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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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ich nicht, welche Gegenleistung der Chef von Dreck und Pest erhalten hat.«
     
    Im Hof des Präsidiums setzte Meyers Wagen zurück. Gabi nutzte die Gelegenheit und stieß in die Parklücke. Meyer wartete, bis Gabi und Walde ausgestiegen waren. Während er die Scheibe an der Tür herunterdrehte, entwich eine Rauchschwade aus dem Wageninneren. »Habt ihr schon von dem Abriss gehört?«
    Walde nickte. Er spürte, wie der Ärger wieder in ihm hochstieg.
    »Wo fährst du hin?«, fragte Gabi.
    »Ich hab gesteckt bekommen, dass ein größerer Posten Kupferkabel bei einem Schrotthändler aufgetaucht sein soll.«
    »Kann ich mitkommen?« Gabi ging um die Motorhaube und stieg ein.
     
    Als Walde das vertraute Klappern von Stiermanns metallbeschlagenen Sohlen auf dem Flur näherkommen hörte, war er für einen Moment versucht, sich in ein x-beliebiges Zimmer zu flüchten. Bis zur Biegung waren es aber nur noch wenige Meter, und da sah er auch schon das joviale Lächeln, das der Polizeichef in Sekundenbruchteilen auf sein Gesicht projizieren konnte. »Das trifft sich gut, Herr Bock. Wenn Sie einen Augenblick Zeit für mich hätten?«
    Walde brachte nur ein Nicken zustande und folgte seinem Chef.
    Sie gingen durch das verwaiste Vorzimmer. Im Zimmer des Präsidenten nahm Walde vorsichtig in der weichen Sitzgruppe Platz, in die er tief einsank. Als Erstes fiel ihm ein neues großes Bild ins Auge, das hinter dem Schreibtisch des Polizeipräsidenten hing.
    »Gefällt es Ihnen?« Stiermann war dem Blick seines Besuchers gefolgt.
    Walde erkannte in den statischen Farbflächen mehrere Zahlen.
    »Interessant«, sagte er und fügte an, »und sehr rational.«
    »Jaja!« Stiermann scharrte leise mit den Stiefeln. Es wäre etwas zu viel von seinen Beamten verlangt, auch noch über Kunstverstand zu verfügen.
    »Kommen wir zum Grund, weswegen ich Sie zu mir gebeten habe.«
    Walde spürte erneut den Groll in seinem Inneren rumoren. Er war froh, dass Gabi ihn vor ein paar Minuten davor bewahrt hatte, in der ersten Rage mit dem Präsidenten zu telefonieren und womöglich etwas Unüberlegtes zu sagen. Deshalb hielt er sich nun auch zurück und überließ Stiermann die Initiative.
    »Es geht um die Baustelle der City-Passage.« Die Worte hörten sich an, als müsste Stiermann sie einzeln herauspressen.
    Dennoch konnte Walde nicht anders, als zu bemerken: »Die Baustelle interessiert mich nicht.«
    »Diesen Eindruck habe ich allerdings auch.« Stiermanns Stimme war leiser geworden, als spreche er zu sich selbst. »Ich bin sicher der Letzte, der die Bedeutung der Polizeiarbeit …«
    »Und auf die konzentriere ich mich ausschließlich.« Walde wusste, dass Stiermann nichts mehr hasste, als unterbrochen zu werden, aber er war einfach nicht in der Stimmung, sich diese öden Allgemeinplätze anhören zu wollen. Er war bei der Arbeit und nicht auf einer Parteikundgebung.
    Stiermann setzte sich gerade auf, knallte die Schuhspitzen auf den Boden, rückte den Bildband über Texas an den Tischrand, scharrte noch mal mit den Schuhen, bevor er noch leiser sagte: »Es geht um die Verhältnismäßigkeit, ich möchte die Geschichte nicht zu sehr hochkochen.«
    »Was heißt hochkochen?«, entgegnete Walde. Sein Mund war trocken, er hätte gerne was getrunken, aber der Präsident hatte ihm nichts angeboten.
    »Muss ich Ihnen erklären, welche Bedeutung dieses Großprojekt für unsere Stadt hat?«
    »Ein Mensch ist zu Tode gekommen.«
    »Ein wirklich bedauerlicher Unfall.«
    »Bei den Umständen kann man nicht …«
    »Ja, ja, der Tote wurde bedauerlicherweise an einen anderen Ort verbracht.« Stiermanns Gesichtszüge nahmen einen am Bösen in der Welt leidenden Ausdruck an.
    »Und durch den Abriss des Penthouse haben sich unsere Chancen verringert herauszufinden, was dahinter gesteckt hat.«
    »Oberstaatsanwalt Roth ist der Meinung, dass die Durchsuchung der ehemaligen Wohnung der Familie Wohlenberg nicht ganz einwandfrei war.« Wieder knallte er die Spitzen seiner Stiefeletten auf den Boden. »Schwamm drüber! Wo kein Kläger, da kein Richter.«
    Das sah dem Präsidenten ähnlich. Er hatte sich Rückendeckung von der Staatsanwaltschaft geben lassen, und Walde saß zwischen allen Stühlen.
    *
    Meyer parkte unterhalb der Bahnrampe, wo zahlreiche Pritschenwagen der Schrotthändler hintereinander vor der Lkw-Waage warteten. Weiter vorn wurde geräuschvoll abgeladen, teils mit Kränen, teils standen Männer auf den Wagen und warfen das Altmetall auf die sich in der

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