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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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das sehen kann, bisher strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen.«
    »Und wer ist der Glückliche?«
    »Martin, ein begnadeter Tänzer«, schwärmte Gabi. »Er hat mir ein paar Tangoschritte beigebracht. Diesen Slow-Quick-Quick-Rhythmus hab ich schon drauf.« Ihre Leidensmiene hellte sich zusehends auf. »Er ist wirklich nett und obendrein noch Arzt mit eigener Praxis.«
    »Quick was?«, fragte Monika so laut, dass Walde und Grabbe vom Monitor aufblickten, über den sie sich im Gespräch gebeugt hatten.
    »Wir sind leider bei der Tangowiege im Bad gestürzt.«
    »Aha, klar, Tangowiege im Bad, so was kann passieren«, flüsterte Monika lakonisch. »Vielleicht hätte ich doch mitgehen sollen, um das Schlimmste zu verhindern.«
    Gabi zuckte mit den Schultern. »Ich bin auf jeden Fall morgen Abend wieder im Tangoclub.«
     
    Gabi meinte, frische Luft würde ihr gut tun, und bot Walde an, ihn hinaus zum Seniorenheim von Frau Wohlenberg zu begleiten.
    Während sie stadtauswärts über die Römerbrücke fuhren, sagte Walde: »Zufällig kommen wir durch den Unfall auf der Baustelle der City-Passage einer Geschichte auf die Spur, die fast schon perfekt abgewickelt war.« Er blickte nach rechts über die Mosel auf die Kaiser-Wilhelm-Brücke und die mächtigen roten Felsen dahinter und richtete seinen Blick dann nach links, bevor sie den Pfeiler passierten, auf dem der Tote gefunden worden war. »Jemand hat Domski von der stadteinwärts führenden Seite der Römerbrücke geworfen. Das heißt: Entweder haben die Täter auf der anderen Seite angehalten, wofür es keinen plausiblen Grund gibt, oder sie sind zuerst stadtauswärts gefahren und dann wieder zurückgekommen.«
    »Weil bei der ersten Fahrt über die Brücke vielleicht zu viel Verkehr war und sie dann beim zweiten Versuch, bei der Rückfahrt, ungestört waren?«
    »Ist möglich«, überlegte Walde. »Ich hätte ihn ganz woanders in die Mosel befördert. Es gibt eine Menge diskretere Stellen.«
    »Ortsunkundige oder Amateure«, sagte Gabi.
    Auf den letzten Metern zur Waldresidenz überholten sie eine alte Frau, die in Trippelschritten ihren Rollator vor sich herschob.
    Das große ockerfarbene Jugendstilgebäude mit den runden, von dunkelgrünem Schmiedeeisen eingefassten Brüstungen und Balkonen hatte durch die Umwandlung in ein anspruchsvolles Seniorenheim nichts von seiner herrschaftlichen Ausstrahlung eingebüßt.
    Als sie auf den verglasten Eingangsbereich zugingen, erhob sich an einem der Tische, die nebenan vor einem ins Haus integrierten Café standen, eine dunkel gekleidete ältere Frau und winkte ihnen zu. »Wollen Sie zu mir?« Ihre Stimme klang ein wenig heiser.
    Sie reichte beiden die Hand und lud sie an ihren Tisch ein. »Mein Appartement ist noch nicht so hergerichtet, dass ich dort Besuch empfangen möchte, und bei diesem herrlichen Wetter ist es hier draußen angenehmer.« Sie trug eine dreifache Perlenkette über der schwarzen Bluse. Ihre Haltung war sehr gerade. Einen Augenblick lauschten sie dem Vogelgezwitscher.
    »Bei mir zu Hause, unten in der Stadt, hab ich zwar bei schönem Wetter den ganzen Tag Sonne gehabt, aber auch Verkehrslärm und Krach.« Ihre mageren Hände hoben sich. Am linken Ringfinger trug sie zwei Eheringe übereinander, am rechten einen dicken Brillanten. »Und wenn Vögel zu hören waren, dann nur das grässliche Gurren der Tauben.«
    Sie winkte der Bedienung und beugte sich konspirativ zu Gabi und Walde hinüber: »Ich achte hier ganz besonders darauf, dass ich nur das bestelle, was mir auch gut schmeckt. Die Hilde«, sie deutete auf die Bedienung mit dem kleinen hellen Schürzchen über dem schwarzen Rock, die auf den Tisch zukam, »die merkt sich das ganz genau. Die kennt die Lieblingskuchen von allen Residenten, die sich nicht mehr daran erinnern können. Und, Gott behüte, ich bin zwar erst 75, aber falls die Demenz auch mich mal erwischen sollte, hab ich wenigstens die Gewissheit, hier unten im Café noch meinen Lieblingskuchen zu bekommen.«
    Als die Kellnerin ihren Block zückte, bestellte Frau Wohlenberg: »Drei Kaffee und für mich das, was ich um diese Zeit immer esse.« Als die Bedienung ging, zwinkerte die alte Dame Walde zu. Der nutzte die Gelegenheit, um den Redefluss in eine andere Richtung zu lenken. »Haben Sie sich schon häuslich eingerichtet?«
    »Einrichten ist zu viel gesagt, ich konnte ja nur einen kleinen Teil meiner Möbel mitnehmen. Aber ich rücke noch hin und her. Vielmehr der Thomas macht das. Und

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