig zu sein, wer seine Besucher waren. Er nickte nur müde, als sie ihre Namen sagten.
„Harvey, ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass Sie keine Fragen beantworten müssen, die Sie nicht beantworten wollen", begann sein Anwalt.
Harvey machte eine unbestimmte Handbewegung. „Ich kann nur immer das Gleiche sagen. Ich habe vom ersten Tag an die Wahrheit gesagt."
„Wie lautet Ihre Geschichte, Mr. Sumter", fragte Liam.
Sumter blickte in die
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